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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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richtete, war er gerade dabei gewesen, die Filter auf der realen Seite der Welt ausfindig zu machen und zu zerstören. Ich begriff, wie kopflos meine Aktion gewesen war, weil sie nur Chaos über die Stadt brachte und das eigentliche Problem nicht im Ansatz löste. Luisas Nachforschungen in den Akten, die sie sich von Gregors Sekretärin bringen ließ, hatten bereits ergeben, dass irgendwas mit den Filtern nicht stimmte.
    „Was weiß Luisa inzwischen?“, wollte ich wissen.
    „Nichts. Sie weiß immer noch nichts. Alles, was mit einer magischen Welt in Zusammenhang stehen könnte, habe ich für mich behalten. Es hätte nur Streit gegeben.“
    Ich erzählte Tim, dass ihr Vater auch zur magischen Welt gehörte. Tim machte große Augen.
    „Das wird ein Schock für sie sein. Sie wird nichts davon glauben, solange sie es nicht gesehen hat“, überlegte er.
    „Sie wird es nicht sehen“, gab ich zurück. Ich wollte nur noch eins. Dass die Dinge wieder ins Gleichgewicht kamen beziehungsweise dass niemand mehr versuchte, sie aus den Fugen zu bringen. Menschen, die den Zugang zur magischen Welt hatten, würden damit auch umgehen können. Und Menschen, die ihn nicht hatten, würden nie Verständnis aufbringen. Es war, als würde jemand mit seiner Religion jemand anders mit einer anderen Religion zwingen, sie auszuüben. Es wäre immer nur ein Akt der Gewalt und des Zwangs, denn die Menschen waren unterschiedlich, lebten in verschiedenen Universen. Und das war gut so. Es stellte eine Ausgewogenheit her. Es machte die Welt vielfältig und lebendig. Es gab kein Richtig und kein Falsch . Ich verstand, warum Luisas Vater seiner Tochter nichts von der magischen Welt erzählte. Und ich verstand, warum Tim davon erfahren konnte, auch wenn er selbst keine magischen Fähigkeiten besaß. Ich verstand diese Dinge alle auf einmal und bereute zutiefst, dass ich dafür zuerst so folgenschwere Fehler begehen musste. Genau wie Clarissa. Genau wie meine Mutter. Ich bemerkte, dass Neve mich beobachtete und mir mal wieder in mein Herz sah:
    „Kira, du wirst nicht wie Alexander und Clarissa. Klar, du bist heute ausgeflippt. Aber das ist nicht vergleichbar. Clarissa wird noch stolz auf dich sein, glaub mir. Und sie wird dich verstehen, wo auch immer sie jetzt ist.“
    Neves Worte taten so gut. Ich sah verlegen zu Boden. Ich bereute, dass ich immer wieder an ihr gezweifelt hatte. Ich reckte mich ein wenig und rieb mein Gesicht, als müsste ich die Reste eines falschen Gesichtes noch los werden.
    „Was wirst du jetzt tun?“ In Neves Frage lag ein wenig Sorge. Ich antwortete nicht gleich. Am liebsten hätte ich zuerst die Sache mit Minchin gelöst. Sie hatte sich schlimme Dinge zuschulden kommen lassen. Sie musste bestraft werden. Ich hoffte irgendwie, dass sich dadurch ein Weg fand, Tim frei zu bekommen. Tim, in dessen Arm ich jetzt saß, in einem Wald mit warmen Wolken, als wären wir irgendwo in einem Ferienlager und dachten uns im Nebel fantastische Geschichten aus. Aber ich hatte ebenfalls Fehler gemacht, große Fehler. Vielleicht sollte ich wie geplant untertauchen Ich hob eine Handvoll Tannennadeln auf und ließ sie von der einen in die andere Hand rieseln. Nein, untertauchen wollte ich nicht. Ich wollte klare Verhältnisse. Ich wollte Verantwortung übernehmen für das, was ich war und was ich getan hatte. Ich war bereit, für meine Fehler einzustehen. Ich sah Neve an und versuchte, so viel Festigkeit wie möglich in meinen Blick zu legen.
    „Ich werde … vor den Rat treten.“
    Neve wirkte erleichtert und lächelte mich an.
    „Das hatte ich gehofft.“
    Ich war erleichtert. Neve bestätigte, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Ich hatte einiges wieder gut zu machen. Und dann würde ich das Richtige tun, etwas, worauf meine Mutter stolz sein konnte:
    „Vielleicht könnte ich heilen, so wie dieser Arzt im 18.Jahrhundert …“,
    überlegte ich laut.
    „Oh, ich bin sicher, dass du das könntest. Ich sehe es schon lange vor mir.“
    „Tatsächlich?!“
    Auf einmal spürte ich die tiefe Gewissheit, dass genau das meine Aufgabe war. Dass ich gut sein würde als Ärztin, mit meiner Begabung vielleicht sogar außergewöhnlich, sobald ich an der magischen Akademie fertig ausgebildet war.
    „Ich bin mir sicher“, bekräftigte Neve.
    Von Ferne drang das Heulen von Sirenen in mein Bewusstsein. Innere Bilder zogen an mir vorbei, wie die Friedrichstraße voller Scherben lag und die Büros der Aufbereitungsanlage unter Wasser

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