Himmelssturz
Möglichkeiten auftaten. Aber die Entspannung kam ausgerechnet in einem Augenblick, als sich ihre Welt aufzulösen drohte. Es würde ihr wesentlich besser gehen, wenn sie gewusst hätte, ob sie am Ende dieses Tages noch am Leben war.
So war das Universum: Man konnte ihm gelegentlich ein Schnippchen schlagen, man konnte eine Flaschenpost über das halbe Meer der Ewigkeit empfangen, aber es war immer das Universum, das letztlich triumphierte.
Chisholm rief sie über den Botschaftskanal an. »Wir werden in dreißig Minuten das Tor erreichen, Bella. Die Sensoren der Allianz registrieren die Ungebändigten in der übernächsten Kammer. Sie bewegen sich schnell, und wie es aussieht, sind sie auf einen Kampf vorbereitet.«
»Werdet ihr gewinnen?«
»Wir werden ihnen eine blutige Nase verpassen, die sie so schnell nicht vergessen. Aber wenn wir es nicht schaffen, wenn die anderen Einheiten der Allianz nicht rechtzeitig hier eintreffen …« Chisholm verstummte, doch dann holte er von irgendwoher die Kraft zum Weitersprechen. »Ich kann dir nicht allzu viel versprechen. Wir haben eine kleine Stellung auf dem Eisernen Himmel zurückgelassen.«
»Ich weiß.« Bella hatte sie gesehen.
»Darin ist Platz für fünfhundert Menschen. Damit können wir euch zumindest in Sicherheit bringen.«
Sie dachte darüber nach, was erforderlich wäre, um Crabtree und alle anderen Siedlungen auf Janus zu evakuieren. »Du meinst, in die Kammer, in der es bald vor Ungebändigten wimmeln wird? Seit wann gilt so etwas als sicher, Jim?«
»Wenn Janus hochgeht, seid ihr in einer Kampfzone besser dran als in der Kammer, in der ihr euch derzeit aufhaltet. Wenigstens wird die Schacht-Fünf-Allianz in der Lage sein, euch Unterschlupf zu bieten.«
»Wenn sie aufkreuzt.«
»Das wird sie. Die Allianz nimmt ihre Verpflichtungen sehr ernst. Sobald es danach aussieht, dass wir die Oberhand haben, werde ich nach Janus zurückkehren und euch nach besten Kräften helfen.« Er sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. »Alles in Ordnung mit dir, Bella?«
Sie hätte fast gelacht. »Die Welt geht zur Hölle. Warum sollte nicht alles mit mir in Ordnung sein?«
»Du scheinst nur irgendwie anders auszusehen.«
»Schlechter?«
»Nein«, sagte er. »Nicht schlechter. Eher so, als wäre dir gerade etwas Gutes zugestoßen.«
»So ist es«, sagte Bella. »Etwas sehr Schönes. Jetzt wollen wir nur hoffen, dass etwas von meinem Glück auf uns alle abfärbt.«
Das neue Loch im Himmel war vollkommen kreisrund und genauso groß wie sein Gegenstück über Underhole. Ein Stück Technik der Moschushunde – ein beibootgroßes Ding, das wie Fleischfetzen aussah, die man um einen Vergaser gewickelt hatte – folgte Svetlana nach drinnen. Es zog einen sich windenden, dünnen Tentakel hinter sich her, der bis zum Knorpelschiff zurückreichte. Es war immer noch bei ihr, als sie sich dem Verteilerkasten näherte, wo es seitlich ausschwenkte und in der spicanischen Maschinerie verschwand. In all den Jahren geduldiger Untersuchung hatten die Menschen diese Öffnung nicht bemerkt.
Svetlana hatte erwartet, in Neustadt festzustellen, dass die Hölle los war, aber als sie im Schiffsnetz nachschaute, schien alles normal zu sein. Sie legte den Anzug ab und bat Denise Nadis, die Produktionsdateien aus ihrem Anzug an ihren geheimen Schmiedekessel zu übertragen. Kurz darauf setzte sich im roten Bauch der Maschine etwas Wundersames und Eigenartiges zusammen.
Die Magnetbahn aus Crabtree traf ein. Svetlana rechnete fast damit, dass Bella aus dem Zug stieg, doch dann erkannte sie die jungenhafte Gestalt von Ryan Axford, der bis auf ein Phantom allein war. Svetlana ließ ihn in den Verhandlungsraum mit dem Panorama aus marsianischen Landschaften bringen.
»Du kannst dein Phantom draußen lassen«, sagte sie. »Ich werde dir nichts tun. Wir haben uns immer gut verstanden.«
»Was ist mit dir passiert?«, fragte Axford.
Svetlana rieb sich mit einem Finger ihres Latexhandschuhs über die Eigentumsmarkierung, die der Moschushund auf ihrer Stirn hinterlassen hatte. Es fühlte sich geriffelt und ledrig an, wie Schorf oder Narbengewebe. Darunter juckte es furchtbar auf ihrer Haut. Sie hätte die Markierung am liebsten abgerissen, sich dieser außerirdischen Verunreinigung entledigt.
»Nicht viel«, sagte sie.
»Schmerzt es?«
»Es juckt, das ist alles. Der Moschushund hat mir versichert, dass es mir nicht schaden würde. Kannst du es riechen?«
»Nein«, sagte Axford.
Svetlana
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