Himmelssturz
könnte, und habe versucht, sie zu warnen. Ich habe ihr angeraten, sich in einer anderen Abteilung einen Job zu suchen, weit weg von Svetlanas Anhängern. Aber sie hat nicht auf mich gehört. Sie hielt mich für den Einzigen, von dem ihr Gefahr drohte. Aber ich hatte keine Idee, wann sie zuschlagen würden oder wer es tun würde.«
Bella gönnte sich einen kurzen Moment der Erleichterung. »Also hattest du nichts mit dem eigentlichen Mord zu tun.«
»Ein Mord ist ein Mord. Ich wollte nur, dass es endlich aufhört.«
Sie starrte ihn mit verständnislosem Entsetzen an. »Aber wenn du den Mord an Bagley nicht befürwortet hast, wie konntest du dann die Logbücher fälschen? Diese Männer hätten schon vor dreiundvierzig Jahren zur Rechenschaft gezogen werden können.«
»Ich wollte nicht, dass sie zur Rechenschaft gezogen werden.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Du weißt, wie es in jenen Tagen war. Wir brauchten jedes Paar Hände. Wir haben es kaum über die Runden geschafft.«
Er hatte Recht. Es war sehr lange her, aber sie konnte sich noch gut erinnern, wie es während der harten ersten Jahre gewesen war.
»Aber die Gerechtigkeit«, sagte sie flehend. »Man hätte nicht zulassen dürfen, dass sie damit durchkommen.«
»Seitdem mussten sie jeden Tag mit der Sorge leben, dass man ihnen auf die Spur kommen würde. Ich habe ihnen gesagt, ich hätte die Daten unkenntlich gemacht, sodass sich nicht mehr nachweisen lässt, wer zum Außeneinsatzteam gehört hat, aber ich habe nie einen Zweifel daran gelassen, dass sich diese Daten wieder rekonstruieren lassen, sollte ich es für notwendig halten.«
Bella schossen die Konsequenzen durch den Kopf. »Sind sie nicht auf die Idee gekommen, dich zu beseitigen?«
»Das hätte ihnen nichts genützt. Sie wussten, dass ich Svetlana oder jemand anderen, dem ich vertraue, eingeweiht hatte.«
»Also konnten sie keine Nacht ruhig schlafen«, sagte Bella. »Aber ging es nicht uns allen so?«
»Für diese Männer hat es viel länger gedauert. Es ist immer noch nicht zu Ende.« Er kratzte sich am Schnurrbart. »Seit fünfzehn Jahren ist allgemein bekannt, dass der Bagley-Fall wieder aufgerollt wird. Ich bezweifle, dass es für die beiden Überlebenden auch nur einen einzigen Tag gegeben hat, an dem sie nicht daran dachten, dass jemand an ihre Tür klopfen könnte.«
»Warum jetzt, Parry?«
Er lächelte matt. »Du hättest irgendwann dein Ziel erreicht, auch wenn dir das Ergebnis vielleicht nicht gefallen hätte. Dann hättest du mich verhaften müssen.« Parry breitete kapitulierend die Arme aus. »Wohingegen ich jetzt freiwillig zu dir komme.«
»Du hast eine Logbuchdatei gelöscht, Parry. Du hast Meredith Bagley nicht getötet.«
»Ich habe ein Verbrechen verschleiert.«
»Du hast es zum Wohl von Crabtree getan – damit wir nicht drei weitere Tote zu beklagen haben.«
»So werde ich es dem Gericht erklären. Ob sie es nun glauben oder nicht …« Er zuckte die Achseln. »Aber das spielt jetzt keine Rolle mehr. Darüber soll das Gericht befinden.«
»Das kann ich nicht tun«, sagte Bella.
»Willst du Gerechtigkeit oder nicht?«
»Natürlich will ich Gerechtigkeit, aber nicht … auf diese Weise. Du warst immer gut zu mir, Parry, zu uns allen. So darf es nicht enden.«
»Aber so muss es enden. Ich bin zu dir gekommen, nicht andersherum. Es ist nicht deine Entscheidung, sondern meine.«
Bella wurde übel. »Was ist mit Svetlana?«, fragte sie. »Was sagt sie dazu?«
»Sie weiß nichts davon.«
»Oh nein!« Bella schloss die Augen und wünschte sich, jemand würde hereinkommen, ihr die Verantwortung abnehmen, ihr sagen, dass sie nichts zu befürchten hatte und alles wieder gut wurde. »Das kann ich nicht tun«, sagte sie so leise, dass sie glaubte, Parry habe es nicht gehört. Aber er hatte ihre Worte verstanden.
»Sei tapfer«, sagte er. »Tu das Richtige.«
»Du willst mir sagen, dass ich tapfer sein soll?«, fragte sie ungläubig.
Ein Teil von Bella hatte sich bereits mit dem Unvermeidlichen abgefunden. Sie gestattete Parry, für achtundvierzig Stunden zu Svetlana zurückzukehren. Als er das Habitat verließ, gab sie ihm das Versprechen, dass sie ihn vor Gericht bringen würde. Aber zwei Tage waren genug Zeit, um Zweifel zu wecken. Seitdem der Fall neu aufgerollt worden war, hatte er schon mehrfach über längere Perioden geruht. Also würde niemand Verdacht schöpfen, wenn Bella den anderen sagte, dass sie wieder nichts erreicht hatte und mehr Zeit
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