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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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ich die letzten zehn Jahre meines Lebens verbracht hatte, wurde mit jedem Bruchteil einer Sekunde plastischer und ließ sich nicht durch ein anderes ersetzen, und schon fand ich mich vor meinem Regal mit all meinen Lieblingsbüchern wieder.
    Mein Bett war ordentlich gemacht, obwohl ich es so nicht verlassen hatte. Auf dem Schreibtisch stand mein Laptop mit dem leicht demolierten Bildschirm. Die Vorhänge waren zurück gezogen und das warme Licht der Straßenlaterne schien herein. Es roch so, wie es zu Hause roch. Eine Mischung aus Holz, Delias Parfüm und Espresso. Die Vertrautheit haute mich um. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich sank vor meinem Bett auf die Knie. Ich war zu Hause. Ich war wieder hier. Nichts hatte sich verändert. Mir wurde klar, wie sehr ich es vermisst hatte, wie viele gute Emotionen ich daran gebunden hatte, obwohl ich doch immer nur darauf herumhackte. Ich strich mit meinen nicht sichtbaren Armen über die rote Wolldecke. Ich wollte weinen, aber ich musste mich ja konzentrieren, um nicht aus meinem Zustand zu fallen.
    Ich sah um mich. Niemand war hier, auch nicht vor dem Fenster. Ich versuchte weiter, die Sache mit Luisas Vater zusammen zu setzen. Warum wusste er, was die Schatten bedeuteten? Einer von ihnen konnte er nicht sein. Sonst hätte er mich nicht gewarnt. Also musste er sein Wissen aus einer anderen Quelle haben. Natürlich, auch er war zu der Versammlung an der magischen Akademie gekommen, weil ein Mensch lebendig die Durchgänge passiert hatte und hatte dabei erfahren, dass es sich um Tim handelte. Und jetzt, nach Tims Flucht, musste er ihn bereits aufgesucht und mit ihm gesprochen haben. Nur so ließ sich alles erklären. Jerome kannte Luisas Vater, weil er jeden an der magischen Akademie kannte. Gerade deshalb würde er vorsichtig sein. Die Schatten zeigten sich nicht normalen Menschen. Aber noch mehr mussten sie auf der Hut vor Leuten sein, die der magischen Welt angehörten. Das war mir jetzt klar.
    Oder würden Jerome und seine Leute unter gegebenen Umständen keine Rücksicht mehr nehmen? Es war nicht wirklich zu befürchten. Dafür war es zu früh. Jerome würde sich nicht verraten, solange er mich nicht auf seiner Seite hatte.
    Ich atmete den Duft meiner Bettwäsche ein. Ich wollte hier bleiben. Ich musste nur immer jemanden in meiner Nähe haben. Dann konnte mir doch nichts passieren! Nein, ich würde nicht nach Indien gehen. Was sollte das alles?! Ich blieb zu Hause. Einfach so. Und dann würde ich sehen, was passierte. Es würden sich Lösungen finden. Ich wollte nicht mehr weglaufen, nichts besonderes sein, Jerome musste das begreifen. Vielleicht musste ich ihm das nur mit Nachdruck klar machen. Warum sollte ich ihm nicht auch von Clarissa erzählen, ihrer Wandlung und wie alles wirklich war?! Alles schien mir auf einmal ganz einfach. Ich brauchte nur zu Hause bleiben, bei Delia und Gregor, weiter nichts.
    Ich richtete mich auf. Ich war immer noch allein. Irgendwo in der hintersten Ecke meines Gehirns regte sich Misstrauen: Warum bewachten sie nicht mein Zuhause? Aber ich hörte nicht darauf. Ich unternahm die nötigen Schritte, um aus meiner meditativen Konzentration zu erwachen. Hoffentlich klappte es ohne größere Probleme. Ich war emotional zu aufgelöst. Ich wollte weinen, ganz viel weinen, aber das durfte ich jetzt nicht, noch nicht. Ich befahl den Elementen, sich wieder zu vereinen und mich zu materialisieren, den normalen physikalischen Gesetzten wieder ihren Lauf zu lassen und den Stau aufzuheben. Ich musste mich beherrschen, sie nicht zur Eile zu drängen. Ich musste Nachdruck in meine Konzentration legen, der keinen Widerspruch duldete. So hatte es auch bei unserer Flucht aus dem grünen Gefängnis funktioniert.
    Mein Wiedererscheinen war zwar holprig, aber die Elemente gehorchten mir. Ein paar Blumentöpfe knallten von den Festerbrettern und machten einen mörderischen Lärm in der stillen Wohnung. Meine Nachttischlampe ging ein paar Mal an und aus. Die Deckenlampe schwankte, als wäre es draußen stürmisch und jemand hätte das Fenster aufgelassen. Dann fing der Wasserhahn im Badezimmer wie wild an zu fließen und machte ziemlichen Krach. Ich war wieder da. In meiner Zimmertür stand Delia und starrte mich ungläubig an.
    „Kira!“, rief sie und stürzte auf mich los. Ich sprang ebenfalls auf und fiel in ihre Arme.
    „Mama.“

Diesmal kam es aus tiefsten und ehrlichen Herzen. Tränen rannen mir über die Wangen. Dazu passte der strömende Wasserhahn

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