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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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das Abwasser der Aufbereitungsanlage in den See der Undinen leiteten. Das Volk der Undinen ist Tim außerordentlich dankbar. Dadurch, dass er die Filter auf der Seite der Aufbereitungsanlage zerstört hat, wurden sie im magischen See erkennbar, weil das komplette Wasser von Draußen hineinströmen konnte. Es hat eine andere Farbe, weißt du. Es ist viel blasser. Die Undinen mussten nur die Quelle der Zuflüsse finden und sie schließen.“
    „Oh, das ist wunderbar.“
    Mehr Worte fand ich nicht, obwohl das die beste Nachricht war, die Neve mir eröffnen konnte. Schließlich fiel die Schuld daran wegen Gregor auf mich zurück. Trotzdem fühlte ich mich gleich wieder niedergeschlagen. Wie lange noch würde es mir so schwer fallen, von Dingen zu hören, die mit Tim zu tun hatten? Tim, der zwar keine Superkräfte besaß, aber trotzdem stärker war als ich, weil er seinen Kopf benutzte, während ich bisher nur wild um mich geschlagen hatte. Meine Ängste, zu stark für ihn zu sein, waren immerhin unbegründet. Wenigstens ein kleiner Trost.
    „Gibt es noch kranke Undinen?“, fragte ich sie, um dem Tim-Gedankenkarussell zu entkommen.
    „Ich glaube, ein paar.“
    „Ich muss zu ihnen“, entschied ich spontan. Wenn ich ebenfalls konstruktive Dinge bewirken wollte, dann sollte ich jetzt damit anfangen. Ich durfte meinen Groll auf Minchin nicht auf das ganze Undinen-Volk übertragen.
    „Klingt nach einer guten Idee“, bestätigte Neve und lächelte mich an, als hätte sie schon wieder meine Gedanken gelesen.
    Ja! Ich wollte etwas für die Undinen tun, auch wenn ich noch keinen Schimmer hatte, was. Ich dachte an Sulannia und wie ich ihre Haare wieder in Ordnung gebracht hatte. Ich würde die Undinen besuchen, mich für das Erdbeben entschuldigen … vielleicht etwas über Minchins Familie erfahren. Ob sie überhaupt eine hatte?
    „Wir sind da“, unterbrach Neve meine Gedanken.
    ***
    Vor uns öffnete sich ein kleines Tal, an dem ich noch nie vorbeigekommen war. Das Tal war mit halbstämmigen Bäumchen übersät. Sie waren nur so groß wie Neve oder ich, besaßen recht dünne Stämme und zarte Äste. Ihre Blätter und Blüten oder Früchte leuchteten in den unterschiedlichsten Farben. Jedes dieser Bäumchen war mit einem Ring aus großen sandfarbenen Steinen umlegt und bildete den Mittelpunkt einer Grabstelle. Manche dieser kleinen Beete um den Baumstamm herum, waren mit gepflegtem Gras bewachsen, manche mit Kies gefüllt, andere wieder mit kleinen Steinen. Der Baumstamm trug die Namen und Daten des Verstorbenen. Hin und wieder war auch ein Schild angebracht.
    Mir fielen die kleinen, ganz unterschiedlich gestalteten Holzkästchen auf, von denen jeweils eins im Geäst der Bäumchen ging.
    „Darin befinden sich lose Blätter oder manchmal auch ein ganzes Buch mit der Lebensgeschichte des Verstorbenen“, erklärte mir Neve.
    Es war ein sehr stiller und freundlicher Ort. Er hatte etwas nahezu Paradiesisches. Wir gingen die kleinen, verschlungenen Wege entlang. Auf den Wegen zwischen den Baumgräbern standen Holzbänke in verschiedenen Farben.
    „Kennst du jemanden von ihnen?“, fragte ich Neve. Neve schüttelte den Kopf.
    „Nicht direkt.“
    Ich sah sie fragend an. „Nicht direkt“ war eine seltsame Aussage.
    „Ich bin noch nicht lange genug hier. Und in der magischen Welt sterben die Leute selten. Eher in der realen Welt, aber hin und wieder werden sie hierher gebracht. Wenn ihr Zuhause eigentlich hier ist. Oder …“ Sie machte eine Pause. Ich sah ihr an, dass etwas aus ihr hinaus wollte. Sie zögerte noch, aber dann ließ sie es zu.
    „… Ich möchte auch einmal hier liegen. Neben meiner Oma. Sie hatte keine magischen Fähigkeiten. Aber sie haben sie hier begraben. An diesem wundervollen Ort. Für mich.“
    „Deine Oma, sie ist hier?“
    Ich wusste nicht, worüber ich mehr erstaunt sein sollte: dass Neve mir etwas aus ihrem Leben erzählte oder dass ein ganz normaler Mensch in der magischen Welt begraben lag.
    „Komm, ich zeig es dir.“
    Neve zog mich einige Pfade weiter zu einem kleinen Bäumchen, dessen Stamm und Äste himmelblau waren. An seinen Zweigen öffneten sich gerade unzählige weiße Blüten, die aussahen wie Kirschblüten. Dazwischen hingen bereits grüne Früchte, aber auch dunkelrote, die schon richtig reif waren.
    „Das sieht aus wie ein Kirsch …“
    Neve pflückte ein Kirschenpaar und reichte es mir.
    „Hier, Probier mal. Es sind tatsächlich Sauerkirschen. Sie blühen das ganze Jahr und

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