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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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hatten sich aufgeteilt und Menschen vor dem Schlimmsten bewahrt. Natürlich war ihnen klar gewesen, was ich vorhaben würde. Ihnen war es nicht gelungen, mich aufzuhalten, aber sie hatten sofort hinter mir aufgeräumt.
    Inzwischen kursierten wilde Theorien, warum es ausgerechnet den Chef von H2Optimal so schwer getroffen hatte. Verschwörungstheoretiker liefen im Internet auf Hochtouren. Aber es gab nichts, womit man ihre Thesen auf feste Füße stellen konnte. Niemand war in der Lage, Stürme und Erdbeben auf Bestellung zu erzeugen. Nur ein paar Esoteriker gingen einige Schritte weiter und sprachen von Leuten mit magischen Fähigkeiten, von Gestaltwandlern und Lykanthropen, aber niemand nahm sie ernst. Geologen erforschten eifrig die mögliche Verschiebung von tektonischen Platten in Europa, bisher ohne Ergebnis.
    Das Eigentumsloft von Delia und Gregor war nicht mehr bewohnbar. Wahrscheinlich waren sie in einem Hotel untergekommen und würden sich erst mal eine Wohnung mieten. Ich wusste nicht, ob und wann ich die Leute, die mich aufgezogen hatten, wiedersehen wollte. Ihre Motive ergaben ein kompliziertes Gemisch aus Egoismus und Liebe, die vielleicht trotzdem gewachsen war, aber das interessierte mich derzeit reichlich wenig. Ranja riet mir, alles erst mal ruhen zu lassen. Die Zeit würde dafür sorgen, dass der aufgewühlte Sand sich setzte und die klaren Konturen der Wahrheit zum Vorschein kamen. Sie hatte recht, abgesehen davon, dass ich kein bisschen Kraft verspürte, weiter in irgendwelchen Wunden zu bohren.
    Ich war mit Sulannia durch den Wasserdurchgang geschwommen, während die anderen Mitglieder ihre eigenen Durchgänge nutzten. Das Wasser war trübe gewesen, man konnte seine Hand vor Augen nicht sehen. Nirgends trafen wir eine Undine. Das Ganze musste mit der Zerstörung der Anlage zu tun haben.
    „Und alles ist meine Schuld“, flüsterte ich reumütig.
    Sulannia ging auf die Selbstanklage nicht ein.
    „Sie kümmern sich drum“, sagte sie nur. Die Spitzen Ihrer langen Haare verschwammen am Ende mit dem Wasser.
    Trocken und unversehrt stiegen wir aus dem magischen See und liefen schweigend in Richtung Akademie. Es tat gut, wieder in dieser farbintensiven und friedlichen Welt zu sein. Die verbliebenen drei Mitglieder des Rates hatten sich bereits um das blaue Feuer auf der Wiese versammelt, als wir eintrafen.
    Ich erwartete schwere Vorwürfe, aber zuerst trat Ranja auf mich zu und nahm mich in ihren Arm. Ich sog ihren mittelalterlichen Duft aus Weihrauch und Räucherstäbchen ein. Sie drückte mich fest an sich, als wollte sie meine großen Verluste auf sich nehmen und unschädlich machen. Ich kämpfte gegen aufsteigende Tränen. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Kim die Augen verdrehte und die Luft verächtlich durch die Nase sog. Ranja ließ mich wieder los, hielt mich für einige Augenblicke fest an den Schultern und lächelte mich an. Dann setzte sie sich und wies mir einen Platz neben sich zu.
    Jolly fixierte mich mit seinen stechenden, schwarzen Augen. Sulannias Miene blieb unbewegt und undurchschaubar. Sie sprach mit sachlicher Stimme wie eine Nachrichtensprecherin. Zuerst zählte sie alles auf, was ich falsch gemacht hatte, meine Wutausbrüche in der magischen Welt, dann die Dinge, die ich dem Rat hätte berichten müssen, die ich aber für mich behalten hatte. Ich hatte verschwiegen, dass ich Kräfte besaß, die mehrere Elemente betrafen und dass ich über Pio mit einem Geist kommunizierte, der mich in die magische Welt geholt hatte. Ich hatte eigenmächtig in Bezug auf Tim gehandelt. Ich war unerlaubt aus der magischen Welt ausgebrochen und ich hatte in Berlin ein schlimmes Chaos angerichtet.
    „Das ist wie mit Außerirdischen, verstehst du das denn nicht?!“, platzte Kim mitten in die Aufzählung von Sulannia: „Sobald einer auf den Trichter kommt, dass da mehr hinter steckt als ein ungewöhnliches Erdbeben, dass die „Außerirdischen“ nicht in den Tiefen des Alls lauern, sondern unter ihnen sind, stehen plötzlich Panzer an den Durchgängen. So sind gewöhnliche Menschen. Sie zerhacken blindwütig den Ast, auf dem sie stehen. Das muss doch jedem Kind klar sein!“
    „Beruhige dich, Kim“, befahl Jolly mit seiner schnarrenden Stimme.
    „Sie hat ja völlig recht“, gab ich dazu.
    „Und Selbstanklage hilft auch nicht weiter. Damit versucht der Betroffene nur Milde zu erzielen“, fuhr Jolly mich an. Ich zuckte zusammen. Es traf mich, was er sagte, weil ich nicht so empfand. Aber es

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