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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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Er hat uns alle reingelegt. Ich selbst muss mir die größten Vorwürfe machen“, versuchte Ranja, mich zu beschwichtigen.
    Jerome reihte sich nur ein in eine längere Kette von Leuten, die mich tief enttäuscht hatten. Ich wollte nicht über ihn nachdenken. Ich wollte ihn aus meinem Kopf haben. Er war es nicht wert. Trotzdem drängte die Frage in mir, was aus ihm geworden war. Aus ihm und Leo.
    „Ist er …“
    „Wir haben ihn unschädlich gemacht. Er liegt in einem Krankenhaus in Neukölln. Einer unserer Ärzte kümmert sich um ihn. Er hat keine Fähigkeiten mehr … und auch keine Erinnerungen.“
    Es rieselte mir kalt den Rücken hinunter.
    „Und … Leo …“ Ich flüsterte fast.
    „Leo ist hier. Wir haben entschieden, dass er eine weitere Chance bekommen sollte.“
    „Ich halte diese ganzen Fehlentscheidungen nicht mehr aus. Ich werde den Rat verlassen. Und zwar sofort!“, platzte Kim plötzlich dazwischen. Ihre Stimme war viel zu hoch und klang verzweifelt. Sie hatte definitiv nicht für Leos zweite Chance gestimmt. Sie stand auf, drehte sich um und rannte in den Wald.
    Für einen Moment herrschte Stille. Alle starrten ihr hinterher. Nur das blaue Feuer loderte auf und knackte.
    „Sie wird sich wieder einkriegen“, beschloss Ranja.
    „Das wird sie nicht“, war die Meinung von Jolly.
    Sie tat mir leid. Ich fühlte mich schuldig an ihrem Verhalten. War nicht alles, was passierte, auf mein Erscheinen in der magischen Akademie zurückzuführen?
    „Leo hat sie für mich verlassen?“ Diese Frage schoss mir mit einem Mal durch den Kopf und ich kannte im selben Moment die Antwort.
    „Ja, das hat er“, sagte Sulannia. „Jeromes Macht über ihn war bereits zu groß. Allerdings gibt sie dir die Schuld daran, auch, wenn du es nicht bist.“
    „Ich muss mit ihr reden“, überlegte ich.
    „Lass sie erst mal. Das hat Zeit“, hielt Sulannia mich zurück.
    Es piekte, bewiesen zu sehen, dass Leo mich nur aus Berechnung umworben hatte. Sein Wandel im Verhalten mir gegenüber war einfach zu plötzlich gekommen. Nur, um berühmt und mächtig zu sein, hatte er die Frau sitzen lassen, in die er vielleicht wirklich verliebt gewesen war. Vielleicht war er doch kein so guter Typ und Kim lag richtig damit, ihm keine weitere Chance einzuräumen. Aber der Rat hatte anders entschieden und vielleicht war das richtig. Ich war wütend auf ihn, wegen Kim und wegen mir. Ich wusste, wie viele Fehler man machte, wenn man sich ausschließlich von verletzten Gefühlen leiten ließ.
     
    DieOffenbarung, dass der Rat überhaupt nicht nach radikalen Methoden handelte, blieb jedenfalls nicht die letzte Überraschung.
    Der Rat hatte nicht nur beschlossen, dass sie mich in allem ausbilden würden, sondern, dass ich diejenige sein sollte, die nach erfolgreichem Abschluss die freie Stelle von Jerome im Rat übernahm. Der Rat hatte dreistimmig entschieden. Wer seine Stimme verweigert hatte, stellte kein Rätsel dar.
    Ich, in den Rat? Ich fand keine Worte. Das hieß definitiv, ich durfte bleiben. Mir würde nichts passieren. Ich sollte sogar Mitglied des Rates werden. Mein Mund öffnete sich, aber blieb stumm. Sulannia erklärte, dass sie der Hergang der Ereignisse, auch wenn er mit Fehlern gespickt war, zu dieser Entscheidung gebracht hatte. Ich hatte Clarissa vertraut, obwohl ich nicht wusste, wem ich vertrauen konnte. Ich war meiner Intuition gefolgt und hatte den richtigen Weg eingeschlagen, schon lange, bevor ich die wahren Zusammenhänge erkennen konnte. Mein Herz hatte mich geführt und das war das Entscheidende. Der Satz mit dem Herzen kam ausgerechnet von Jolly. Ich würde mich daran gewöhnen müssen, dass er mich immer wieder überraschte. Noch konnte ich mir nicht vorstellen, dass ich mit diesen beeindruckenden Persönlichkeiten bald auf einer Stufe stehen würde. Jetzt musste ich erst recht einen Weg finden, mit Kim klarzukommen.
    Ich fühlte mich unglaublich erleichtert und glücklich. Ich war auf einmal so dankbar. Am liebsten wäre ich jedem um den Hals gefallen. Auch Jolly.
    „Jetzt geh dich ausruhen, Kira.“ Du hast eine harte Ausbildung vor dir. Sie wird länger dauern als eine gewöhnliche Ausbildung. Und später ein anstrengendes Medizinstudium in der realen Welt. Davor musst du noch dein Abitur ablegen.“
    Ranja nahm mich an der Hand und führte mich aus dem Kreis.
    „Danke“, flüsterte ich und sah sie an. Sie umarmte mich noch einmal. Vor meinem inneren Auge erschien Clarissa. Und auch wenn es in Wirklichkeit

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