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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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Vater erklärt? Ich hasste sie. Ein dunkler Gedanke zog auf. Warum tötete ich sie nicht einfach? Man würde mir nichts nachweisen können. Es würde keine Spuren geben. Die Idee machte theoretisch Sinn und würde in jedem Krimi oder Thriller an der Stelle umgesetzt werden. Aber ich konnte niemanden umbringen, auch nicht Minchin. Ich hockte mich zu Tim, ganz dicht, vor sein Gesicht, strich ihm mit meiner nicht vorhandenen Hand über die Stirn, horchte … und erfuhr, dass gerade etwas wunderbares passierte. Tim träumte von mir. Er träumte von mir und ich konnte sehen, wie wir in seinem Traum durch einen klaren Fluss schwammen. Hand in Hand. Plötzlich riss uns etwas auseinander. Tim sah mich nicht mehr, tauchte auf und wieder unter und rief verzweifelt nach mir. Ich beobachtete seinen Traum und sprach in Gedanken zu ihm, dass ich bei ihm war und dass wir uns wiederfinden würden. Tim schwamm an der Oberfläche, schaute in den Himmel und lauschte. Er konnte mich in seinem Traum hören! Es war wie ein neuer Weg, der sich offenbarte. Wir konnten in Tims Träumen zusammen sein, ohne das Minchin es bemerkte. Ich sah, wie sich Tims Augäpfel schnell unter den geschlossenen Lidern bewegten. Sein Mund formte ein Wort, meinen Namen. Für diesen Moment vergaß ich alles und war einfach nur glücklich.
    Plötzlich verschwand das Mondlicht aus dem Zimmer. Zuerst roch ich es. Einen Augenblick später zog eine dunkle Qualmwolke vor der Fensterscheibe auf. Einer von ihnen war zurück gekommen und hielt Ausschau nach mir. Wahrscheinlich hatten sie sich aufgeteilt und schoben Wache. Mit Sicherheit war es Leo, der vor Tims Fenster hockte und seinen guten Duft gegen diesen bestialischen Gestank eingetauscht hatte, Oh Mann. Tim und Minchin schliefen ruhig weiter und atmeten regelmäßig. Wie es aussah, nahmen sie diesen Geruch gar nicht wahr. Ich durfte jetzt keine Angst haben, musste konzentriert bleiben, tief versunken im Zustand der Meditation. Ich dachte an Luisa, ganz fest und genau … und befand mich augenblicklich am Fußende ihres Bettes wieder.
     
    Von Luisa guckte nur der Kopf unter der Bettdecke hervor. Sie schlief friedlich und sah irgendwie erwachsener aus. Obwohl es nur einige Wochen her war, dass wir uns nicht gesehen hatten, kam es mir vor, als wäre es eine Ewigkeit. Wenn ich ihr doch nur sagen könnte, dass ich vor ihr stand! Für einen Moment war ich versucht, meine Gestalt wieder zu erlangen und sie zu wecken. Aber ich wusste ja, dass das absolut unvernünftig war. Jeden Moment konnte ein Schatten vor dem Fenster auftauchen. Vielleicht würde es in ein paar Wochen gehen, wenn sie mich aufgegeben hatten oder woanders suchten, meine Freunde nicht mehr rundum bewachten. Plötzlich sagte jemand meinen Namen. Ich fuhr herum.
    Kira, du bist hier. Du musst weg, sofort. Sie suchen dich.
    Luisas Vater stand in der Tür und sah mich an. Oh je. Wurde ich wieder sichtbar? Ich sah an mir herunter … und sah nichts. Ich war nicht da, aber er schaute mich an und redete mit mir!
    Ich entdeckte, dass sich seine Lippen gar nicht bewegt hatten. Nein, seine Stimme war in meinem Kopf. Er hatte mittels Gedanken mit mir gesprochen. Luisas Vater! Dafür gab es nur eine Erklärung: Luisas Vater war einer von uns. Deshalb war er so gelassen gewesen wegen meiner Flucht nach Indien! Sein Element musste Äther sein, wenn er mittels Gedanken kommunizieren konnte. Und die pragmatische Luisa hatte nicht die geringste Ahnung! Ich stand da und starrte ihn an.
    „Nimm einen Ort, den sie nicht kennen. Jetzt!“, befahl er mir, während er an mir vorbei ging, als wäre ich nicht da und sich zu Luisa hinunter beugte, als wolle er nur nach seinem schlafenden Kind sehen. Im selben Moment verstand ich, warum er sich so verhielt. Ein dunkler Rauchfaden hing plötzlich vor dem Fenster, aber verschwand sofort wieder, wahrscheinlich weil er Luisas Vater im Zimmer entdeckt hatte. Jemand hatte hier Stellung bezogen, genau wie bei Tim. Jerome oder Igor.
    Luisas Vater verließ den Raum, ohne mich weiter zu beachten. Ich versuchte, mir einen sicheren Ort vorzustellen und NICHT an meine Dachmansarde zu Hause denken, wo ich eigentlich als nächstes hin wollte. Sie hatten überall Wache bezogen und mit Sicherheit an erster Stelle dort. Aber der Wunsch, nach Hause zu gehen, war alles beherrschend. Dadurch, dass ich versuchte, ihn wegzudrücken und verzweifelt darum rang, an irgendwas anderes zu denken, wurde er nur noch stärker. Das Bild meines Zimmers, in dem

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