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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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als ich hörte, wie sich draußen die Tür zum Arbeitszimmer öffnete. Neve fing mit einer Hand die zerbrochenen Scherben auf. Sie schnitten in ihre Hand, aber sie blutete nicht. Wir vernahmen Gregors Schritte auf dem Flur und hielten den Atem an. Aber er ging vorbei und schien nichts gehört zu haben. Kurze Zeit später brodelte die Espressomaschine. Er machte sich einen Kaffee.
    Ich versuchte, ruhig zu bleiben. Neve legte die Scherben auf den Boden und packte mich erstaunlich fest an den Schultern.
    „Du schaffst das noch mal, dich unsichtbar zu machen. Konzentrier dich. Wir müssen hier weg. Sofort! Wir treffen uns in deiner Kneipe wieder. Das ist ein sicherer Ort. Zumal du sonst Fragen aufwirfst bei dem Inhaber. Sobald er aufwacht, spazierst du dort ganz normal raus und ich bringe dich zu meinen Freunden. Sie wohnen ganz in der Nähe. Dort wird dich niemand vermuten.“
    Was Neve vorschlug, war das einzig Vernünftige. Ich versuchte, mich zu konzentrieren, aber ich konnte nicht. Meine Verzweiflung wegen Gregors Hochverrat ging mit mir durch. Niemand würde mich als sein Werkzeug benutzen. NIEMAND! Ehe Neve irgendwas unternehmen konnte, stürmte ich aus unserem Versteck.
     
    Ich baute mich vor Gregor auf, der gerade einen Löffel Zucker in seinen noblen Kaffee tat, mich erschrocken ansah und die Hälfte verschüttete. Ich bebte. Ich loderte. Ich merkte, wie kleine Flammen über meine Haut züngelten. Ich hieb auf die Tischplatte und alles flog auf die Fliesen. Eine der mächtigen Glasscheiben, die den Blick auf Terrasse und Himmel freigaben, bekam einen Sprung. Der Wasserhahn über dem Spülbecken riss ab, knallte gegen eine Barlampe und zertrümmerte die Glasschüssel, die darunter stand. Wasser spritzte in den Raum wie bei einem Rohrbruch. Es gab kein Halten mehr. Er wusste eh längst über alles Bescheid. Gregor hielt schützend die Arme vor sein Gesicht. Ich hatte ihn noch nie so hilflos gesehen und auch noch nie ängstlich. Er hatte Angst vor mir. Das tat unerhört gut.
    „Was für ein Spiel wird hier gespielt! Ich will eine Antwort!“, donnerte ich ihn an.
    Das Wasser strömte über den Fussboden und sammelte sich unter dem Teppich.
    „Kira, hör sofort auf mit dem Theater!“, brüllte Gregor. Aber ich konnte nur lachen.
    „Theater? Ich spiele kein Theater. Wer hier die ganze Zeit Theater spielt, das bist du!!“
    Auf einmal musste ich würgen. Ozeane von Tränen drängten heran. Der Mann da war mein Vater. Was machte er mit mir?
    „Ich bin kein Gegenstand, kein Ding, dass man verschachern kann, mit dem man machen kann, was man will! Ich verlange eine Erklärung. Für alles! Auf der Stelle!“
    Zwei Türen von den Hängeschränken krachten herunter. Spätestens jetzt war Delia wach.
    „Stopp das Chaos hier und ich werde dir alles erklären.“
    Gregor war inzwischen klitschnass. Der teure Teppich kokelte vor sich hin. Einer der Designerstühle fing Feuer. Es war mir eine tiefe Freude. Gleichzeitig fühlte ich mich unheimlich elend. Vor einigen Minuten war es noch das höchste Glück, wieder zu Hause zu sein. Und jetzt hatten sich alle Ahnungen zu einem üblen Knoten Gewissheit zusammengeballt und kulminierten in einer mächtigen Welle bitterster Enttäuschung. Ich hörte Delia die Treppe herunter tippeln und einen hysterischen Schrei ausstoßen. Erst wegen dem Inferno in ihrer Wohnstube, dann wegen Neve, die durchscheinend wie ein echter Engel hinter der Verglasung zum Flur stand und alles mit Entsetzen, aber ohne einzugreifen mit ansah.
    Gregor versuchte, sich seiner Autorität zu besinnen und stürmte auf mich los. Es war mir ein Leichtes, ihn im Zaum zu halten. Ich fauchte ihm einen eisigen Windzug entgegen, der ihm kleine Eiskristalle auf die Wangen zauberte. Schmerzverzerrt hielt er sich das Gesicht.
    „Tja, was machst du nun mit dem Monster, das du hochgezüchtet und verkauft hast, hm?! Ich verachte dich. Und ich will dich nie wieder sehen. Niemand wird mich als Werkzeug benutzen. Auch nicht mein Vater. Vater! – was für eine unpassende Bezeichnung. Niemand, der so etwas tut wie du, sollte sich so nennen dürfen!“
    Das Chaos war perfekt. Ich wollte mich abwenden und mit Neve verschwinden. Doch zu spät. Sie versperrten mir den Weg: Drei Rauchsäulen, die sich im Handumdrehen materialisierten. Jerome, Leonard und Igor.
    Ich konzentrierte mich auf mein Verschwinden, aber mir fehlte die Zeit. Leo sprang auf mich zu und umklammerte mich mit einem eisernen Griff. Der Gestank verschwand mit dem

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