Himmelsschatten
seiner Macht gelegen. Aber Zack freute sich über das Mitgefühl. »Wie geht es Harley?«
»Schon etwas besser.«
Selbst in seiner Trauer war Zack immer noch empfänglich für diese NASA -Ausdrucksweise, die teils Herablassung, teils Ablehnung vermittelte. »Wird er je wieder laufen können?«
»Wahrscheinlich nicht.«
Zack fühlte sich elend. Ein so dynamischer Mensch wie Harley sollte womöglich noch vierzig, fünfzig Jahre in einem Rollstuhl verbringen? Oder auf Krücken humpeln? Von anderen Menschen abhängig sein? Impotent? Vielleicht wäre es für ihn besser gewesen, er wäre bei dem Unfall gestorben.
Weldon gab sich mundfaul und beschränkte sich auf minimale Antworten. Zack wusste, dass der Chefastronaut wegen des Zeitpunkts und des Inhalts ihres Gesprächs in der Nacht von Megans Tod immer noch ein schlechtes Gewissen hatte. Nachdem Zack den grausigen Vorgang überwacht hatte, wie man den Leichnam seiner Frau für die Rückführung nach Houston herrichtete, traf er Weldon im Wartezimmer des Krankenhauses.
»Na ja«, hatte Zack gesagt, »für einen Flug zum Mond bin ich wohl nicht gerade in Hochform, oder?«
Selbstverständlich wussten beide in dem Augenblick, in dem Scott Shawler die Nachricht überbrachte, dass Zack nicht mehr zur Destiny -5 -Crew gehörte. »Mein Gott, Zack. Wenn es hier um eine Verzögerung von sechzig Tagen ginge, könnte man darüber reden. Aber du und ich wissen, dass es nicht so ist.« An dieser Stelle hatte ein Telefonanruf das Gespräch unterbrochen. Seitdem hatten Zack und Weldon miteinander keinen Kontakt mehr gehabt.
Jetzt wusste Zack, wer ihn bei der Mission ersetzen würde, obwohl von vornherein kaum ein Zweifel daran bestand. »Du hast dich also für Buell entschieden.«
»Er war dein Reservemann.«
»Tja«, meinte Zack und rang sich ein Lächeln ab, »das wird ein paar von deinen Kritikern zum Verstummen bringen.« Eine lautstarke Minderheit innerhalb der Space Blogging Community hatte sich darüber aufgeregt, dass jemand, der nicht Testpilot war, der Kommandant der ersten bemannten Mondlandung im einundzwanzigsten Jahrhundert sein sollte – wobei sie die Tatsache vergaßen, dass die Landung der Venture nicht mit dem Steuern eines Fluggeräts zu vergleichen war, nicht mal mit dem Fliegen eines Hubschraubers. Und dass die Landung überwiegend, wenn nicht gar ausschließlich, automatisch erfolgen würde.
»Du bekommst eine neue Chance, Zack. Dekes Regeln gelten immer noch.« Deke Slayton war vor fünfzig Jahren während der Gemini- und Apollo-Missionen für die Auswahl der Astronautencrews verantwortlich gewesen, und sein Stil war immer noch maßgeblich für die Art und Weise, wie das Büro gemanagt wurde. »Wenn ein Astronaut einer Mission zugeteilt wurde und dann durch höhere Gewalt an der Teilnahme gehindert wird, ist er beim nächsten Mal dabei.« Slayton hatte aus persönlichen Gründen dieses Prinzip aufgestellt – laut Plan sollte er den zweiten Orbitalflug der Mercury durchführen, den nach John Glenn, doch wegen eines gesundheitlichen Problems musste er zehn Jahre lang als aktiver Astronaut aussetzen. »Lass mich nur wissen, wenn du so weit bist.«
»Falls überhaupt.« Als Zivilangestellter der NASA brauchte sich Zack zum Glück nicht nach einem neuen Betätigungsfeld umzusehen. In der Agency gab es sechzig Astronauten, aber nur ein Dutzend waren tatsächlich für Flüge ausgewählt worden. Die Übrigen waren in administrativen oder unterstützenden Jobs tätig, oder sie arbeiteten an anderen Stellen für die Regierung. Selbst wenn Zack niemals wieder einen Simulator betrat, würde man ihn auf Trab halten. In der Tat hatte er in der Woche vor diesem tragischen Ereignis darüber nachgedacht, wie es mit seiner beruflichen Karriere nach der Mond landung aussehen sollte – er gelangte zu dem Schluss, es könne nicht schaden, sich dem Team anzuschließen, das die neuen Gesteinsproben vom Mond untersuchte, unter dem Aspekt einer künftigen Verwertbarkeit der Vorkommen.
Nach dem Unfall hielt er dies immer noch für eine gute Option, besonders seit er mit der praktischen Bewältigung des Lebens ohne Megans Unterstützung konfrontiert wurde. Jetzt war er ein alleinstehender Vater mit einer heranwachsenden Tochter. Er musste sie großziehen, dafür sorgen, dass sie ihre regelmäßigen Mahlzeiten bekam, sie im Hinblick auf Jungen, Kleidung und ihre Periode beraten.
»Das kommt dir heute so vor. In einem halben Jahr denkst du vielleicht schon ganz anders. Deine
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