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Himmelssturz

Himmelssturz

Titel: Himmelssturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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ausgespielt, Bella.«
    »Das mag sein, aber ich habe Chromis noch nicht ausgespielt.«
    »Chromis?« Der Name bedeutete Svetlana nichts.
    Bella blickte auf den Würfel. Svetlana folgte ihrem Blick. Der Würfel war die ganze Zeit da gewesen und hatte still im Hintergrund des Bahnhofs gewartet.
    Svetlana blieb gerade genug Zeit, ihn wiederzuerkennen und Überraschung zu zeigen.
    Dann bewegte sich die Luft. Ein Sturm aus schwarzen Gestalten brach aus dem Würfel hervor. Sie waren unheimlich schnell und bewegten sich wie die rasenden Schatten von Wolken an einem stürmischen Tag. Die Vögte strömten herbei und umkreisten die zwei Gruppen in einem gefährlichen schwarzen Wirbel. Der Luftzug war so stark, dass ihre Kleidung flatterte und sie sich gegen den Wind stemmen mussten. Immer noch strömten sie aus dem Würfel, ein endloser Schwall aus Schwarz, der den physikalischen Gesetzen zu trotzen schien, da ein so kleines Raumvolumen unmöglich so viel Masse enthalten konnte. Schlagartig hörte die wirbelnde Bewegung auf, und die Vögte standen plötzlich auf dem Boden. Es waren viele Dutzend, die reglos auf dem Bahnsteig in Stellung gegangen waren – schwarz, schlank, die Hände wie Klingen, die Gesichter wie Äxte, ein Schrecken aus den Tiefen der Geschichte.
    Der Wind ebbte ab, auf dem Bahnhof wurde es still.
    »Tu nichts, sag nichts, denk nichts«, sagte Bella, die immer noch neben dem Magnetbahnwaggon stand. »Diese Dinger sind sehr, sehr gefährlich.«
    Svetlana fand den Mut zum Sprechen. »Was sind sie?«
    »Vögte«, sagte Bella. »Vollstreckungsinstrumente. Sie bestehen aus reiner Femtotechnik. Es sind vermutlich um die hundert, aber der Würfel könnte ein paar tausend produzieren, wenn ich ihm dem Befehl geben würde.«
    Svetlana sah den Würfel stirnrunzelnd an. »Ich wusste, dass du ihn gefunden hast. Ich habe auch gehört, dass du offenbar nicht mehr Glück hattest als ich, seine Funktion zu enträtseln.«
    »So war es nur zu Anfang«, sagte Bella. »Der Unterschied ist der, dass ich ihn berührt habe.«
    »Du hast ihn berührt?«
    »Er ist eine Botschaft an mich, die achtzehntausend Jahre nach unserem Aufbruch abgeschickt wurde. Eine Art Ehrerbietung und so etwas wie ein Werkzeugkasten.«
    »Achtzehntausend Jahre«, sagte Svetlana und schüttelte automatisch ungläubig den Kopf.
    »Das ist nur der Anfang«, sagte Bella. »Es tut mir leid, aber wir sind schon viel, viel weiter als achtzehntausend Jahre in die Zukunft vorgestoßen. Wie weit, kann ich nicht sagen – aber es müssen mehrere zehn Millionen Jahre sein, wahrscheinlich sogar noch mehr.«
    »Und das alles weißt du einfach so.«
    »Ich weiß, dass die Menschen längst ausgestorben sind. Wir sind die Einzigen, die noch übrig sind. Der Würfel hat mir viel erzählt, Svetlana, aber das war noch längst nicht alles. Auch du hattest deine Zweifel. Irgendwann warst du überzeugt, dass die Perückenköpfe uns Lügen erzählen.«
    »Ja«, sagte sie mit einer Spur Unbehagen.
    »Du hattest Recht. Aber sie haben aus Rücksicht auf uns gelogen. Wir waren einfach noch nicht für die Wahrheit bereit.«
    »Was soll jetzt passieren, Bella?« Svetlana blickte auf das Regiment der Vögte. »Du hast die Oberhand.«
    »Nichts hat sich geändert«, sagte Bella. »Das sollte nur eine Demonstration sein, mehr nicht. Gleich werden die Vögte in den Würfel zurückkehren, und alles wird wie geplant weitergehen. Ich steige in den Zug, und du schickst Wang die Datei. Wang wird den Schlüssel produzieren, dann wirst du zusammen mit allen anderen von Janus verschwinden.«
    »Und warum zeigst du mir das alles?«
    »Weil ich es tun könnte. Damit du weißt, dass ich all das schon vor Stunden hätte beenden können. Ich hätte Neustadt einnehmen können, Svieta. Innerhalb weniger Minuten. Es hätte ein paar Todesopfer gegeben, aber die Vögte hätten sich ohne Schwierigkeiten gegen euch durchgesetzt.«
    Svetlana verstand es immer noch nicht. »Warum hast du es also nicht getan?«
    »Ich bin müde, Svieta«, sagte Bella. »Es geht mir genauso wie Parry, als er die Mörder deckte. Ich wollte nicht, dass es noch mehr Tote gibt. Wenn ich es nur schaffe, indem ich vor dir kapituliere, indem ich dir alles gebe, was du haben willst, dann bin ich bereit, es zu tun. Aber du solltest wissen, dass es anders hätte ablaufen können.« Bella verstummte, doch dann empfand sie das Bedürfnis, noch etwas hinzuzufügen. »Vorläufig hast du gewonnen, Svieta. Du übernimmst die Verwaltung, und du

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