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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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Spannendes schreiben könnt in euerm Hinterhofblatt?“ Auf einmal kam der Ärger hoch. Im selben Moment bereute ich meine abwertenden Worte, aber ich musste das einfach so formulieren. Tim blieb jedoch ganz ruhig.
    „Hast du dich denn schon mal näher mit der Technologie von H2Optimal beschäftigt?“
    „Was soll ich mich damit groß beschäftigen? Es ist eine ganz klare Sache. Das Unternehmen meines Vaters bereitet Wasser in großen Mengen ohne Rückstände und ohne nicht mehr verwertbare Nebenprodukte auf. Das Verfahren wurde in kleinen Ortschaften bereits erfolgreich getestet und kommt nun zum ersten Mal im größeren Maßstab in Berlin zur Anwendung. Als nächstes wird ganz Berlin und dann Brandenburg mit einbezogen. Das ist doch großartig! Ich versteh nicht, wie man sich da so aufblasen kann, obwohl man noch nicht mal das Abitur in der Tasche hat. Das ist doch einfach nur peinlich!“
    Ich war stehengeblieben und erwischte mich dabei, wie ich mit dem Fuß aufstampfte wie ein Kleinkind, das seinen Willen durchsetzen wollte. Tim war auch stehengeblieben, allerdings einige Meter weiter.
    „Peinlich ist eher, eine Sache zu verteidigen, mit der man sich nicht näher beschäftigt hat ... Wir sind übrigens da!“ Er sagte das ganz ruhig, lächelte freundlich, was irgendwie erniedrigender war, als wenn er zurückgemotzt hätte. Er nahm mir damit den Wind aus den Segeln. Ich holte also brav die letzten Schritte auf. Dann stand ich vor einer verglasten Ladentür mit einem kleinen Ladenfenster daneben. Die neuste Ausgabe des BerlinAgent war in einem Schaukasten ausgestellt, ansonsten Kontaktdaten und Plakate zu Veranstaltungen. Die Zeitung war klein, aber sie schien etabliert zu sein und ihr Publikum zu haben. Wir traten ein. In einem ungefähr 20qm großen Raum befanden sich drei Arbeitsplätze. Eine Frau, die am Fenster saß, stand auf und begrüßte Tim mit einem Strahlen und einer innigen Umarmung. Sie sah umwerfend aus, schwarze Kurzhaarfrisur, tiefblaue Augen, perfekt geschnittenes Gesicht, makellose Haut und Top-Figur. Ich schätzte sie auf Ende zwanzig. Ihre Erscheinung zog mir augenblicklich den Boden unter den Füßen weg.
    „Beate, Chefredakteurin … Kira, aus meiner Klasse“, stellte Tim uns vor. Beate gab mir die Hand.
    „Darf ich auch noch „den Rest“ verraten?“, fragte er mich.
    Ich kam mir vor wie ein Grundschulmädchen. Ich fühlte mich völlig eingeschüchtert in dieser plötzlichen Atmosphäre von Erwachsensein und Professionalität. Flucht nach vorne, fiel mir ein, also antwortete ich selbst:
    „Kira Wende, mein Vater ist der Chef von H2Optimal, dem ihr wohl gerne Schwierigkeiten macht, aber deswegen bin ich nicht hier.“
    „Schwierigkeiten machen? Ich glaube nicht, dass das unser Anliegen ist“, antwortete Beate, während ihr Lächeln etwas Gezwungenes bekam. Tim bemerkte, dass sich zwei Frauen gegenüberstanden, die soeben beschlossen hatten, keine Freundinnen zu werden. Er insistierte und versuchte, dabei möglichst entspannt zu klingen:
    „Weißt du Kira, das Problem bei dieser Technologie ist einfach, dass niemand erklären kann, wie sie eigentlich funktioniert beziehungsweise diese Details von H2Optimal einfach nicht offengelegt werden. Wenn man aber nicht weiß, wie eine Sache genau abläuft, dann muss man sich unweigerlich fragen, ob sie denn wirklich so „optimal“ ist. Entweder H2Optimal kann es wirklich nicht erklären, dann muss da nachgeforscht werden, weil nicht richtig zu wissen, was man eigentlich macht, ungeahnte Auswirkungen haben kann. Oder sie kehren irgendetwas unter den Tisch, was wir für weitaus wahrscheinlicher halten. In dem Fall muss die Sache erst recht geprüft werden. Niemand hat dabei etwas persönlich gegen deinen Vater. Es geht einfach ums Gemeinwohl. Außerdem sind wir nur ein kleines Bezirksblatt, was aktuelle Themen unserer Region aufgreift, mit denen sich die großen Blätter ebenfalls beschäftigen.“
    Ich kam mir irgendwie saublöd vor, wie diese beiden viel zu schönen Menschen da vor mir standen, eine unsichtbare Einheit bildeten und auf mich einredeten wie auf ein ungelehriges Kind.
    „Ich glaube nicht, dass mein Vater krumme Dinger macht.“
    „Das glaubt man nie vom eigenen Vater. Zudem geht es bei einer Zeitung nicht um Glauben, sondern um Wissen“, dozierte Beate. Sie versuchte es freundlich zu sagen, aber es war klar, dass sie mich nicht mochte. Dann wandte sie sich Tim zu, als könnten sie jetzt endlich zu den wirklich wichtigen

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