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Himmelssturz

Himmelssturz

Titel: Himmelssturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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lieber nie mehr angerührt hätte. Erinnerungen an den lauten Schlag der Bohrhämmer gegen die dünne Panzerung der Helme, Erinnerungen an Blut, das auf Eis spritzte, Erinnerungen an zwei kniende Leichen, die vornüber kippten, als wollten sie sich demütig verneigen.
    »Ich bin keineswegs stolz auf das, was wir mit Chanticler und Herrick gemacht haben. Es war falsch, sie zu töten.«
    »Wir töten nicht mehr. Wir inhaftieren.«
    »Nur weil die Aliens uns über die Schulter schauen.«
    Bella knüllte ihre Picknicktüte zusammen. »Es ist eine praktische Frage, mehr nicht. Menschen im Gefängnis können weiterhin nützliche Aufgaben für uns erledigen.«
    »Würdest du sie wieder töten, wenn sie keinen praktischen Nutzen mehr hätten?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Bella. »Würde es eine Rolle spielen, wenn ich es bejahen würde?«
    Parry stand auf. »Ich werde sehen, was ich für dich ausgraben kann. Ich möchte nur, dass dir etwas klar ist: Die Sache wird Konsequenzen haben.«
    »Die gibt es immer«, erwiderte Bella.
     
    Nach der Unterredung mit Parry machte sie sich auf den Weg zum gesicherten Labor, in dem der schwarze Würfel untergebracht war. Es befand sich unterhalb einer abgelegenen Vorstadt, abgeschirmt durch mehrere Schichten Sprühstein, akustisches Dämpfungsmaterial und mehrfache Faraday-Käfige.
    Der Würfel blieb keinen Augenblick lang unbewacht. An diesem Tag war Hannah Ofria-Gomberg an der Reihe, ihn zu bemuttern, während Robotersensoren klickend und summend irgendeine Analysesequenz abarbeiteten. Der Überwachungsjob war extrem langweilig, und Hannah reagierte begeistert, dass sie nun Gesellschaft bekam, und gleichzeitig überrascht, dass es Bella war, die ihr einen Besuch abstattete.
    Sie saß auf einem Polstersitz, die Füße auf den Schreibtisch gelegt, als Bella eintraf. Hannah nahm ihre schwere Hornbrille ab, die mit Absicht so gestaltet war – Retro-Mode nach dem Vorbild des späten zwanzigsten Jahrhunderts. Opernmusik summte aus den Kopfhörern. Bella hatte bemerkt, dass Opern zur Zeit sehr angesagt waren. Alle Jugendlichen fuhren darauf ab.
    »Alles in Ordnung«, sagte Bella. »Ich bin nicht gekommen, um dich zu kontrollieren. Ich wollte mich nur mal über den Stand der Dinge informieren.«
    »Hier gibt es nichts Neues«, sagte Hannah und schwang ihre Beine vom Schreibtisch. »Wir können nur immer wieder die gleichen Tests durchführen. Hast du den letzten Bericht gelesen, den wir zusammengestellt haben?«
    »Oh ja«, sagte Bella und verdrehte die Augen. »Wie gewohnt unglaublich spannend. Ihr alle habt einen Orden verdient, weil ihr schon so lange mit den Köpfen gegen dieses Ding anrennt.«
    »Vielleicht würden wir etwas erreichen, wenn wir etwas anderes als unsere Köpfe benutzen könnten.«
    Bella nickte ernst. »Ich bin überzeugt, dass wir das eine oder andere über den Würfel herauskriegen würden, wenn wir ihn mit einer Fusionsflamme zerschneiden. Aber anschließend wird nicht mehr allzu viel davon übrig sein.«
    »Wir könnten eine Ecke abschneiden.«
    »Vielleicht eines Tages. Bis dahin müsst ihr euch einfach in Geduld üben.« Bella trat näher an den rotierenden Würfel heran. Sie achtete darauf, nicht die rote Linie auf dem Boden zu überschreiten, die die Grenze für menschliche Beobachter markierte. Wenn sie näher heranging, würden ihre bioelektrischen Felder die Messungen stören.
    »Gibt es etwas Bestimmtes …?«, begann Hannah.
    »Eigentlich nicht«, sagte Bella. »Ich komme nur gerne ab und zu hierher und sehe ihn mir an. Es ist wie ein Rätsel, von dem ich hoffe, dass es sich eines Tages vor meinen Augen auflösen wird, genauso wie diese psychologischen Tests.«
    »So geht es vielen Leuten«, sagte Hannah. »Sie kommen hierher, schauen sich das Ding an … dann kommen sie immer wieder, um es wie hypnotisiert anzustarren. Es ist, als würden sie irgendetwas im Schwarz sehen, so etwas wie die Andeutung einer Botschaft.«
    »Siehst du es genauso?«
    »Ich sehe nur einen schwarzen Würfel. Einen, den ich irgendwann unheimlich gerne aufschneiden möchte.«
    »Es freut mich, dass dieser Job dir nicht den Verstand raubt.«
    Bella hatte alle Berichte gründlich studiert, auch wenn sie dabei jedes Mal einzuschlafen drohte. Doch in diesen Zusammenfassungen stand nichts, was auf den wahren Zweck des Würfels hingedeutet hätte. Es war ein menschliches Artefakt, aber es schien nicht aus der Zeit vor der Zäsur zu stammen. Wenn es aus einer späteren Epoche kam, welche

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