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Himmelssucher - Roman

Himmelssucher - Roman

Titel: Himmelssucher - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: carl's books Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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waren, und hätte er nicht noch immer so gedehnt gesprochen, was man kaum vergessen konnte, wenn man es einmal gehört hatte: »Deine Tante Mina wird sich seeehr freuen, wenn sie dich wiiiedersieht, Behta . Sie hat dich iiimmer so geliebt.«
    Wir rasten über den Freeway zum Krankenhaus. Mutter saß vorn neben Sunil, ich betrachtete auf der Rückbank die Häuser und Geschäfte, die vor dem Fenster vorbeiflogen. Auf der Stereoanlage im Wagen lief eine Kassette mit Korantexten, während Sunil vor allem von Minas bevorstehendem Tod erzählte. Er schien sich in etwas hineinzusteigern, denn wiederholt sagte er, seine Frau sei der einzige Mensch, bei dem er sich hundertprozentig sicher sei, dass sie sofort ins Paradies komme. Und als er auf dem Krankenhausparkplatz den Wagen abstellte, brach er vollends zusammen. Mutter legte ihm die Hand auf die Schulter. »Was sie meinetwegen durchmachen musste, Bhaji «, schluchzte er. »Ich weiß nicht, wie sie mir verzeihen kann, nach allem, was ich ihr angetan habe …«
    Minas Krankenzimmer lag im siebten Stock am Ende des Gangs. Sie war wach und hatte sich mit einem Kissen im Rücken aufgerichtet, leise summten die Geräte um sie herum. Ihre Haut war aschfahl, sie war abgemagert und so dünn, wie sie selbst in ihrer schlimmsten Phase nie gewesen war. Ihre Augen aber funkelten, als wir ins Zimmer traten. So krank sie auch aussehen mochte, sie wirkte so lebendig wie eh und je. Als sie mich sah, lächelte sie schmerzlich. »Mein Gott, Hayat.«
    »Was?«
    »Ein Herzensbrecher. Ich habe Fotos von dir gesehen … aber in natura bist du noch besser …«
    Ich musste lachen. »Ich weiß nicht, ob du dich erinnerst … das war das Erste, was du mir damals gesagt hast, als wir uns zum ersten Mal begegnet sind.«
    »Und vielleicht wird es auch das Letzte sein«, scherzte sie und krümmte sich vor Schmerzen, die ihr das Lachen verursachte.
    »Hör auf damit«, sagte Mutter.
    Mina ging überhaupt nicht darauf ein. »Mit solchen Wimpern?«, hustete sie, hob den Arm, von dem ein Infusionsschlauch baumelte, und zeigte auf mich. »Die reine Verschwendung bei einem Mann! Schau sie dir nur an!«
    Mutter setzte sich neben sie und tätschelte ihr die andere Hand. »Mann? Das wäre mir neu.«
    »Er ist ein Mann, Bhaj . Er ist ein Mann, keine Frage.«
    Mina sah zu Sunil, der aus der Ecke alles beobachtete. Für mich wirkte er regelrecht eingeschüchtert. Wenn man die beiden zusammen sah – nach all der Zeit, nach all den Geschichten –, konnte man sich kaum vorstellen, dass dieser Mann jemals so viel Macht über sie besessen hatte.
    Sunil ließ uns drei allein. Mina war ganz begierig, von meinem Leben am College zu hören: von meinen Seminaren, den Büchern, die ich las. Und dann, als Mutter zur Toilette ging, fragte sie nach Freundinnen.
    »Noch nicht«, sagte ich.
    »Macht nichts. Denn wenn das mal anfängt …« Wieder lachte sie, wieder krümmte sie sich. Als Mutter zurückkam, sagte sie, dass sie müde werde und schlafen müsse. Mutter gab ihr einen Kuss. Ich stand auf und küsste sie ebenfalls. Doch als wir gehen wollten, hielt Mina meine Hand fest. »Hayat. Du kannst bleiben. Wenn du willst. Bhaj , du hast doch nichts dagegen, wenn er noch bleibt, während ich schlafe? Ich will nicht, dass er schon geht …«
    »Wenn er bleiben möchte, habe ich nichts dagegen«, sagte Mutter.
    »Sehr gern«, sagte ich.
    Schließlich blieb ich die ganze Nacht bei ihr, sah ihr die meiste Zeit beim Schlafen zu, während ich auf dem Lehnstuhl neben ihrem Bett saß und darüber nachdachte, was ich ihr sagen wollte. (Mutter war mit Sunil in deren Haus gefahren, wo sie übernachtete; sie hatte vor, am Morgen mit Imran und Imrans jüngerer Schwester Nasreen zu kommen.) Bei Tagesanbruch wachte Mina auf. Sie hatte sichtlich Schmerzen. »Du bist noch da?«, fragte sie.
    »Ich wollte nicht gehen.«
    Sie lächelte trotz der Schmerzen.
    Als die Schwestern kamen, ging ich hinaus und besorgte mir unten in der Cafeteria einen Kaffee. Bei meiner Rückkehr saß sie aufrecht im Bett, vor sich einen kleinen Plastikbecher mit Apfelsaft. Sie sah besser aus und freute sich darauf, mit mir zu reden. Wir unterhielten uns wieder über Bücher. Sie zeigte mir ein Zitat aus dem Band, den sie gerade las, eine Sammlung von Fitzgeralds Briefen:
    Eine Prüfung für außerordentliche Intelligenz ist
die Fähigkeit, zwei gegensätzliche Ideen gleichzeitig
zu verfolgen, ohne darüber verrückt zu werden.
    Es schien ihre große Freude zu bereiten,

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