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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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Ranja war, ich fühlte mich geborgen. Ich hatte eine Familie, eine neue, irgendwie. Mich schockierte auch nicht mehr die Länge meiner Ausbildung. Ich war jetzt hier zu Hause und nicht mehr da draußen. Nur zwei Menschen würden mir sehr fehlen, Tim und Luisa. Am Rande der Bäume stand Neve, in einem himmelblauen Kleid mit bunten Blümchen darauf. Sie wartete auf mich, um mich in mein Zimmer zu bringen. So wie am Anfang. Sie war eine echte Freundin, die im richtigen Moment das Richtige tat. Ich würde es noch eine ganze Weile bereuen, aufgrund meiner Unausgeglichenheit immer wieder an ihr gezweifelt zu haben.
    ***
    Ich schmiegte meine Wange an das kleine, blaue Seidentuch von Tim. Ich durfte nicht mehr nachgrübeln. Ich musste ein wenig schlafen, auch wenn noch so viele Fragen offen waren. Wie ging es den Undinen? Waren sie gerettet? Und Minchin? Sie lebte jetzt als Mensch in der realen Welt. Würde sie dadurch davon kommen? Neve hatte mir erklärt, das Volk der Undinen besaß keine Macht über Minchin, solange sie keinen Fuß in ihre Gewässer setzte. Aber das war ungerecht. Vielleicht sollte ich mit Ranja reden, ob es nicht doch irgendeinen Weg gab. Ob es nicht irgendwas gab, was Tim und Minchin wieder auseinander brachte, ohne das Tim deshalb sterben musste.
    Tims Tuch roch so gut. Meine Reise durch das magische Wasser hatte nichts von seinem Duft fortgenommen. Ich stellte mir vor, dass er gerade von mir träumte. Ich dachte an den morgigen Tag. Neve wollte mir das Grab meiner Eltern zeigen. Es befand sich hier, in der magischen Welt. Ich fürchtete mich ein wenig, bestimmt würde es schmerzhaft werden, aber ich wollte es sehen.
     
    Ich zog mir ein schlichtes schwarzes Sommerkleid an und band meine Haare mit einem roten Gummi zurück. Die Frau, die mir im Spiegel entgegen sah, war jung und schön. Vor allem sah sie ganz harmlos aus, nicht wie eine, die in der Lage war, eine ganze Stadt in Schutt und Asche zu legen, wenn sie wollte. Es kam mir verrückt vor. War das wirklich alles passiert? Würde ich mich je an die Dinge gewöhnen, die aus meinen Märchenbüchern in die Wirklichkeit geplatzt waren und mein Leben in einen völlig anderen Kontext stellten? Vielleicht, über die Jahrhunderte … Der Gedanke jagte mir einen Schreck ein. Entschied ich mich für ein Leben in der magischen Welt, dann würde ich irgendwann am Grab von Tim stehen. Unvorstellbar. Das wollte ich auf keinen Fall. Ich schüttelte das Bild ab. Über sowas musste ich jetzt wirklich nicht nachdenken.
    Ich verzichtete auf Schuhe, lief barfuß hinaus in den Wald und pflückte ein paar Blumen. Sie waren hier so einmalig schön, zart und bunt. Warum konnte meine Mutter nicht hier sein, jetzt, wo alles gut war?! Ich wollte mit ihr sprechen, mich über alles mit ihr unterhalten, ich hatte so viele Fragen, aber sie war mir weggerissen worden. Weil Kim sie mit irgendeinem tödlichen Ätherzauber vernichtet hatte. Der irrationale Teil in mir hasste sie dafür. Gleichzeitig wusste ich, dass meine Mutter schon vor achtzehn Jahren gestorben war und seitdem nur als unruhiger Geist in meiner Nähe bleiben konnte, bis ich zu mir gefunden und den richtigen Weg eingeschlagen hatte. Nur, so lange. Dann hätte sie sowieso ihren ewigen Frieden gefunden. Trotzdem machte ich mir Vorwürfe. Ein wenig mehr Zeit wär uns geblieben, hätte sich nicht alles plötzlich überschlagen. Hätte ich mich an meine Verabredung mit ihr gehalten und wäre nicht nach Hause gegangen, zu Gregor und Delia. Ich war schuld daran, dass sie so plötzlich von mir gerissen wurde, dass sie sich für mich opferte, damit ich fliehen konnte, dass …
    „Du bist nicht schuld“, hörte ich Neve sagen und sah erschrocken zu ihr auf. Dabei fiel mir ein Stoß Blumen aus dem Arm. Neve bückte sich in Windeseile und fing sie auf.
    „Das sind so viele Blumen, da muss ich dir ja tragen helfen“, scherzte sie. Ich hatte mich völlig in „Wenns“ und „Hättes“ verloren und dabei nervös ganze Stauden ausgerissen, ohne zu merken, wie schwer mein Arm inzwischen mit Blumen war. Ich erhob mich. Neve nahm mir die Hälfte ab.
    „Wenn sie doch nur wüsste, dass es mir jetzt gut geht.“
    „Sie weiß es. Ich bin mir sicher“, tröstete Neve mich.
    Wir spazierten durch den Wald. Er kam mir grüner, duftender und voller mit bunten Vögeln vor, als je zuvor.
    „Es gibt gute Neuigkeiten“, begann Neve. „Die magischen Wasser sind wieder klar. Man hat alle von Minchin angebrachten Filter gefunden, die

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