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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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Rauch. Widerwillig sog ich seinen Duft ein. Ohne dass ich es wollte, standen sofort die schönen Stunden vor mir, die ich mit ihm erlebt hatte. Leo war ein guter Typ, der sich mit den falschen zusammen getan hatte, das spürte ich immer wieder. Aber es war nicht das, was ich gerade spüren wollte. In diesem Augenblick gehörte er zu meinen Feinden. Und er war stark. Ich schaffte es nicht, mich aus seinem Griff zu befreien. Einer Blitzidee folgend, probierte ich eine durch und durch menschliche Strategie, und sie war erfolgreich. Ich presste meine Lippen auf Leos Lippen. Er war so überrascht, dass er ein wenig locker ließ. Als er begann, meinen Kuss zu erwidern, biss ich ihm mit aller Kraft in die Oberlippe. Er brüllte wie ein verletztes Tier und ich riss mich los.
    „Niemand fasst mich an! Kapiert?!“
     
    Leo fielen die Strähnen wild in die Augen. Ich stopfte mir meine unwirsch hinter die Ohren und nahm Angriffshaltung ein. Leos Gesicht war ein Mix aus Schmerz, tiefer Verletzung und Wut. Jerome griff nach seinem Arm und hielt ihn fest. Er hatte derweil den Wasserfall aus dem kaputten Rohr zum Stillstand gebracht, keine Ahnung wie, und wirkte erstaunlich gelassen. Durch die Scheibe sah ich, wie Neve sich um Delia kümmerte, die ohnmächtig am Boden lag. Ich war froh über Delias Ohnmacht.
    „Kira. Ich weiß, ich bin dir eine Erklärung schuldig“, sagte Jerome mit einem betont ruhigen und bestimmten Ton.
    „Eine Erklärung. Ihr seid mir ganze Kataloge mit Erklärungen schuldig. Alle!“
    Ich hatte kein Interesse daran, „ruhig“ zu sein, aber kam mir auch ein wenig lächerlich vor. Ich beherrschte die Elemente noch nicht vollständig und spürte, dass ich gegen drei Leute vom magischen Bund nicht viel ausrichten konnte. Später vielleicht, aber nicht jetzt. Jetzt fühlte ich mich unter den Blicken von Jerome schwer wie Blei und wusste, dass er mich mit seiner Kraft daran hinderte, einfach zu verschwinden.
    „Also gut.“
    Ich ließ mich im Schneidersitz auf dem verkohlten Teppich nieder. Mein Vater lehnte mit verschränkten Armen an der Wand und versuchte, ein chefmäßiges Gesicht aufzusetzen. Neben Jerome und sogar neben Leo wirkte er jedoch klein und machtlos. Igor hatte sich vor der Terrassentür platziert. Im Flur versperrte Delia den Weg. Die Fluchtwege waren also gesichert.
    Leo blieb stehen und lutschte immer noch auf seiner blutenden Lippe herum. Jerome setzte sich mir gegenüber und schlug den belehrenden Ton eines Lehrers an, der einem ungezogenen Kind etwas klarzumachen versucht:
    „Kira, ich verstehe, dass du verwirrt bist. Dass es schwer ist für dich, in der neuen Welt anzukommen. Dass du Heimweh hast. Aber du musst deinen Weg gehen. Und du wirst deinen Weg gehen. Und um dich vor dir selbst und deiner Verwirrung zu schützen, werden wir auf dich aufpassen, bis du dich wieder stabilisiert hast.“
    Ich zerpflückte die verkohlten Teppichfransen vor mir, um meine innere Spannung im Zaum zu halten und antwortete:
    „Ich weiß, was du willst. Du willst MACHT. Und du kannst sie nur haben, durch mich. Für wie viel hat mich dieser Mann da, der sich mein Vater schimpft, verschachert, Hm? Sag’s mir. Vorher gehe ich nirgendwo hin. Ich habe ein Recht darauf, es zu erfahren.“
    Ich wies auf die mit Hauslatschen bestückten Füße von Gregor und würdigte ihn ansonsten keines Blickes.
    „Er hat dich nicht verschachert. Du verstehst das alles völlig falsch.“
    Jerome, der jetzt wie ein Therapeut klang, machte mich mit seinem überlegenen Ton rasend.
    „Ich verstehe mehr, als du denkst. Viel mehr.“
    „Er hat sich um dich gekümmert, dich großgezogen, dir ein gutes Leben ermöglicht, durch mich erfahren, was mit dir los ist und mit mir gemeinsam versucht, dich vor den Gesetzen an der Akademie zu bewahren.“
    Ich sprang auf.
    „Du lügst! Ich habe euer Gespräch belauscht. Ihr macht irgendwelche dunklen Geschäfte zusammen. Und dafür braucht ihr mich. Wenn’s sein muss, mit Gewalt.“
    Jerome blieb weiter ganz ruhig. Er schaffte es, mich damit zu verunsichern. Vielleicht hatte ich ja wirklich alles falsch verstanden?
    „Niemand hat je von dunklen Geschäften gesprochen. Wie kommst du darauf? Kira, der Rat sucht dich! Noch habe ich ihr Vertrauen. Die Zeit müssen wir nutzen, um dich zu verstecken. Im magischen Bund gibt es Leute, die dich fertig ausbilden können. Du hast in der realen Welt noch keine verlässliche Macht über deine Kräfte. Du hast keine Wahl.“
    „Ich werde keine

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