Himmelsschatten
Haupttriebwerke, sondern auch die RCS s abgeschaltet waren, dass die Venture waagerecht stand und nicht in einer Wasserlache einsank, die wieder zu Eis gefrieren würde. »Ich glaube, dass sich unter den Landetellern Fels befindet«, meinte Yvonne. »Das ist gut.«
Sie entledigten sich auch ihrer Helme und Handschuhe, obwohl zwei Personen sie wieder für die ersten Schritte auf Keanu anlegen mussten.
Zack verließ seine Position im vorderen Teil der Kapsel und drückte sich an Tea und Yvonne vorbei. In der Kabine der Venture war es beengt – während der eine Woche dauernden Mission würden sie dicht aufeinanderhocken –, aber sie ließ sich in zwei Bereiche aufteilen.
Er zog den Trennvorhang zu und schuf so etwas wie einen »Raum«. Ohne seine Handschuhe tippte er auf dem Keyboard eine persönliche Nachricht an Rachel: GELANDET – FILM WÄHREND DES FLUGS SCHAUDER HAFT HATTE ABER FENSTERPLATZ XOXO DAD.
Er drückte auf ›Senden‹. Dann schlugen die Anspannung der letzten Stunden, der vergangenen vier schlaflosen Tage, der zurückliegenden zwei Jahre wie eine jähe Woge über ihm zusammen. Er drückte das Kinn auf die Brust und fing an zu zittern; die Besorgnis, die ihn während des gesamten Anflugs begleitet hatte … das Wunder der geglückten Landung … die riskanten Herausforderungen, die vor ihm lagen … und die Tatsache, dass seine Frau niemals von alledem erfahren würde, hatten seine Nerven überstrapaziert.
Das Schlimmste an allem war, dass ihr Unfall ihm diese Chance verschafft hatte. Sie musste sterben, damit er sein Leben aufs Spiel setzen konnte.
Megan … wir haben’s geschafft .
Wenn er an die letzten beiden Jahre zurückdachte, brodelte immer wieder der Zorn in ihm hoch – er haderte mit Gott, mit dem Universum, mit wem oder was auch immer, das den Gang der Dinge lenkte. Er weinte vor Kummer, aber auch vor Wut.
»Zack, wie geht es dir?« Tea war hinter den Vorhang geschlüpft und sprach so leise, dass Patrick und Yvonne sie nicht hören konnten.
Die typisch männliche Reaktion wäre gewesen, ihre Frage mit einer unverbindlichen Antwort abzutun. Aber dazu kannten er und Tea sich viel zu gut. »Es ging mir schon besser.«
»Es war ein schwerer Weg.« Sie tätschelte Zacks Arm, dann wandte sie sich ab und ließ ihn für diesen kurzen privaten Moment, der ihm vergönnt war, allein.
Er atmete tief durch und wischte sich die Augen. Sie waren gelandet; jetzt galt es, eine völlig neue Welt zu erforschen.
Ach ja, und abzuwarten, was die Brahma ihnen bescheren würde.
Nun, es war ihm gelungen, ein bedeutendes wissenschaftliches Prinzip zu etablieren: Im Schwerkraftfeld eines NEO s fallen keine Tränen.
ZWEITER TEIL
» DAS EWIGE,
SANFTE TOSEN «
1
» Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot
essen, bis du wieder zu Erde werdest, davon du genommen bist. Denn du bist Erde und sollst zu Erde werden. «
GENESIS 3,19
Zwei Jahre zuvor
Der tropische Sturm Gregory näherte sich Houston an dem Tag, an dem Megan Stewart begraben wurde. Der heiße Regen fiel in Strömen, peitschte das aufgewühlte Wasser des Clear Lake, verhüllte das Gebäude, in dem das Hauptquartier des Johnson Space Center unterge bracht war und verwandelte die Straßen in gefährliche, glitschige Ströme aus Matsch.
Er sorgte auch dafür, dass der Trauerzug von der St.-Bernadette-Kirche zum Friedhof sich von einer würdevollen Zeremonie zu einer ungeordneten Flucht auf löste. Zack empfand eine Anwandlung von Mitleid mit den weniger betroffenen Trauergästen wie zum Beispiel den Eltern von Rachels Mitschülerinnen, die sich verpflichtet gefühlt hatten, an den Beisetzungsfeierlichkeiten teilzunehmen, deren Anteilnahme durch den heißen Regen, der ihnen direkt ins Gesicht klatschte, allerdings auf eine harte Probe gestellt wurde.
Am Grab würden immer noch genügend Leute stehen. Zack hatte keine Ahnung, wie viele Leute dem Unwetter trotzen würden, aber St. Bernadette war gerammelt voll gewesen. Nicht nur mit ortsansässigen Freunden, sondern auch mit Angestellten vom JSC und Personen, mit denen Megan im Lauf der Jahre zusammengearbeitet hatte: Redakteure, Produzenten, sogar ein paar Typen, die sie irgendwann einmal in Kurzbiografien oder Interviews vorgestellt hatte. Zack neigte nicht dazu, eine Beerdigung danach zu beurteilen, wie viele Trauergäste anwesend waren, aber … diese Heerscharen hatten sich nun mal eingefunden, um Megan das letzte Geleit zu geben.
Natürlich lag es auch daran, dass ihr Tod
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