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Himmelsschatten

Himmelsschatten

Titel: Himmelsschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cassutt , David S. Goyer
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kennengelernt hatte. Mitzuerleben, wie sie ein ungewöhnlich breites Spektrum an Emotionen durchlief – von schierer Begeisterung bis zu hysterischer Wut –, dank irgendeines Bagatellvergehens seitens des gerade aktuellen Lovers, diente zusätzlich als Abschreckung.
    Und offen gestanden lag es nicht in Zacks Charakter, Frauen hinterherzujagen; dazu liebte er seine Familie viel zu sehr, und die schier überwältigende Verantwortung für die erste bemannte Mondlandung des einundzwanzigsten Jahrhunderts nahm ihn dermaßen in Anspruch, dass alles andere in den Hintergrund rückte.
    In diesem Moment sah Tea fürchterlich aus … triefende Nase, fleckige Haut, die Tränen liefen ihr über die Wangen. »Hey«, sagte Zack und merkte selbst, wie gezwungen er klang. »Verletzt ihr nicht die Quarantänevorschriften?« Die Destiny -5 -Crew hätte eingesperrt sein müssen, isoliert vor herumschwirrenden Krankheitskeimen.
    Anstatt eine deftige Antwort zu schnauzen – ihre übliche Erwiderung auf jede sarkastische Frage –, kämpfte Tea gegen noch mehr Tränen an. Sie kniete nieder, um Rachel zu umarmen, die ein paar Schritte hinter Zack stand, zwischen James und Diane. Zack bemerkte, dass Rachel zwar keine Miene verzog, sich allerdings abrupt versteifte. Kam das daher, dass sie es nicht mochte, von einer relativ fremden Frau in den Arm genommen zu werden?
    Oder passte es ihr nicht, dass Tea Nowinski sie umarmte? Zack hatte weder die Zeit noch die Kraft, darüber nachzudenken. Weldon und Koskinen kamen, um Tea in die Schar der Trauergäste zu geleiten, während Taj schweigend eine Hand auf Zacks Schulter legte.
    Sie hatten eine ungeheuer intensive Erfahrung miteinander geteilt – zwei Jahre Training in Houston, Russland, Japan, gefolgt von sechs Monaten in der Internationalen Raumstation. Immer freundlich zueinander, immer im stande zusammenzuarbeiten, aber sie hatten sich nie nahe gestanden. Sie sprachen nicht über private Belange, pflegten kaum sozialen Umgang … bis die Mission vorbei war. Wenn sie sich jetzt begegneten, wurde viel gelächelt, sie rissen Witze, zeigten sich gegenseitig Fotos von ihren Familien. Je mehr sich die Beziehungen zwischen ihren jeweiligen Heimatländern verschlechterten, umso besser schienen sie sich zu verstehen.
    Zack und Rachel nahmen die ihnen zugewiesenen Plätze ein.
    Die Trauergäste schwiegen während des kurzen Gebets am Grab, das Father Tony sprach, ein junger, in Irland geborener Priester, der seine Stelle in der Kirche St. Bernadette nahe beim Space Center angetreten hatte, weil er ein Raumfahrtfanatiker war. Der arme Mann hatte gewiss nicht damit gerechnet, eine Zeremonie wie diese leiten zu müssen. Was er sagte, kam von Herzen, und er fasste sich zum Glück kurz.
    Dann trat Rachel vor, die endlich ein paar Gefühle zeigte, sich die Tränen aus den Augen blinzelte und krampfhaft schluckte. »Das war das Lieblingsgedicht mei ner Mom«, verkündete sie. »Es ist von Sara Teasdale.«
    Allein beim Klang ihrer Stimme fingen ein paar der Umstehenden hörbar an zu schluchzen. Rachel faltete das Blatt mit dem Text auseinander und fing an zu lesen – mit deutlicher Aussprache und einem erwachsenen Tonfall, den Zack bis jetzt noch nie an ihr gehört hatte. Großer Gott, sie klang ja genauso wie Megan.
    Vielleicht ist der Tod ja freundlich
    Und es kann eine Rückkehr geben,
    Dann werden wir in einer duftenden Nacht
    Wieder auf der Erde sein.
    Das Meer zu suchen wandern wir
    Auf trauten Wegen,
    Bücken uns tief und atmen den Duft
    Des weißen Geißblatts ein …
    Sie unterbrach sich und senkte den Kopf; jedenfalls kam das Zack so vor, der durch seine Tränen kaum etwas erkennen konnte.
    Des Nachts gehen wir hinab zu
    Klingenden Stränden,
    Hören das ewige, sanfte Tosen der See.
    Und hier, für eine einzige Stunde
    Im hellen Glanz der Sterne,
    Erfahren wir Glück, denn die Toten sind frei …
    Megans Familie fuhr in einem anderen Wagen zum Haus der Meyers, wo sie helfen wollten, als Gastgeber für den Leichenschmaus und den Empfang zu fungieren.
    Weldon setzte sich zu Zack und Rachel in die Limousine. Zu Zacks Erleichterung – was in Gottes Namen sollten sie zueinander sagen? – vertiefte sich Rachel in ihren Tablet und Zack konnte den ersten Versuch starten, an sein früheres Leben wieder anzuknüpfen. »Danke, dass sie kommen durften«, sagte er, wobei er mit »sie« die Destiny -5 -Astronauten meinte.
    »Ich hätte sie gar nicht daran hindern können.«
    Doch, natürlich hätte das in

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