Himmelssturz
hatte Verbindungen zu Cagan, aber ihre waren anderer Art. Vielleicht arbeiteten sie sogar gegen sie. Vor der Rockhopper – sogar noch vor Garrison – war sie Cagans Liebling gewesen. Sie hatte gegen viele Türen gedrückt, aber Cagan hatte dafür gesorgt, dass sie sich für sie öffneten. Er hatte ihr zu einem schnellen Aufstieg in der Organisation verholfen, schneller, als es ihr nur mit Geschick oder Ehrgeiz möglich gewesen wäre – woran es Bella keineswegs mangelte. Danach hatte sie geglaubt, dass sich die Sache damit erledigt hätte, dass sie niemals den Preis dafür würde zahlen müssen.
Nun wusste sie, dass alles seinen Preis hatte. Schöne Dinge gab es nie umsonst, vor allem nicht, wenn Männer wie Powell Cagan im Spiel waren.
Für ihn war sie mehr gewesen als nur ein talentierter Schützling. Er hatte Bella in eine sexuelle Beziehung gedrängt, von der sie in ihrer Naivität gedacht hatte – noch im Alter von dreißig Jahren –, dass das Ganze eine ernste Sache war. Cagan war zweiundzwanzig Jahre älter als sie und ein ausgesprochen reicher Mann. Ein Jahr lang hatte sie am Glanz seiner Luxuswelt teilgehabt, einschließlich der Privatjets und Privatinseln. Dann war Cagans rastloser Blick auf eine jüngere Frau gefallen, und Bella war ohne Vorwarnung von der Erde wegbefördert worden. Eines Tages hatte der Privatjet sie nicht zu einer Insel, sondern zu einem Startkomplex gebracht, und das war es dann gewesen.
Bella befand sich im Orbit, bevor ihr bewusst wurde, was geschehen war. Die Beförderung war ein Geniestreich – genau das, wofür sie die ganze Zeit gearbeitet hatte, und für Cagan die eleganteste Methode, sie ohne die geringsten Schuldgefühle loszuwerden.
Damals war sie viel zu benommen gewesen, um Hass oder Kummer zu verspüren. Stattdessen hatte sie sich geschämt, dass sie die Regeln des Spiels nicht begriffen hatte, die für alle anderen so kinderleicht und eindeutig waren. Sie hatte nie richtig verstanden, warum sie die Einzige gewesen war, die nicht von Anfang an erkannt hatte, wie diese Sache enden würde – enden musste.
Andere Männer mochten Probleme damit haben, dass eine verschmähte Geliebte weiter in der gleichen Firma arbeitete, aber dazu war Cagans Fähigkeit zur Reue nicht genügend ausgeprägt. Wenn sie miteinander sprachen, schien er sich nicht die leisesten Sorgen wegen ihrer Vergangenheit zu machen. Gelegentlich spielte er sogar mit einem nostalgischen Glitzern in den Augen auf ihre gemeinsame Zeit an, und wahrscheinlich ging er sogar davon aus, dass Bella ihre Liaison durch die gleiche rosarote Brille betrachtete – als wäre ihre Trennung unter würdigen Umständen im gegenseitigen Einvernehmen erfolgt.
Powell Cagan zu verlieren war für sie nicht das Ende des Lebens gewesen. Bella lernte Garrison nur wenig später kennen, und ihre paar gemeinsamen Jahre waren eine gute Zeit gewesen – bis kurz vor dem bitteren Ende. Garrison behielt sie im Herzen; für Cagan empfand sie nichts, außer leichter Verachtung. Sie hatte sich damals geschworen, dass ihre Gefühle niemals ihre professionelle Beziehung beeinträchtigen sollten. Der Vorstandsvorsitzende war eine abstrakte Gestalt, die nichts mit dem Mann gemeinsam hatte, der sie so eiskalt entsorgt hatte. Das hatte viele Jahre lang gut funktioniert. Das Kommando über die Rockhopper ermöglichte ihr eine gewisse Unabhängigkeit von der Kontrolle durch die Firma, aber nun hatte Janus alles verändert. Schon die VWE-Angelegenheit war ihr viel zu viel.
Schrope war an Bord versetzt worden, lange bevor Janus die ersten Schlagzeilen gemacht hatte, aber Bella hatte von Anfang an Zweifel bezüglich der wahren Gründe für seine Rotation gehabt. Selbst wenn Cagan gar nicht viel an Bella lag, in welcher Hinsicht auch immer, mochte es sein, dass er sich etwas Besseres für seinen neuen Schützling wünschte, und die Stellung des Captains stand keineswegs außer Frage. Mit seinen Beziehungen konnte Schrope ihr das Leben sehr schwer machen, falls er es wollte. Wenn sie es sich in den Kopf setzte, ihn zu verteidigen, wie sie es mit Svetlana gemacht hatte, wollte sie damit nicht nur andere, sondern vor allem sich selbst überzeugen.
Bei Schrope hatte sie immer das Gefühl, dass er sie dazu drängen wollte, etwas zu sagen, was sie später bereuen würde – etwas, das er vor einem Untersuchungsausschuss gegen sie verwenden konnte. Deshalb biss sie sich immer wieder auf die Zunge, wenn sie mit ihm sprach.
So viele Dinge waren besser
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