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Himmelssturz

Himmelssturz

Titel: Himmelssturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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ernst zu nehmen? Dabei hätte sie wissen müssen, dass ein Teil von Bella sich verzweifelt wünschte, auf sie hören zu können.
    Wenn Svetlana es dabei belassen hätte, wenn sie Bella lediglich klargemacht hätte, wie sehr sie sich missachtet und im Stich gelassen fühlte, hätte vielleicht die Aussicht bestanden, den Schaden wiedergutzumachen. Aber Svetlana hatte einfach nicht aufhören können. Als sie Cagan erwähnt hatte, war Bella klar geworden, dass Svieta sie aus tiefstem Herzen hasste. Es war erstaunlich, wie schnell eine Freundschaft in Feindschaft umschlagen konnte, wie eine Kompassnadel, die von einem Pol zum anderen schwenkte.
    Sie waren innige Freundinnen gewesen. Also würden sie nun genauso innige Feindinnen sein.
    Als sie mit dem Training fertig war, brannte ihr der Schweiß in den Augen, und ihre Beine fühlten sich an, als wären ihre Beine aufgeschnitten und die Knochen und Muskeln durch feine Glassplitter ersetzt worden. Sie trank einen Liter Wasser, fütterte die Fische und überprüfte den pH-Wert des Aquariums. Neugierig wurde sie von einer Gruppe Rotflossensalmler durch die Wasseroberfläche beobachtet.
    Die Durchsichtigkeit der Fische erstaunte sie immer wieder. Man konnte ihre nadelfeinen Wirbelsäulen sehen, als wären sie mit einem Strich Pastelltusche gezeichnet. Einer war immer mutiger als die anderen. Es verblüffte sie stets aufs Neue, dass etwas so Einfaches, so Spielzeughaftes tatsächlich leben und sogar einen schwachen Schimmer von Persönlichkeit besitzen konnte.
    Sie überlegte, ob sie sich etwas zu essen machen sollte. Seit ihrer letzten Mahlzeit war mindestens ein ganzer Tag vergangen, aber selbst wenn das Training nicht wie üblich ihren Appetit vertrieben hätte, glaubte sie nicht, dass sie etwas im Magen behalten konnte. Stattdessen ging sie die hochgeladenen Nachrichtenkanäle durch, bestürzt, wie wenig Sendezeit der Rockhopper – und sogar Janus – jetzt noch eingeräumt wurde. Auf den größeren Kanälen liefen Diskussionen über das Wettrennen zwischen den Chinesen und den VWE, aber sie waren tief unter den Hauptschlagzeilen vergraben.
    Ein Flugzeug mit einer jungen Sportlergruppe war in der Nähe des Gipfels des Tirich Mir im Hindukusch abgestürzt. Es kam nicht oft zu Abstürzen, und wenn es geschah, wurden sie sofort von den Nachrichten aufgegriffen. Das Wetter hatte sich geklärt, sodass Kameras an Bord von Satelliten und Luftschiffen nun Bilder von den Überlebenden schießen konnten – infrarote Kleckse, die sich um das zerbrochene Kruzifix des Wracks drängten. Die biometrische Erkennungssoftware blendete Namen neben der anonymen Gruppe ein, während unten biografische Daten über den Ticker liefen. Hubschrauber kamen nicht an die Absturzstelle heran, und obwohl ferngesteuerte Roboter der Rettungsdienste von Pakistan zu ihnen unterwegs waren, war es ein Wettlauf gegen Unterkühlung, Flüssigkeitsverlust und Sauerstoffmangel.
    Bella starrte mit einem unguten Gefühl auf die Satellitenbilder der Überlebenden. Seit dem letzten Update waren drei gestorben, ein Lehrer und zwei Kinder. Sie beobachtete, wie die anderen im Schnee herumstapften, um sich warmzuhalten.
    Ihr Flextop summte und zeigte Craig Schropes Gesicht.
    »Hier Bella«, meldete sie sich überflüssigerweise.
    »Ich habe eine Neuigkeit«, sagte Schrope. Er wandte den Blick von der Kamera ab, als würde er sich Sorgen machen, sie könnte seinem Gesicht etwas ansehen. »Es handelt sich um eine jener Art, die du dir im Sitzen anhören solltest. Wir haben ihnen einen weiteren Schuss vor den Bug gesetzt.«
    »Das war der Plan«, sagte sie. »Haben wir diesmal etwas bewirkt?«
    »Ja.«
    Seine Stimme hatte einen seltsamen Tonfall. »Craig, was willst du mir mitteilen?«
    »Wir waren zu nahe dran.«
    »Zu nahe?«
    »Wir haben sie erwischt.«
    Er erzählte ihr, dass die Shenzhou Fünf verstummt war. Sowohl das Transpondersignal als auch die Triebwerkssignatur waren ausgefallen. Noch gab es keine Bestätigung, dass das Schiff zerstört war, aber Bella wusste, dass das nur noch eine Formalität war.
    »Eigentlich wollten wir sie nur abschrecken«, sagte sie und zwang sich zu eisiger Ruhe. »Bitte erkläre mir, was schief gelaufen ist.«
    »Der Abstand war auf fünfzig eingestellt«, sagte Schrope gelassen. »Eigentlich hätte es ihnen nicht wehtun dürfen.«
    »Ich sehe schon die Schlagzeile, Craig: Wir haben sie vom Himmel geholt! Ich denke, das fällt eindeutig unter ›wehtun‹.«
    »Dessen bin ich mir

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