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Himmelsstürmer - Capus, A: Himmelsstürmer

Himmelsstürmer - Capus, A: Himmelsstürmer

Titel: Himmelsstürmer - Capus, A: Himmelsstürmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Capus
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Arbeit im Garten. Schon mit zwölf Jahren soll Isabelle den Koran auf Arabisch, die Bibel auf Griechisch und die Tora auf Hebräisch gelesen haben; daneben sprach man im Haus Französisch, Deutsch und Russisch. Als sie sechzehn Jahre alt war, rauchte sie Zigaretten, trug Männerkleider und hackte Brennholz im Garten.
    Da die Familie keinerlei Anstalten machte, ihren Lebensstil den örtlichen Gepflogenheiten anzupassen, musste sie den Argwohn der Einheimischen wecken. Am 12. Dezember 1887 schrieb ein Genfer Briefmarkenhändler namens Kirchhofer dem Direktor der Police Centrale einen Brief, um darauf hinzuweisen, dass«alle Bewohner dieses Hauses mysteriöse Allüren an den Tag legen»; gleichzeitig bat er um Auskunft über die Vermögensverhältnisse der Familie, da der jüngste Sohn ihm zweitausend Francs schulde. Daraufhin nahmen die Agents de Sûreté Kohlenberger und Vallet Ermittlungen auf und fanden heraus, dass die Russenfamilie wohl einen originellen Lebensstil pflege und Trofimovski ungebetene Besucher mit Revolverschüssen aus dem Garten vertreibe; die Kinder aber seien gut genährt und würden keinesfalls misshandelt. Zudem habe der Briefmarkenhändler, wenn er einem fünfzehnjährigen Knaben derart viel Geld leihe, sich selbst an der Nase zu nehmen.
    Solange die Kinder klein waren, vermochte Trofimovski sie in der Abgeschiedenheit des Landhauses zu halten und nach seinen Tolstoi’schen Idealen fernab gesellschaftlicher Zwänge und Konventionen zu erziehen; je größer sie aber wurden, desto weniger waren sie bereit, sich in die vom Patriarchen verordnete Autarkie zu fügen. Zwei Söhne flohen vor seiner despotischen Pädagogik in die Fremdenlegion, die ältere Tochter entwich durch Heirat mit einem Jules nach Genf; der dritte Sohn wurde schwermütig und machte sich eines Tages für immer aus dem Staub, indem er die Abluft des Gasofens in sein Zimmer leitete.
    Während die Mutter vor Sorge, Kummer und Heimweh halb wahnsinnig wurde, fuhr die siebzehnjährige Isabelle immer öfter mit der neuen Pferdestraßenbahn die vier Kilometer nach Genf, um im Arbeiterquartier Carouge die Nacht zu erkunden. Sie trank Bier, Wein und Absinth mit arabischen Studenten, jungtürkischen Revolutionären und russischen Anarchisten in der Brasserie Handwerk oder Chez Theuss, und bald erprobte sie auch die Wirkung von Haschisch und Opium und hatte dem Vernehmen nach erste Affären mit Männern, die nicht immer alle ganz unverheiratet waren.«167 Zentimeter groß, schlank, graue Augen, blond, großer Mund, gute Zähne, bleicher Teint», beschrieb Agent de Sûreté Kohlenberger sie im amtlichen Signalement, und unter«Besondere Kennzeichen»notierte er:«Verkehrt als Mann gekleidet in der Stadt, hat äußerst militante Ideen.»
    In jener Zeit beschloss Isabelle, Schriftstellerin zu werden. Sie abonnierte die literarische Pariser Tageszeitung Le Journal und schrieb unter Pseudonym eine ziemlich morbide Erzählung, in der es um einen jungen Arzt geht, der in der Leichenhalle eine schöne, aber tote junge Frau begehrt. Sie schickte das Werk nach Paris, und eine Zeitschrift druckte es tatsächlich ab.
    Am 28. November 1896 geschah es, dass sie wie jeden Tag ihr Journal las und auf Seite vier eine Annonce fand, die ihr Leben für immer verändern sollte.«Spleeniger Militärarzt, momentan im Süden Algeriens exiliert, sucht intellektuelle Korrespondenz mit einer fröhlichen und geistreichen Person von Welt. Zuschriften bitte an F. R. 102, Poste restante, Constantine. »Isabelle schrieb dem spleenigen Militärarzt und unterzeichnete mit«Nadia», und der Militärarzt, der übrigens kein Militärarzt, sondern ein einfacher Leutnant namens Eugène Letord war, revanchierte sich, indem er ihr in den glühendsten Farben die Schönheit Algeriens und der Sahara mit ihren Dünen, ihren Palmenhainen und ihrer trostlosen Großartigkeit beschrieb. Spätestens da war es um Isabelle geschehen. Sie wollte in den Maghreb reisen, den Orient erkunden, die geheimnisvolle Welt des Islam erforschen.
    Da sie als junges Mädchen nicht sofort auf eigene Faust aufbrechen konnte, ließ sie sich fürs Erste von einem Genfer Fotografen als Beduine portraitieren und schickte das Bild ihrem Brieffreund. Der Zufall wollte es, dass der Fotograf selbst oft in den Maghreb reiste und zwei Häuser an der algerischen Küste besaß. Er bot Isabelle an, ihr eines für fünfzig Francs monatlich zu überlassen.
    Im Mai 1897 fuhr sie in Begleitung ihrer Mutter an Bord der Duc

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