Himmelssturz
Ähnlichkeit mit Optimismus hatte. Es war ein brutales Risiko, und im besten Fall würden sie damit erreichen, dass sie unaussprechlich fern von der Erde gestrandet waren, ohne Treibstoff, um die Systeme am Laufen zu halten. Sie wären tot, bevor sie ein Rettungsschiff oder eine Versorgungseinheit erreichen konnte.
Aber was war die Alternative?
Es gab tatsächlich eine.
Sie nahm ihren Flextop und schickte einen Anruf an ihren ehemaligen Stellvertreter ab. Jim Chisholm war nicht gerade hellwach, aber immerhin bei Bewusstsein. Falls er geschlafen hatte, mussten die heftigen Stöße des Wendemanövers ihn geweckt haben, selbst in der grünen Stille der Krankenstation.
»Hallo, Bella«, sagte er und gönnte ihr ein müdes Lächeln. »Also, was ist los?«
»Wir stecken ganz schön in der Scheiße.«
»Das hatte ich mir bereits gedacht.«
»Ich glaube, ich werde eine sehr schwere Entscheidung treffen müssen.« Sie versuchte ihm in die Augen zu blicken, so gut es das Bildübertragungssystem des Flextops erlaubte. Die blaugrüne Tönung der sterbenden Iridophoren ließ Chisholms Überlebenschancen noch schlechter erscheinen.
»Eine, die auch mich betreffen würde?«, fragte Chisholm mit einem Lachfältchen im rechten Augenwinkel.
»Eine, die uns alle betrifft«, sagte Bella und verzog das Gesicht. »Aber dich noch mehr als alle anderen.«
»Geht es dabei um das Wohl der Besatzung?«
»Wie immer.«
»Sag mir, was du deiner Ansicht nach tun musst.«
Sie informierte ihn über alles, was sie in der vergangenen Stunde erfahren hatten. Chisholm hörte ihr wie üblich ohne Unterbrechung zu. Nur eine winzige Hebung der Augenbrauen war ein Anzeichen für seine instinktive Skepsis. »Alles ist wahr«, flüsterte sie. »Wir sind in einen Sog hineingeraten, und wenn wir ihn nicht verlassen, wird er uns bis nach Spica tragen.«
»Aber selbst wenn wir herauskommen, wäre uns damit vielleicht gar nicht geholfen«, sagte Chisholm.
»Ich würde das Risiko eingehen, darauf zu hoffen, dass der Treibstoff für den Rückflug reicht. Ich würde auch das Risiko eingehen, das Triebwerk auf zwei Ge hochzufahren. Aber wenn ich mich in einem dieser zwei Punkte täusche, sind wir entweder ohne Energie gestrandet oder tot.«
»Ganz gleich, wie es ausgeht, meine Chancen, in den nächsten drei Wochen nach Hause zu kommen, sehen wohl nicht so blendend aus, nicht wahr?«
»Es tut mir leid«, sagte sie.
Er schüttelte den Kopf, als müsste sie sich darum keine Sorgen machen. »Es war ein kalkuliertes Risiko. Ich wusste genau, dass ich keine Garantien erwarten konnte.«
Er klang tapfer und schien sein Schicksal zu akzeptieren. Eine brillante Vorstellung, dachte Bella, aber Jim hatte einen Hoffnungsschimmer erhalten, und nun wurde ihm plötzlich jede Überlebenschance verweigert. Sie hatte ihm praktisch erklärt, dass er sterben würde.
»Möchtest du meinen Rat, für welche Möglichkeit du dich entscheiden solltest?«, fragte er ohne Gehässigkeit.
»Nein«, sagte sie. »Ich weiß, was ich tun muss. Ich bin immer noch meiner Besatzung verpflichtet, Jim. Ich dachte, es wäre meine Aufgabe, sie heil nach Hause zu bringen …« Sie sprach nicht weiter.
»Und jetzt?«
»Jetzt muss ich dafür sorgen, dass meine Leute am Leben bleiben. Sie nach Hause zu bringen wäre die Luxusvariante, und ich werde es tun, wenn ich es kann. Aber bevor ich mich darum kümmern kann, muss ich mich mit dem ersten Problem auseinandersetzen.«
»Du hast etwas Bestimmtes im Sinn?«
»Janus«, sagte Bella. Sie wartete, dass Chisholm etwas sagte, das seine Ungläubigkeit oder Verachtung zum Ausdruck brachte, aber die erschlaffte Maske seines Gesichts ließ keine Regung erkennen. Vielleicht hatte er sie falsch verstanden, oder er dachte, dass sie endgültig den Verstand verloren hatte. »Wir brauchen vor allem Energie«, sagte sie und stolperte über ihre eigenen Worte, während sie sich bemühte, ihn zufrieden zu stellen. »Energie ist wichtiger als Treibstoff. Die Rockhopper ist ein geschlossenes Recyclingsystem. Mit genug Energie können wir sehr lange durchhalten.«
»Aber nicht ewig«, warnte Chisholm.
»Nein, nicht ewig. Aber wenn wir mit leeren Tanks am Rande des Sonnensystems stranden, halten wir mit etwas Glück einen Monat durch. Wenn wir jedoch hier bleiben … auf jeden Fall haben wir noch jede Menge Treibstoff in den Tanks. Er wird sehr lange reichen, wenn wir ihn nur dazu verwenden, das Schiff mit Energie zu versorgen.«
»Trotzdem wird er eines
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