Himmelssturz
diesem Punkt gewarnt.«
»Das haben sie«, sagte Svetlana. »Aber sie meinten, ich könnte auch einen normalen Kessel benutzen.«
»Ich bezweifle nicht, dass sie das gesagt haben.« Chromis’ Miene wurde zornig. »Sie haben wahrscheinlich auch so etwas wie einen temporären Kern erwähnt. Das ist höllisch gefährlich. Es gibt nur eine sichere Methode, Femtotechnik zu produzieren, und zwar mit einem metastabilen Kern.«
»Was ist schiefgegangen?«, fragte Bella.
»Der Kern ist gebrochen«, erklärte Chromis. »Replikationsfähige Femtotechnik ist nach draußen gelangt. Sie dürfte den Schmiedekessel innerhalb weniger Sekunden vernichtet haben, den Raum nach ein paar weiteren Sekunden und den größten Teil von Neustadt nach einer Minute. Stell dir eine nukleare Explosion vor, Bella, aber verlangsamt, ein schwarzes, brodelndes Chaos. Dann hast du ein ungefähres Bild, was dort vor sich geht.«
Svetlana und Bella sprachen gleichzeitig. »Woher weißt du das alles?«
Chromis sah sie beide verärgert an. »Weil ich bereits dort bin. Wie wohl sonst?«
»Du stehst hier neben mir, Chromis«, stellte Bella fest.
»Ein Teil von mir ist hier«, erklärte sie geduldig, »aber mehrere hundert Kilogramm von mir sind derzeit in Neustadt, und von Sekunde zu Sekunde verlagere ich mehr von mir dorthin. Brauchst du die Vögte noch?«
»Nein«, sagte Bella.
Wieder tobte ein Sturm durch die Luft. Dann waren die Vögte verschwunden.
»Sie sind unterwegs«, sagte Chromis. »Wenn sie dort sind, werden sie mit dem Material verschmelzen, das ich bereits abgestellt habe.«
Bella warf einen Blick zu Svetlana und fragte sich, wie viel sie von allem verstand. »Um was zu tun?«
Die Frage war eine schwere Prüfung für Chromis’ gewöhnlich unerschütterliche Geduld. »Um etwas Konstruktives gegen die Kettenreaktion zu unternehmen. Was wohl sonst?«
»Tut mir leid«, sagte Bella.
»Lässt es sich aufhalten?«, fragte Svetlana.
»Ich weiß es nicht. Möglicherweise.«
»Meine Tochter … die anderen Menschen … du musst etwas für sie tun.«
»Viele von ihnen sind bereits tot«, teilte Chromis ihr mit.
Svetlana wurde blass. »Emily … sag mir, dass Emily nichts passiert ist.«
»Was kannst du tun?«, fragte Bella. »Sie hat Recht. Ganz gleich, was geschehen ist, wir müssen die Überlebenden retten.«
»Nach den ersten Anzeichen scheinen die Replikationselemente deformiert zu sein, was sich zu unseren Gunsten auswirken könnte. Wenn meine femtotechnischen Elemente eine Eindämmungshülle um die entartete Materie bilden können, gelingt es mir vielleicht, Einfluss zu nehmen und die Replikatoren zu überreden, sich zu zerlegen, was sie letztlich sowieso tun sollten.« Chromis ballte die Hand zur Faust, als würde es sie bereits jetzt große Anstrengung kosten. »Aber nichts ist gewiss. Femtotechnik ist kein Kinderspielzeug.«
Bella bemerkte plötzlich etwas. Obwohl die Vögte verschwunden waren, spürte sie immer noch einen leichten Luftzug. Dann erregte eine schwache, beinahe unterschwellige Bewegung ihre Aufmerksamkeit.
Eine schwarze Linie kam aus einer leeren Seite des Würfels. Bella beobachtete, wie sie sich durch die Luft schlängelte, bis sie das Dach des Bahnhofs erreichte, sich ins Vakuum dahinter durchtunnelte und dann die achtzig Kilometer bis Neustadt überwand.
Eine schwarze Schlauchverbindung aus Femtotechnik.
»Wie viel von dir wird dazu nötig sein?«, fragte Bella.
»Mehr, als ich gehofft hatte.« Chromis’ Miene zeigte feste Entschlossenheit. In diesem Moment erkannte Bella das politische Holz, aus dem das Jubiläumsprojekt geschnitzt worden war. Chromis Anemone Laubenvogel musste eine Frau gewesen sein, die nicht so schnell aufgegeben hatte.
»Wie viel vom Würfel hast du schon hinübergeschickt?«, fragte Svetlana.
»Ich habe bereits hundert Tonnen transferiert. Sie bilden eine Hülle, die aber noch nicht stark genug ist. Sie wird so schnell assimiliert, wie ich sie schicken kann. Dazu ist noch mehr von mir nötig.«
»Wie viel mehr?«, fragte Svetlana.
»Ich weiß es nicht. Ich gebe mein Bestes.«
»Wie viele sind gestorben? Wie viele leben noch?«
Chromis antwortete nicht.
Bella bemerkte bestürzt, dass der Würfel nicht mehr so groß wie vorher war. Er schrumpfte zusehends, während er einen immer größeren Teil seiner Substanz für die Schlacht um Neustadt opferte.
»Chromis …«, sagte sie.
»Es geht nicht anders, Bella.«
»Du stirbst.«
»Es ist meine Aufgabe, mich nützlich zu
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