Himmelssturz
zum Vorwurf machen.«
»Ich weiß«, sagte sie. »Du brauchst deswegen kein schlechtes Gewissen zu haben. Es ist nicht dein Kampf.«
Svetlana nahm den Helm von der Hüfte. »Ich werde ihn jetzt wieder aufsetzen, Bella. Ich muss den Helm tragen, um dem Anzug sagen zu können, dass er die Datei übermitteln soll. Du vertraust mir doch, nicht wahr?«
»Tu, was du tun musst.«
Svetlana setzte den Helm auf. Nach zwanzig oder dreißig Sekunden nahm sie ihn wieder ab. »Die Übermittlung müsste gleich abgeschlossen sein. Es ist eine große Datei, auch wenn es nur die Hälfte des Materials ist. Ich habe sie an die Adresse gemailt, die du angegeben hast.«
»Ich muss mich vergewissern, dass sie angekommen ist«, sagte Bella und zog den Reißverschluss ihrer Jacke auf. »Ich werde meinen Flextop herausholen und Wang anrufen. Kannst du damit leben?«
»Mach nur.«
Bella zog den Flextop hervor und ließ ihn mit einer ruckartigen Drehung des Handgelenks steif werden. Diese Bewegung war ihr inzwischen so vertraut, dass es sich anfühlte, als wäre sie fest in ihre Muskeln einprogrammiert. Der Flextop erwachte zum Leben und zeigte die Optionen des Schiffsnetzes. Demnach waren die normalen Dienste aufgrund der Notsituation vorübergehend außer Funktion gesetzt. Aber Bella wollte ohnehin nicht auf normale Dienste zurückgreifen.
Wenig später hatte sie Verbindung mit Wang. Er war weißhaarig wie ein Zauberer, uralt wie die Erde und hatte keinerlei Ähnlichkeit mehr mit dem eifrigen jungen Mann, der vor einem halben Jahrhundert auf Janus abgestürzt war. Nur wenn er lächelte, schien es, dass diese Zeit wieder lebendig wurde. Er war ein tapferer Mann, der sich bereit erklärt hatte, in seinem Labor zurückzubleiben, während die übrige Kolonie die Flucht ergriff.
»Ich habe die Daten, Bella. Die Hälfte einer Bauplandatei.«
»Das ist gut. Die zweite Hälfte wird in Kürze eintreffen. Welchen Eindruck hast du?«
»Ich würde Tage brauchen, um allein die Dateiinformationen zu prüfen. Es gibt nur eine Möglichkeit, sich zu vergewissern, dass es wirklich eine Bauplandatei ist: Wir müssten abwarten, was geschieht, wenn wir einen Schmiedekessel damit programmieren.«
»Ich verstehe. Bitte denk daran, dass diese Datei etwas außergewöhnlich sein dürfte.«
Sie unterbrach die Verbindung, faltete den Flextop zusammen und steckte ihn wieder unter ihre Jacke, um ihn zu wärmen. »Jetzt reden wir über die zweite Hälfte.«
»Also über dich«, sagte Svetlana.
Bella breitete großmütig die Arme aus. »Ich gehöre dir. Wie möchtest du vorgehen?«
Das Tempo der Ereignisse und Bellas Nachgiebigkeit irritierten Svetlana ganz offensichtlich. »Du könntest damit anfangen, dass du deinen Rücktritt bekannt gibst.«
Bella verlor keine Zeit. »Ich trete zurück. Was noch?«
»Gib bekannt, dass du die Befehlsgewalt an mich abtrittst.«
»Das würde ich gerne tun.« Bella legte einen Finger an die Lippen. »Das Problem ist nur, dass ich gerade zurückgetreten bin. Ich besitze jetzt nicht mehr Autorität als du. Oder möchtest du, dass ich meinen Rücktritt widerrufe, damit ich es tun kann?«
Svetlana knurrte missmutig. »Geh zum Zug. Ganz hinten gibt es eine offene Tür.«
»Nur ich?«
»Nur du, Bella.« Svetlana fasste Liz Shen und die anderen Lind-Anhänger ins Auge. »Hier geht es nicht um Schuldvorwürfe. Jeder wird gerecht behandelt, auch du.«
Bella tat wie befohlen, dann blieb sie vor der Tür stehen. »Ich werde jetzt einsteigen. Gehe ich recht in der Annahme, dass der Zug mich nach Neustadt bringen wird, wo ich in irgendeiner Form inhaftiert werde?«
»Janus ist nicht groß genug für uns beide«, sagte Svetlana. »Wir können hier nur gemeinsam existieren, wenn eine von uns beiden eingesperrt ist.«
»Hauptsache, du bringst unsere Leute von hier weg. Es ist mir egal, wenn du mich zurücklässt, aber sorge dafür, dass die Stadt evakuiert wird.«
»Das hatten wir doch längst abgehakt. Niemand wird irgendwohin evakuiert.«
»Ist Emily in Neustadt?«
»Du weißt, wo sie ist.«
»Dann verurteilst du deine eigene Tochter zum sicheren Tod. Wenn dir etwas an ihr liegt – wenn dir noch irgendetwas an anderen Menschen liegt –, schaff sie sofort in den Zug.«
»Ziemlich mies von dir, Bella, diese Art von emotionaler Erpressung.«
»Ich weiß, dass du Emily liebst. Noch hast du die Chance, sie zu retten.«
»Steig in den Zug.«
»Einen Moment noch. Vorher möchte ich dir noch etwas zeigen.«
»Du hast
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