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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe
Autoren: Daphne Unruh
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er das nicht. Ich musste sie bewegen, also steckte ich eine Kartoffelecke nach der anderen in den Mund.
    „Angesteckt?“
     „Na, weil du nicht da warst.“ Ich biss mir auf die Zunge. Zu spät. Jetzt wusste er, dass mir sein Fehlen aufgefallen war.
    Tim lachte. „Nee, ich war freigestellt … Ich wollte nur, wegen dem, was du gesagt hattest …“
    Ich schluckte. Nein. Darüber konnten wir jetzt nicht einfach so plaudern. Es musste nur mal raus und er sollte es schlucken, und dann wollte ich alles, nur nicht auch noch drüber reden!
    „Wegen der Zeitung?“
    Er sah mich fragend an. Das war gut, die Frage lenkte ihn ab.
    „Na, ob du freigestellt bist wegen deiner Zeitung?“
    Tim hob eine Augenbraue. Ich mochte nicht, dass er so groß war und so „großzügig“ auf mich herabblicken konnte. Ich hob ebenfalls eine Braue. Was der konnte, konnte ich schon lange.
    „Also, Kira, du bist irgendwie komisch. Erst tust du so, als könnte dir die ganze Welt den Buckel runterrutschen, dann greifst du überraschend an und nun willst du was über meine Zeitung wissen!?“
    Er grinste kokett. Oder überlegen? Vielleicht sogar arrogant? Mir stand der Mund offen. Das war zu viel! Das war erniedrigend. Er stellte sich über mich, über meine Gefühle. Quatsch, meine Gefühle kannte er doch gar nicht. Dann war das eben alles bloß oberflächliches Gesäusel. Etwa eine Anmache? Für diesen unpassend hoffnungsvollen Gedanken hätte ich mir am liebsten selbst auf den Fuß getreten. In mir ging alles drunter und drüber. Oh je, scheinbar machte ich den Eindruck, als würde ich gleich wieder einen Anfall bekommen, mich erhitzen und qualmen wie ein überlasteter Rechner, denn Tim sah auf einmal sehr besorgt aus.
    „Kira?“
    „Äh, ja?!“ Ich merkte, dass ich in Habachtstellung gegangen war, wie ein kleines Tier, das sich auf Flucht einrichtet. Ich straffte mich. Schalter umlegen! Schnitt, Klappe, neuer Text:
    „JA. …ich will was über eure Zeitung wissen, genau.“
    Tim lächelte. Fieses, herzerwärmendes Lächeln.
    „Woher weißt du davon?“
    Die Frage brachte mich vollends aus dem Konzept. Hieß das, er hatte mich auf der Konferenz doch nicht bemerkt? Aber warum hatte er mich dann dauernd so angestarrt im Unterricht? Oder hatte ich mir das auch nur eingebildet? Ich musste das herausfinden.
    „Du warst schließlich nicht zu übersehen auf der Pressekonferenz von H2Optimal.“
    Jetzt sah er mich ziemlich überrascht an:
    „Du warst auch da? Wieso warst du auch …“

„Ich würde gern wissen, was ihr darüber geschrieben habt.“ Ich hatte Tim aus dem Konzept gebracht. Dann lächelte er auf einmal verlegen.
    „Oh, Mann, ich musste spontan den Reporter vertreten für die Zeitung, bei der ich jobbe. War total aufgeregt, als ich meine Frage gestellt habe. Hat man das gemerkt?“
    „Äh…“ Jetzt wusste ich nicht, was ich zu Tims Geständnis sagen sollte. Sein Auftritt bei der Konferenz erschien auf einmal in einem anderen Licht. Ich schüttelte einfach nur den Kopf.
    Tim schlug vor:
    „Vielleicht hast du ja Lust, unser Büro kennen zu lernen? Ist gar nicht so weit.“
    Tim machte eine Handbewegung Richtung Bernauer Straße.
    Oh je, das war alles viel komplizierter als gedacht. Wenn er gar nicht wusste, dass ich die Tochter von Konzernchef Wende war, dann musste ihm meine Standpauke an ihn völlig verrückt vorgekommen sein. Unter der Voraussetzung war verständlich, dass er mich für seltsam hielt.
    „Adalbertstraße, ich weiß … es ist hier um die Ecke …“
    Tim zog schon wieder eine Augenbraue hoch.
    „Du scheinst ja ne Menge zu wissen …“
    Ich gab mich gleichgültig.
    „Das war jetzt nicht schwer. Hab vorhin auf der anderen Straßenseite im Vorbeigehen so ein Plakat am Elektrokasten gesehen …“
    Tim sah mich ungläubig an. Sein Gesicht verzog sich zu einem immer breiter werdenden Lächeln. Dann lachte er und ich verstand kein bisschen, warum.
    „Ha, von der anderen Straßenseite … Um die Adresse zu erkennen, muss man sich schon genau davorstellen, Kira.“
    Er tat so, als hätte er mich bei einer extrem leicht durchschaubaren Kleinmädchenlüge entdeckt. NATÜRLICH hatte ich die Anschrift seiner blöden Zeitung von der anderen Straßenseite gesehen. Wieso stellte er das in Frage? So ein Idiot! Ich wollte gerade zu einer saftigen Rechtfertigung ansetzen, da gesellte sich Jonny zu uns und begann, den Tisch aufzuräumen.
     „Meine zwei Lieblings-Stammkunden kennen sich also?“
    „Er ist in meiner
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