Himmelsschatten
ungefähr ein Ton pro Sekunde. »Was ist das?«
»Der Geigerzähler. Er steckt in meiner Brusttasche.«
»Ist er auch angesprungen, als wir vorher hier durchkamen?«
»Nein.«
»Also gibt es hier neuerdings radioaktive Strahlung?«
»Ja, aber der Pegel ist niedrig und ungleichmäßig. Die Menge an Radioaktivität steigt und fällt alle paar Schritte.«
Tea dachte nach. »Hitze, Überdruck, Strahlung. Nenn mich eine Pessimistin, aber es scheint, als hätte jemand eine Atombombe gezündet.«
Abrupt blieb Taj stehen und drehte sich zu ihr um. »Das glaube ich auch.«
»Besitzen die Architekten ihr eigenes Raketenabwehrsystem?«
»Das würde mich weniger überraschen als die meisten Sachen, die wir bis jetzt gesehen haben.«
Tea hielt es für sinnlos, den Weg fortzusetzen. »Ich kriege keine Antwort von der Venture .«
»Keine Reaktion von der Brahma .«
»Sollte nur eines der beiden Schiffe ernsthaft beschädigt sein, stecken wir bis zum Hals in der Scheiße.«
Taj fing laut an zu lachen, ein hartes, unfreundliches Geräusch. »Wir stecken bis zum Hals in der Scheiße, seit wir hier gelandet sind!« Seine Körperhaltung schien noch gebeugter zu sein als vorher. »Houston und Bangalore befassen sich bestimmt schon mit dem Problem.«
»Habt ihr vielleicht ein Rettungsschiff in unserer Nähe positioniert, das uns abholen könnte?«
»Lass uns keine voreiligen Schlüsse ziehen. Noch wissen wir nicht, was vorgefallen ist.«
»Genau«, pflichtete Tea ihm bei. »Aber da wir nicht weiter vorwärts können, schlage ich vor, wir kehren nach bewährter Forschertradition um und gehen wieder dahin zurück, wo wir hergekommen sind.«
Eilig durchquerten die beiden die Membran und gelangten wieder ins Innere Keanus und zum Rover Buzz . Nachdem sie ihre Anzüge geöffnet und Helme sowie Handschuhe abgenommen hatten, bestand Tea darauf, dass Taj Wasser und Proviant austeilte. »Wir brauchen es, und Gott allein weiß, wann wir wieder was zu essen bekommen.«
»Ich habe an die anderen gedacht.«
»Es gibt ohnehin nicht genug für alle, egal, was wir tun. Wir müssen hier irgendeine Art von Nahrungsquelle finden.« Erst als Tea den Satz aussprach, wurde ihr bewusst, was der Mangel an Lebensmitteln bedeutete. Der Gedanke, ihnen könnten die Vorräte ausgehen, bedrückte sie und machte ihr Angst. Es war schon schlimm genug, wenn man sich überlegte, auf welch mannigfache Art und Weise man bei einem Raumflug den Tod finden konnte – durch eine Explosion oder Druckverlust in der Kabine umzukommen, stand lediglich ganz oben auf einer langen Liste. Sie hatte nicht daran gedacht, Tod durch Verhungern hinzuzufügen.
Sie fuhr fort, Teile ihres Anzugs abzulegen, dann fing sie an, sich aus der dreckverkrusteten Unterwäsche zu schälen.
»Was machst du?«
»Ich ziehe mich aus.« Taj wusste offensichtlich nicht, warum sie das tat. »Ohne dieses Zeug kann ich besser rennen, Taj. Wir haben keine andere Möglichkeit, mit Zack Kontakt aufzunehmen, deshalb machen wir es nach alter Schule.« Sie lächelte. »Weit können sie nicht sein, höchstens zwei Klicks. Ich weiß, dass sie in Richtung des Tempels aufgebrochen sind. In zwanzig Minuten kann ich sie erreicht haben.«
»So schnell?«
»In der Schule und im College habe ich regelmäßig am 800-Meter-Lauf teilgenommen.«
»Und was soll ich tun?«
»Probier weiter, ob du Funkkontakt kriegst. Wenn wir schon davon reden, gib mir doch bitte mal das Ding.« Sie deutete auf Tajs magische Zeiss -Kamera, die gleichzeitig ein Funkgerät war. »Wir haben unsere Anzüge, und wir haben den Rover. Wir müssten imstande sein, auch ohne die Kamera mit den Schiffen und Mission Control zu reden.«
»Richtig«, gab Taj zu. »Und wozu willst du die Ka mera?«
»Ich möchte sie mitnehmen.«
Sie rechnete mit Ablehnung, aber der Vyomanaut sagte nur: »Aber bring sie mir wieder zurück.«
»Großes Ehrenwort.«
»Hast du noch mehr Vorschläge, wie ich mich beschäftigen soll, während du fort bist?« Vor Übermüdung klang Tajs Englisch holperig, aber es gelang ihm immer noch, sarkastisch zu klingen.
»Und ob! Nach allem, was passiert ist, pass gut auf, dass keiner kommt und den Rover klaut!«
2
» Destiny -7 - EVA -Managerin Mariah Nelson und ihr Team haben UNERMÜDLICH gearbeitet, um die Außenbordeinsätze auf Keanu zu unterstützen. Sie ist
zu dem Schluss gelangt, dass alle Astronauten mindestens vier Stunden vor dem Ende von Stay-2 gestorben sein müssten. Dass sie laut neuestem Bericht
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