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Himmelsschatten

Himmelsschatten

Titel: Himmelsschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cassutt , David S. Goyer
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Sinne überhaupt funktionieren.« Das stimmte nicht ganz. Sie hatte eindeutig gesehen, dass die Mem bran sich gewellt hatte. Und selbst eingehüllt in der mittlerweile reichlich schmutzigen, verschwitzten EVA -Unterkleidung hatte sie ein Kribbeln auf der Haut gespürt, wie vor einem Gewitter an einem Sommertag im Mittleren Westen.
    Während Tea sich mit ihrem sensorischen Spektrum beschäftigte, fiel ihr plötzlich noch etwas auf. Sie bedeutete Taj, er solle sich nicht bewegen. »Ich höre etwas«, verkündete sie, obwohl sie das Geräusch nicht hätte beschreiben können.
    »Wind?«, überlegte Taj laut. »Ich glaube, ich höre es auch.«
    Tea streckte die Hände aus. »Eine ganz leichte Brise. Ich kann sie kaum fühlen.« Sie sah, dass der Vyomanaut die Zeiss hochhielt und gewissenhaft Bilder aufzeichnete. »Was sagt dir dein magisches Funkgerät?«
    Taj schüttelte den Kopf und zeigte ihr die Instrumententafel an der Rückseite, die mit dem gleichen Signalanzeiger ausgestattet war wie Teas Handy. »Keine Balken.«
    »Und warum nicht?«
    »Keine Ahnung. Tiefer in Keanu war immer nur ein einziger Strich zu sehen. Wir befinden uns jetzt näher am Ausgang, also müsste die Verbindung eigentlich besser sein.«
    »Es sei denn, ein Haufen Felsbrocken versperrt uns auf einmal den Weg.« Sofort stand Tea diese Schreckensvorstellung vor Augen. »Hältst du es für möglich, dass es da draußen einen Erdrutsch gegeben hat?« Während der gesamten Reise durch die Abzweigung hatte sie sich ständig daran erinnern müssen, dass es in diesen Gängen zwar aussah wie in einer Kohlenmine von West Virginia, doch die Passage im Innern Keanus war größer und vermutlich seit Jahrtausenden offen.
    Trotzdem, allein die Vorstellung, hier drin gefangen zu sein …
    »Ich denke, jetzt brauchen wir die Anzüge.«
    Zwanzig Minuten später hatten Tea und Taj ihre Anzüge angelegt, geschlossen und getestet; danach drangen sie in die Membran ein.
    Und gelangten zur Abzweigung. »Immer noch keine Balken?«, erkundigte sich Tea.
    »Nichts.«
    Tea hatte noch nie gehofft, dass schlecht Nachrichten durch einen Aufschub besser würden, deshalb passierte sie ohne zu zögern den substanzlosen Vorhang und betete, der dahinterliegende Gang möge nicht durch Tonnen von herabgestürztem Keanu-Granit blockiert sein.
    Die Passage war frei, doch was sie vorfand, war auch nicht viel besser. »Scheiße!«
    Auf der anderen Seite gab es kein Eis mehr. Die ganze Abzweigung war angefüllt mit Nebel, erzeugt von Wasserlachen, die sich abkühlten und erneut gefroren …« Venture , Tea. Venture , Tea an Yvonne …«
    Sie lauschte, bekam jedoch keine Antwort, hörte nur das beständige Hintergrundzischen. »Ich bin offen für Vorschläge«, wandte sie sich an Taj.
    »Vulkanismus?«, mutmaßte er. »Irgendeine Form von Eruption?«
    »Könnte sein.« Sie wagte sich ein paar Schritte von der Membran fort, aber nicht zu weit. »Wir wissen, dass Keanu nicht inaktiv war, also wäre es möglich. Ich mache mir Sorgen, welche Folgen das für die Schiffe haben könnte.«
    »Jetzt kriegen wir die Quittung dafür, dass wir den Schlot ›Vesuv‹ genannt haben.«
    Gegen ihren Willen musste Tea lachen. »Und du sagst, ich würde die Erfahrungen bei Weltraumflügen verniedlichen.«
    »Ich kann meinen natürlichen Galgenhumor nicht länger unterdrücken.«
    »Um Gottes willen, tu dir in Anbetracht dieser Umstände bloß keinen Zwang an.« Während sie sich unterhielten, hatten sie sich rund zwanzig Meter von der Membran entfernt. »Aber etwas macht mich nachdenklich. Wenn diese Hitze von einer vulkanischen Aktivität da draußen im Schlot stammt … wo sind dann unsere Kamera und das Kabel geblieben?« Thea verwünschte sich, weil sie sich diese Frage nicht schon früher gestellt hatte, aber bestimmte Dinge fielen ihr erst jetzt auf. Die Utensilien waren weg, als hätte jemand sie einfach mit genommen. Nicht die geringste Spur war davon übrig ge blieben.
    »Ein pyroklastischer Ausbruch …«
    »… hätte die Sachen seitlich weggefegt, richtig. Obwohl ich glaube, dass sich im Vakuum nicht viel pyroklastischer Druck aufbaut. Nichtsdestoweniger müsste man in einem solchen Fall Stücke von einem durchgerissenen Kabel oder Trümmer der Kamera finden, die gegen die Felswand geschleudert wurde.«
    »Da ist noch etwas«, sagte Taj. »Hör dir das mal an.«
    Das dominierende Geräusch in Teas Ohrhörern war ihr eigenes, hektisches Atmen. Doch, ja, sie vernahm ein rhythmisches Ticken,

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