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Himmelssturz

Himmelssturz

Titel: Himmelssturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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gewesen, bevor Jim Chisholm krank geworden war. Wenn sie jetzt kurz davor stand, wegen Schrope an die Decke zu gehen, stellte sie sich jedes Mal Jim vor, wie er neben ihr saß und ihr einen warnenden Blick zuwarf.
    »Was ich damit sagen wollte«, erwiderte sie so freundlich, wie es ihr möglich war. »Warum haben die Chinesen sich kein eigenes Stück von der Torte verdient?«
    »Es ist unsere Torte«, sagte Schrope.
    »Aber warum dürfen nur die VWE über Janus entscheiden? Beim letzten Stand der Dinge war Janus ein außerirdisches Artefakt. Vielleicht ist mir eine Zeile im Kleingedruckten entgangen, aber ich glaube nicht, dass irgendwo in der Verfassung steht, dass Inga und ihren Kumpels automatisch das Verwertungsrecht zusteht.«
    »Wenn die Chinesen damit ein Problem haben, hätten sie darauf achten müssen, nicht aus dem Club geworfen zu werden, weil sie mit Dingen herumgespielt haben, mit denen sie nicht umgehen konnten.« Er meinte es völlig ernst. Trotz des Drucks der anderen Wirtschaftseinheiten hatten die Chinesen ihre Nanotechnik-Experimente fortgesetzt, und irgendwann war ihnen die Sache um die Ohren geflogen. Während eine glitzernde graue Masse die Hälfte von Nanjing aufgefressen hatte, war China aus den VWE ausgeschlossen worden.
    Bis heute hielten sich Sabotagegerüchte, dass Agenten jener Industriekonzerne, die die Welt frei von Nanotechnik halten wollten, das Institut in Nanjing infiltriert und für eine Panne in den Replikatoren gesorgt hatten. Niemand glaubte ernsthaft an diese Version, aber Bella konnte trotzdem nicht das Gefühl abschütteln, dass die Chinesen auf subtile Weise hereingelegt worden waren. Obwohl sie nicht zwangsläufig alles billigte, was sie getan hatten (und was sie weiterhin taten, ohne Kontrolle durch die VWE), konnte sie es ihnen nicht verdenken, dass auch sie sich Janus aus der Nähe ansehen wollten.
    Es kam ihr einfach nur menschlich vor.
    »Craig«, sagte sie, »wenn mit ihrem Schiff nichts schiefgeht, werden sie dabei sein, ob es uns gefällt oder nicht. Da dieser Fall sowieso eintreten wird, sollten wir zumindest über die Möglichkeit einer Kooperation nachdenken.«
    »Die beste Kooperation wäre, wenn sie sich möglichst weit von uns fernhalten«, sagte Schrope, »oder muss ich dich ausdrücklich an die Sperrzone erinnern?«
    »Sie hat einen Durchmesser von einer Lichtsekunde«, sagte Bella verzweifelt. »Das ist eine juristische Abstraktion, die niemand wirklich ernst nimmt.«
    »Trotzdem ist es eine klare Grenze. Sobald sie sie überschreiten …«
    »Was dann?« Plötzlich hatte sie ein sehr unangenehmes Gefühl.
    »Sind wir zu einer rabiaten Reaktion befugt. Du weißt sehr genau, dass wir dazu in der Lage sind.«
     
    Am vierzehnten Tag, eine Woche vor dem Janus-Rendez-vous, erschien Powell Cagans Gesicht auf Bellas Flextop. Sie konnte nicht erkennen, von wo aus der Vorstandsvorsitzende anrief; alles war in ein intensiv weißes, herzzerreißendes Licht getaucht, das die Farben des Tages verblassen ließ. Er saß draußen an einem weißen Tisch auf einer Veranda mit weißen Wänden. Die Wipfel bläulich-grüner Bäume ragten über die Wand hinaus, und in der Ferne lagen trockene, baumlose Berge wie ausgebleichte Papierfetzen in der Sonne.
    »Bella«, sagte Cagan mit schauspielerischer Ruhe, »verzeih mir die Störung, aber diese Sache halte ich für zu wichtig, um sie dir in einem nüchternen Text zu übermitteln. Falls du nicht allein bist, möchte ich vorschlagen, dass du deine Besucher bittest, dich allein zu lassen. Du solltest dafür sorgen, dass nur du diese Nachricht zu Gesicht bekommst.« Er breitete die Hände aus und führte sie wieder zusammen, als wollte er ihr Zeit geben, die Aufzeichnung anzuhalten, aber sie befand sich wie gewünscht ohne weitere Anwesende in ihrem Quartier. »Ich werde fortfahren, sobald du einen Stimmbefehl erteilst.«
    »Sprich weiter, Powell«, flüsterte sie.
    »Was ich dir mitzuteilen habe, sind nicht unbedingt gute Nachrichten«, sagte Cagan. Im gnadenlosen Licht der Mittagssonne wies seine Haut die gleiche ledrige Struktur wie die Oberfläche des Flextops auf. Die Rötung durch den Sonnenbrand war die einzige echte Farbe im Bild. »Aber ich werde mit der guten Neuigkeit anfangen. Einhundertzwanzig Stunden Janus-Erkundung sind immer noch machbar, vorausgesetzt, du wirfst auf dem Rückflug die noch vorhandenen Massentreiber ab. Du wirst etwas zu schnell sein, um in einen Orbit um die Erde oder den Mars einschwenken zu können,

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