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Himmelssöhne - Das Erbe der Asaru (German Edition)

Himmelssöhne - Das Erbe der Asaru (German Edition)

Titel: Himmelssöhne - Das Erbe der Asaru (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Radlbeck
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Engelszungen auf ihn ein.
    Jetzt begann Willy zu zittern und sein Gesichtsausdruck ließ Böses erahnen. Er wandte sich den beiden zu, wischte sich mit dem Ärmel seines mit Löchern übersäten Pullovers den Schaum von den Lippen und legte lautstark los: „Nichts wisst ihr! Gar nichts wisst ihr! Versteht ihr das? Gar nichts!“
    Mit feuerrotem Kopf schnaubte er, dass ihm Speichel aus dem Mund tropfte. Dann schloss er die Augen und begann jämmerlich zu weinen.
    Nach diesem spontanen Gefühlsausbruch wich Grace erschrocken zurück. Etwas Schreckliches musste passiert sein. Wie ein Gewitter fegte ein Mitleidsgefühl über sie, überzog ihren Körper mit einer Gänsehaut. Auch Joe hatte nicht mit einer derart heftigen Reaktion gerechnet. Die Bestürzung darüber stand ihm ins Gesicht geschrieben und er rang sich dazu durch, jetzt besser gar nichts zu sagen und jede weitere Konversation seiner psychologisch einfühlsamen Freundin zu überlassen.
    „Möchten Sie darüber reden?“, fragte Grace behutsam, um die Situation zu entspannen, während Willy nur zusammengekauert und schluchzend auf seinem Stuhl saß. Zu allem Überfluss kam in diesem denkbar ungünstigen Augenblick auch noch Dylan mit dem Guinness in der Hand zu ihnen an den Tisch. Nicht ahnend die prekäre Lage, gab er einen völlig unangemessenen Kommentar von sich: „Hey, Willy, was ist denn los mit dir? Du brauchst doch nicht weinen, ich hab’ dein Bier schon dabei!“
    Grace starrte ihrem Vater erbost in die Augen und forderte ihn gestikulierend auf, sich rasch wieder zu entfernen. Er merkte sofort, dass er in eine heikle Situation geplatzt war, zog den Kopf ein und machte sich aus dem Staub, ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Dabei schweifte sein Blick an Joe vorbei, der ihm mit geschlossenen Lidern und nickend zu verstehen gab, dass sie die Lage unter Kontrolle hatten. Kurz vor dem Tresen drehte sich Dylan noch mal kurz um, zuckte mit den Schultern und verschwand in der Küche.
    „Seht mich doch an!“, wimmerte Willy. „Seht mich an! Ich bin weder ein Bodybuilder, noch beherrsche ich irgendeinen Kampfsport. Ich bin auch kein eiskalter Mörder, vor dem man sich fürchten müsste! Aber von eben solchen Typen wimmelt es nur so im Knast. Was glaubt ihr denn, was die mit mir gemacht haben? Hä, was glaubt ihr? Kommt ihr drauf? Junger Mann, zierlich, Frischfleisch! Wenn ich mir erlaubt habe, mich zu wehren, wurde ich grün und blau geschlagen. Und die Wärter, diese korrupten Schweine, haben einfach weggesehen. Glaubt mir, mit Schmiergeld ist alles möglich! Da wird mit Drogen und Alkohol gehandelt wie auf einem Basar, das ist ein Sumpf, ein Fass ohne Boden. Im Knast herrschen andere Gesetze, da bist du ein Nichts! Eine Null! Einfach nur eine Nummer! Und eine kleine Nummer wie mich konnte sich jeder holen, wenn er Lust darauf hatte. Ich wurde herumgereicht wie eine Tageszeitung. So war das!“ Sein Gesichtsausdruck spiegelte das Grauen, das ihm in dieser schweren Zeit widerfuhr.
    Grace hatte mit den Tränen zu kämpfen, als sie realisierte, was dieser arme Kerl hatte durchstehen müssen.
    Sie war nur noch auf Willys Darlegung fixiert und nahm ihre Umgebung kaum noch wahr. Der Irish Folk, der sie vor wenigen Minuten noch zu rhythmischem Kopfnicken animiert hatte, perlte an ihr ab wie Regentropfen an einem frisch polierten Auto. Das Wissen um die schrecklichen Ereignisse nagte an ihrer Seele. Nun bahnte sich eine erste Träne den Weg über ihre Wange. Erst jetzt wurde ihr und Joe bewusst, weshalb das Leben dieses armen Kerls dermaßen aus dem Ruder gelaufen war. Mit glucksender Stimme reagierte sie auf Willys Äußerungen. „Ich kann kaum glauben, was Sie da erzählen, das macht mich fast sprachlos! Das höre ich wirklich zum ersten Mal. Aber diese Wärter, das sind doch Beamte, die können doch nicht einfach …“
    „Die können nicht?“, fuhr Willy fort, als er sich wieder gefasst hatte. „Die können doch! Die vermitteln so ein Milchgesicht wie mich sogar. Das sind Zuhälter! Ich möchte nicht behaupten, dass es überall so ist, aber in meinem Knast war das so.“
    „Aber dagegen muss man doch vorgehen. Haben Sie diese Leute nicht angezeigt?“, fragte Grace, holte nebenbei ein Taschentuch heraus und putzte sich die Nase.
    „Diese Bande hält zusammen wie Pech und Schwefel, keine Chance! Jeder Richter würde mich wegen Falschaussage gleich noch mal zu einer Haft verdonnern. Aber ich könnte da nie wieder reingehen, lieber schieße ich mir eine

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