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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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es mit meiner Wüterei nur noch schlimmer gemacht. Ich begann die Kühle des Waldbodens unter mir zu spüren. Die Baumwipfel über mir standen still. Der Sturm war vorbei. Ich hörte nichts. Allerdings auch kein Vogelzwitschern. Der Absturz hatte mich zur Ruhe gebracht. Ich spürte etwas Kühles an meiner Hand. Eine andere Hand, die nach mir griff. Die Hand von Tim. Ich drehte den Kopf und sah ihn neben mir. Sein Gesicht war zerschrammt und etwas blutverschmiert, aber er versuchte, mich anzulächeln. Auf einmal löste sich der mächtige Propf in mir, der alles verstopfte. Jetzt kamen die Sturzbäche von innen und wollten raus. Ich begann hemmungslos zu weinen, ohne dass ich irgendwas dagegen tun konnte. Es gelang mir, mich aufzurichten. Ich hockte im Schneidersitz auf dem Boden, den Kopf zwischen den Knien und ließ den Tränen ihren Lauf. Ich spürte eine Hand auf meiner Schulter. Aber ich konnte nicht darauf reagieren. Ich konnte nur weinen.
    „Lass sie“, hörte ich Neve. „Es wird sie befreien. Zeig mal deine Schrammen her. Sie müssen sauber gemacht werden. Mit dem Taucheranzug hattest du Glück. Der hat einiges abgefangen.“
    „Taugt also auch zum Fliegen“, antwortete Tim. Seine Stimme klang recht gesund. Ich weinte nur noch mehr.
     
    Irgendwann waren die Tränen alle, das anbrandende Meer in mir versiegt. Seine bleierne Schwere verschwand. Ich fühlte mich unendlich erleichtert und war gleichzeitig unendlich erschöpft. Der Himmel über mir hatte sich beruhigt und zeigte ein blasses Blau. Tim und Neve saßen mir gegenüber an einen Baum gelehnt. Die Wolkenschwaden, die Neve erzeugt hatte, umgaben uns immer noch und wärmten. In Wirklichkeit waren es sicher nicht mehr als fünf Grad.
    Tim erhob sich. Seine Knochen waren alle heil. Dank Neve. Ich hatte ihr so viel zu verdanken. Mein Leben, schon drei Mal. Und das von Tim. Wie hatte sie Kim abgeschüttelt?
    Tim hockte sich zu mir und nahm mich in seinen Arm. Es fühlte sich so gut an. Hier war der richtige Platz für mich auf der Welt. Die Welt lag in Trümmern. Trotzdem war ich mir auf einmal sicher, dass wir Lösungen finden würden, für alles. Wirkliche Lösungen. Ich wusste nicht, wo ich meinen neuen Optimismus hernahm. Vielleicht war es Tims Hoffnung, die auf mich über ging.
    Neve hatte ihm erzählt, was passiert war. Er wusste Bescheid, über Gregor, über Jerome und meine Mutter. Ich sah noch einmal vor mir, wie er plötzlich mitten in dem ganzen Inferno im Taucheranzug an der Feuerleiter aufgetaucht war.
    „Warum warst du da?“, fragte ich ihn.
    Was er mir jetzt eröffnete, waren die letzten Puzzleteile, die noch fehlten. Tim hatte herausgefunden, dass Gregor und Jerome in Geschäfte verwickelt waren, die nichts mit mir zu tun hatten. Sie steckten gemeinsam hinter der Verschmutzung der magischen Wasser. Sie waren es, die die Seuche unter den Undinen zu verantworten hatten. Natürlich gab es auch bei H2Optimal Abfallprodukte. Alles, was an Phosphor, Ammoniakstickstoff und Klärschlamm nicht mit herkömmlichen Technologien herausgefiltert oder kostengünstig zur weiteren Energiegewinnung verwendet werden konnte, wurde einfach in die magischen Gewässer abgeleitet. Mit Hilfe von Jerome und der magischen Welt hatten sie einen Weg dafür gefunden. Gregor verdiente damit ein horrendes Geld und Jerome arbeitete an der Durchlässigkeit des ersten Durchgangs. Doch das war nicht alles. Minchin war in diese Machenschaft verstrickt und Tim war durch sie dahinter gekommen. Jerome hatte ihr versprochen, einen Menschen aufzutreiben, den sie lieben konnte und der sie zum Menschen machen würde. Dafür sollte Minchin die unterirdischen Filtersysteme in den Durchgängen anbringen, unbemerkt von allen. Jerome gab ihr Medikamente, die sie gegen die Giftstoffe immun machten. Ich sah Tim entrüstet an:
    „Sie hat ihr Volk damit dem Untergang geweiht! Wie kann man so skrupellos sein?“
    „Nein, ganz so skrupellos war sie nicht.“ Tim nahm Minchin in Schutz. Ich wusste nicht, ob mir das gefallen sollte, aber ich beschloss, still zu sein und weiter zuzuhören.
    „Man hatte ihr gesagt, dass der eine oder andere krank werden würde wegen der Umstellung. Aber dass Undinen daran starben, war auch für sie ein Schock. Sie plagte sich mit schrecklichen Schuldgefühlen deswegen. Sie bekam mit, dass ich Gregor bereits auf der Spur war, und hat sich mir anvertraut.“
    Deshalb trieb sich Tim an der Aufbereitungsanlage herum. Als ich meinen Rachefeldzug gegen das Werk

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