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Himmelsstürmer - Capus, A: Himmelsstürmer

Himmelsstürmer - Capus, A: Himmelsstürmer

Titel: Himmelsstürmer - Capus, A: Himmelsstürmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Capus
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viele Gedanken. Die zuletzt Geborenen behielt sie gewöhnlich bei sich, die größeren überließ sie Freunden und Bekannten, die sie in jeder Garnison fand,«en dépot».
    Im Januar 1794, als das 4. Infanterieregiment mit General Bonaparte zur Eroberung Italiens auszog, blieb Regula in der Kaserne in Straßburg zurück, um sich von den Strapazen der vielen Reisen und Niederkünfte zu erholen. Ein Jahr lang war sie vom Ehemann getrennt, und ein Jahr lang wurde sie nicht schwanger. Als es dann aber von Toulon aus mit zweihundert Segeln nach Ägypten ging, war das«liebe Weyblein»wieder an der Seite ihres Mannes – und sofort wieder guter Hoffnung, wie der General richtig vermutet hatte.
    Auf der mehrwöchigen Schiffsfahrt durchs Mittelmeer traf Regula Engel mehrmals auf Deck mit Napoleon zusammen.«Er schnupfte sehr gern und liebte den Caffee besonders. Wenn er mir nun begegnete, bot er mir manchmal seine Tabatière und lud mich spaßhaft ein: ‹Will Sie auch eine Prise, meine kleine Schweizerin?› Oder wenn er, was ihm Freude machte selber zu thun, oben auf der Gallerie seinen Caffee kochte: ‹Will Sie auch ein Tässchen?›, und dann musste ich mit ihm trinken.»
    Die französische Streitmacht eroberte erst Malta, dann Alexandria und schließlich Kairo, wo Regula von zwei gesunden Knaben entbunden wurde. Da es im republikanischkirchenfeindlichen Tross keinen Pfarrer gab, nahm Napoleon persönlich die Taufe vor und fungierte auch gleich als Pate der zwei Buben; so will es die Erzählung der Engelin. Der eine wurde auf den Namen Napoleon Johann Baptist getauft, der andere auf Napoleon Heinrich.
    Kaum vom Kindbett genesen, schloss Regula sich mit ihren«ägyptischen Zwillingen», wie sie sie scherzhaft nannte, Bonapartes Syrienfeldzug an. Sie wanderte durch den Sinai nach Palästina, zu den heiligen Städten Gaza und Jaffa, vorbei am Roten Meer und zur Festung von Akkon, wo die Pest unter Napoleons Soldaten wütete. Da die Männer wie die Fliegen starben, zog Regula Engel selbst eine Uniform an und versah den Dienst eines Leutnants. Als einmal siebzehn Soldaten ihres Zuges betrunken waren, ließ sie sie entwaffnen und zwei Tage unter Arrest stellen. Die anderen Offiziere hätten ihre«militärische Haltung und vollen Schweizerwaden gar sehr gerühmt», schreibt sie, und Napoleon selbst habe es sehr bedauert,«seine kleine Schweizerin»im Orient zurücklassen zu müssen, als er ohne seine geschwächten Truppen heim nach Frankreich eilte, um mittels Staatsstreich die Macht zu übernehmen.
    Ein paar Monate später gelang auch Regula und Florian Engel die Reise übers Mittelmeer; und da sie gute Soldaten waren, hielten sie weiter treu zu ihrem General. Während Regula in Nizza zurückblieb, um ihr siebzehntes Kind zur Welt zu bringen, nahm Ehemann Florian mit den erwachsenen Söhnen am Italienfeldzug teil. In der Schlacht von Marengo starben am 14. Juni 1800 zwei Söhne und ein Schwiegersohn, worauf die älteste Tochter aus Kummer über den Verlust des Ehemanns und zweier Brüder ebenfalls verschied. Regula Engel wallfahrtete zum Schlachtfeld und beweinte ihre Söhne – und folgte Napoleon weiter viele tausend Kilometer über die Schlachtfelder Europas, meist wohl auf Fuhrwerken, manchmal zu Pferd und oft auch zu Fuß. Sie marschierte gegen Ulm und erlebte den Einzug in Wien, kämpfte mit in der Schlacht von Austerlitz und erhielt einen Säbelhieb auf den Kopf, den sie selbst kurierte. Sie wanderte nach Neapel und machte einen Abstecher nach Rom, zog wieder nordwärts gegen Preußen, dann gegen die Russen und 1808 wiederum westwärts über den Rhein bis nach Spanien, wo ihr siebzehnjähriger Sohn Conrad von Aufständischen an einen Baum gefesselt und zu Tode gefoltert wurde. Weiter ging’s nach Lissabon und anschließend wieder gen Österreich, dann zurück nach Paris an den Hof Napoleons, der sich in der Zwischenzeit zum Kaiser gekrönt und Joséphine verlassen hatte, da sie ihm keinen Thronfolger hatte schenken können. Im Oktober 1813 war Regula Engel in Leipzig bei der bis dahin größten Schlacht der Weltgeschichte dabei. Nach der Niederlage folgten Oberst Engel und seine Frau Napoleon in die Verbannung nach Elba, und als er zehn Monate später nach Paris und an die Macht zurückkehrte, waren auch die Engels wieder dabei, genauso wie weitere hundert Tage später in Waterloo. In jener letzten Schlacht trug Regula – inzwischen vierundfünfzigjährig und Mutter von einundzwanzig Kindern, von denen die meisten

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