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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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im Bad hervorragend.
    ***
    Wir standen eine Weile eng umschlungen mitten im Zimmer. Es war der innigste Moment mit Delia, an den ich mich erinnern konnte.
    „Ich bin so froh, dass du wieder da bist. Ich hab mir solche Sorgen gemacht. Allein, in Indien. Wie konnte das nur alles passieren? Ich hab so viel falsch gemacht.“
    „Nein, hast du nicht“, wehrte ich ab.
    „Ich allein bin an allem schuld. Ich …“ Ich löste mich von Delia. Sie sah mich an.
    „Du bist braun geworden und …“
    Vielleicht wollte sie „schön“ sagen. Aber stattdessen sagte sie:
    „Was ist da im Bad. Der Wasserhahn …“
    „Nichts, ich hatte mir gerade die Hände gewaschen.“
    Ich eilte zum Waschbecken, um den Wasserhahn auszumachen und hörte, wie Delia in der Stube die Scherben der großen Terrakotta-Töpfe einsammelte.
    „Ich hab aus Versehen das Fenster im Bad und vom Balkon aufgemacht und dann gab es einen …“ Durchzug wollte ich sagen, als ich wieder ins Zimmer kam. Natürlich war das unglaubwürdig. Solche schweren Kübel fielen nicht von einem Durchzug einfach so vom Fenstersims. Aber Delia würde dem keine Beachtung schenken. Vor mir stand jedoch Gregor und sah mich ungläubig an. Am liebsten wäre ich ihm auch um den Hals gefallen, auch wenn ich das noch nie getan hatte. Aber etwas in seiner Haltung hielt mich ab.
    „Kira, was machst du denn hier?!“
    Er war ziemlich perplex. Das war an der Situation gemessen auch kein Wunder. Trotzdem schwang etwas in seiner Stimme mit, dass es seine Ordnung gehabt hätte, wäre ich nicht hier. Und dass mein Hiersein nichts Gutes bedeuten konnte.
    „Ich … bin zurück. Ich … Es tut mir alles so leid. Ich … war einfach so verzweifelt. Aber jetzt geht es mir wieder gut. Wirklich.“
    „Ja, schau nur, wie braun sie ist. Sie sieht … gesund aus!“ Delia zögerte einen Moment, aber dann flüsterte sie anerkennend:
    „Richtig schön. Unsere Tochter ist eine Schönheit.“
    Delia hatte sich überwunden. Es gab für sie als alterndes Model nichts Schwereres, als die Schönheit von jemand anders anzuerkennen. Das hatte ich schon ein paar Mal beobachtet. Aber ihre Freude war so unübersehbar groß und ihr Stolz, dass ich ihre Tochter war, siegte. Im Grunde eine Verlängerung von ihr. Das war was anderes. Ich merkte, wie sich schon wieder abfällige Gedanken über Delia einschlichen, obwohl ich das gerade überhaupt nicht wollte. Wahrscheinlich, weil ich es gewohnt war. In diesem Moment beschloss ich, auf Delia nicht mehr so herabzuschauen. Sie war auch nur ein Mensch mit Fehlern. Aber sie liebte mich. Und darauf kam es an. Und ich wollte mich nicht mehr abschrecken lassen von dem Panzer, den Gregor trug. Ich ging zu ihm hin und umarmte ihn.
    „Ich bin so froh, dass ich wieder zu Hause bin.“
    Gregor stand regungslos da wie eine Laterne. Ich merkte, wie er sich versteifte. Ich konnte kein bisschen erahnen, was in ihm vorging. Seine Antwort auf meine Mail aus Indien war überraschend entspannt gewesen. Jetzt wirkte er auch nicht wütend, aber irgendwie so, als wäre es ihm nicht recht, dass ich zurück war. Wie sollte ich das verstehen? Dann hob er doch seine Arme und klopfte mir väterlich auf den Rücken. Mir kamen schon wieder die Tränen. Er schob mich von sich und sah mich an, musterte mich, als wenn ich zur Kur gewesen war und er sehen wollte, ob sie Erfolge zeigte.
    „Ich … bin auch froh …“
    Er tätschelte auf einmal meine Wange. Das hatte er wirklich noch nie getan. Nebenher irrte sein Blick durch den Raum und blieb bei Delia hängen, die inzwischen mit dem Handfeger Blumenerde auffegte. Aber er sagte nichts dazu.
    „Verrückte Tochter. Sie hat Energie.“ Er lächelte. Ich lächelte zurück, aber wurde das Gefühl nicht los, dass irgendwas nicht stimmte. Oder war er nur durch den Wind, weil ich ihn mitten aus dem Schlaf geholt hatte? Er holte tief Luft:
    „Okay, ich leg mich wieder hin. Ich bin hundemüde und morgen wird ein langer Tag.“
    Das klang fast wie eine Ausrede. Gregor lief die Treppen runter, als hätte er es wirklich eilig, wieder ins Bett zu kommen. Delia schüttete mit der Kehrschaufel ein wenig Erde in einen Kübel, der ganz geblieben war. Ich nahm ihr die Schaufel ab.
    „Ich mach das schon.“
    „Ach, Kira, ich bin ja so froh“, sagte sie noch einmal und lächelte mich an.
    Ich hätte niemals gedacht, dass sie mich so vermissen würde. „Kannst du bei mir schlafen?“, fragte ich sie. Sie freute sich sichtlich über meinen Vorschlag. Sie war

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