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Himmelssturz

Himmelssturz

Titel: Himmelssturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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wir doch längst abgehakt. Es gibt keinen Grund, Barseghians Mutmaßungen ernst zu nehmen.«
    »Wir werden es nicht schaffen«, sagte Svetlana zu Bella, als wäre Schrope gar nicht anwesend. »Es wird schon so knapp. Zieh fünfzehn Prozent Treibstoff ab, und wir schaffen es nicht einmal, unsere Fahrt aufzuheben.«
    »Ich warte, bis ich den neuen Bericht gehört habe«, sagte Bella. »Aber falls du – nur mal angenommen – damit recht hättest, könnten wir dann irgendetwas dagegen tun?«
    »Die Zeit, um etwas zu tun«, sagte Svetlana, »wäre vor zwei Wochen gewesen.«
    »Aber ich habe mich dagegen entschieden. Also müssen wir von der Situation ausgehen, in der wir uns jetzt befinden. Wenn der Treibstoffvorrat wirklich kritisch wäre, könnten wir dann unsere Situation verbessern, indem wir früher aus dem Kielwasser herauskommen?«
    Svetlanas Blick wurde glasig, als sie darüber nachdachte. Trotz der Spannungen zwischen ihnen konnte sie eine technische Frage nicht einfach ignorieren.
    »Vielleicht … aber wir haben unsere Berechnungen bereits mit einem halben Ge angesetzt.«
    »Das weiß ich«, sagte Bella. »Aber könntest du mehr aus dem Triebwerk herausholen? Würden wir auf ein Ge kommen? Oder mehr als ein Ge, und sei es nur so lange, bis wir das Kielwasser hinter uns gelassen haben?«
    »Ich … ich weiß es nicht«, sagte Svetlana. »Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Das liegt weit außerhalb der technischen Vorgaben für das Schiff.«
    »Wird es die Belastung aushalten?«
    »Wenn wir die noch vorhandenen Massentreiber abwerfen …«
    »Davon kannst du ausgehen.«
    »Dann könnte es vielleicht klappen. Aber das Triebwerk … ich weiß nicht. Ich müsste es mir ansehen. Wir würden mit einer doppelt so hohen Rate wie sonst Treibstoff verbrennen …«
    »Aber es könnte besser sein, den Treibstoff jetzt zu verbrennen, während wir uns noch im Kielwasser aufhalten.«
    »Ich verstehe.« Svetlana wirkte plötzlich abwesend, als hätte sich der Geist vom Körper gelöst und würde nun durch die mentale Architektur des Schiffes streifen und besorgniserregende neue Möglichkeiten erkunden.
    »Fünfzehn Minuten bis zum Ende der Rotation«, meldete Pagis. »Die Zahlen für die Flugdynamik sind da. Es sieht nicht gut aus für die Variante mit fünfzehn Prozent weniger Treibstoff. Am Ende würden wir uns immer noch in Richtung Spica bewegen.«
    »Wie schnell?«
    »Mit viertausend Kilometern pro Sekunde. Das ist mehr als …«
    »Ein Prozent Lichtgeschwindigkeit. Vielen Dank, Belinda. Jetzt tu mir bitte noch einen letzten Gefallen. Lass die Simulation ein weiteres Mal laufen. Geh vom gleichen Treibstoffdefizit aus, aber mit einer Schubphase von zwei Ge während der ersten dreißig Minuten oder bis wir das Kielwasser verlassen haben.« Bella sprach mit übertriebener Deutlichkeit, da ihr bewusst war, dass ein einziges Missverständnis sie teuer zu stehen kommen konnte. »Und noch etwas, Belinda.«
    »Ja, Bella?«
    »Diese Antwort brauche ich sehr schnell.«
     
    Bella setzte sich an ihren Schreibtisch und atmete tief durch. Jetzt war es so weit, dachte sie. Jetzt war er gekommen, der Kulminationspunkt, der Augenblick des kritischen Maximums, von dem sie immer gewusst hatte, dass sie ihn zu irgendeinem Zeitpunkt ihrer Karriere erleben würde. Hin und wieder hatte sie sich gefragt, in welcher Form er auftreten mochte, und vor allem, wie sie damit umgehen würde. Sie hatte immer gehofft, dass ihre Reaktion zumindest angemessen sein würde.
    Was sie sich nie vorgestellt hatte, waren die besonderen Begleitumstände dieses Augenblicks – an ihrem Schreibtisch sitzend, die Füße auf dem klitschnassen Teppich.
    Aber das war typisch für die Wirklichkeit. Ausgerechnet in den epischen Momenten fiel man ins Wasser.
    Der Flextop wackelte leicht. Ihre Hände zitterten. Die Flugdynamik besagte, dass eine Beschleunigung mit zwei Ge den größten Teil des Treibstoffdefizits ausgleichen würde. Damit kamen sie nicht nach Hause, aber sie würden im lokalen Bezugssystem zu einem Halt kommen – wobei »Halt« in diesem Fall bedeutete, dass ihre Restgeschwindigkeit in Relation zur Sonne nicht mehr als einige zehn Kilometer pro Sekunde betragen würde. Planetentempo.
    Es war also zu schaffen.
    Aber sie wären immer noch entsetzlich weit von zu Hause entfernt. Natürlich nur unter der Voraussetzung, dass das Schiff die Brennphase überstand. Bella hatte Svetlanas Gesicht gesehen, und es hatte nichts gezeigt, was auch nur entfernte

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