Himmelssturz
Außeneinsatz gestorben war. Es gab einen indirekten Verweis auf die Kryokonservierung, eine Erwähnung der benutzten Chemikalien, aber nichts Offenkundiges. Axford musste keinen klaren Hinweis geben, dass er einen Menschen eingefroren hatte, damit er vielleicht wieder zum Leben erweckt werden konnte. Wenn die Rockhopper nach Hause zurückkehrte, würden die richtigen Leute erfahren, was geschehen war. Mehr Worte darüber zu verlieren wäre ein Anzeichen für hoffnungsloses Wunschdenken gewesen.
»Du bist nicht hierher runtergekommen, um dich beim Frostengel abzukühlen«, sagte Axford vorsichtig. »Etwas liegt dir auf dem Herzen.«
Bella hatte immer gut mit Ryan Axford reden können. Sie betrachtete ihn als eine Art zweiten Kommandanten ehrenhalber, ihren inoffiziellen Stellvertreter, vor allem, seit sich Chisholms Gesundheitszustand so sehr verschlechtert hatte. Sie vermutete, dass Bordärzte schon immer dieses unausgesprochene Privileg genossen hatten.
»Es ist ein Problem aufgetaucht.«
»Die Chinesen?«
»Nein – obwohl sich das natürlich auch zu einem Problem entwickeln könnte. Aber bei dieser Sache geht es um uns, um die Rockhopper.« Sie wartete darauf, dass er etwas sagte, aber Axford sah sie nur an der Zigarette vorbei an. Ein guter Zuhörer, dachte sie. »Es geht um Svetlana Barseghian. Ich vermute, dass du sie ziemlich gut kennst.«
»Sie war während des vergangenen Monats ein paarmal in meiner Abteilung. Zuerst hat sie sich auf ihrem Trainingsfahrrad einen Muskel gezerrt, vor zwei oder drei Wochen. Dann habe ich sie nach dem Unfall mit dem Massentreiber behandelt und noch eine Weile beobachtet.«
»Welchen Eindruck hat sie auf dich gemacht?«
»Es gibt eine ärztliche Schweigepflicht, Captain Lind.«
»War nicht so gemeint.«
Axford lächelte nachsichtig. »Sie wirkte so wie immer: gut in Form, sowohl mental als auch körperlich, ganz auf ihre Arbeit konzentriert. Keiner der Problemfälle wie … äh … ich glaube, du kannst diese Leerstelle selber ausfüllen. Aber Svieta gehört nicht zu den Leuten, die mir Kopfschmerzen bereiten. Die Besatzung mag sie. Ich mag sie. Sie ist attraktiv, intelligent und eine gute Teamspielerin.«
»Attraktiv? Ich hätte nicht gedacht, dass dir so etwas auffallen würde, Ryan.«
»Weil ich schwul bin?« Er bedachte Bella mit einem strengen Blick. »So etwas hatte ich, offen gesagt, nicht von dir erwartet.«
»Tut mir schrecklich leid. Das war ein unverzeihlicher Patzer.«
»Ich werde dir verzeihen, wenn du mir noch eine Zigarette gibst. Aber das ist für heute definitiv meine letzte. Also darfst du dir keine weiteren Entgleisungen erlauben.«
Sie reichte ihm die Packung, und er ließ die Zigarette für später in seiner Hemdtasche verschwinden. »Also, was ist mit Svieta los? Warum willst du wissen, was ich von ihr halte?«
»Sie ist mit einem Problem zu mir gekommen, einer technischen Angelegenheit, die unsere Chancen auf einen erfolgreichen Abschluss der Mission gefährden könnte. Obendrein ist es eine ziemlich beunruhigende Sache.«
»Aber du traust ihren Fähigkeiten, nicht wahr?«
Bella nickte entschieden. »Absolut. Sie hat noch nie einen Fehler gemacht.«
»Wo liegt also das Problem? Wenn sie sich Sorgen macht, solltest du dann nicht auf sie hören?«
»Es ist etwas komplizierter. Sie hat mich praktisch aufgefordert, die Mission abzubrechen. Mit der Rockhopper umzukehren und Janus zu vergessen.«
Axford pfiff leise. »Das ist allerhand!«
»Unter normalen Umständen hätte ich vermutlich keine Sekunde lang gezögert. Aber wir befinden uns nicht in normalen Umständen. Ein Teil von mir schreit, dass ich tun soll, was sie sagt. Ich vertraue ihr als Ingenieurin, ich vertraue ihr als Freundin, und ich habe keinen Grund zur Annahme, sie könnte die Gefahren aus privaten Gründen übertreiben. Aber es gibt noch einen anderen Teil von mir – nenn ihn meinetwegen meinen kaltherzigen Arschlochmodus –, der mir sagt, dass ich auf gar keinen Fall auf sie hören soll.«
»Mit welcher Begründung?«
»Svetlana hat eine technische Anfrage gestellt, weil ihr etwas an den Daten seltsam vorkam. Ich glaube wirklich, dass ihre Sorgen berechtigt sind. Ich habe die Zentrale angerufen und die Leute gebeten, sich die Sache anzusehen. Als Antwort kam eine technische Erklärung, die ihre Sorgen eigentlich hätte zerstreuen müssen.«
»Hat sie aber nicht.«
»Svetlana hielt die Erklärung für Schönfärberei. Also hat sie nach weiteren Beweisen gesucht und
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