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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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im Wald verschwunden waren.
    Ich hockte mich auf die verbrannte Erde und stützte den Kopf in die Hände. Ich war ihnen unheimlich. Das war eindeutig. Ich beschloss, einige Minuten zu warten, bis sie alle ausreichenden Vorsprung hatten. Dann würde ich nicht in das Akademie-Café, sondern nach Hause gehen und dort etwas essen. Ich starrte auf das ewige Feuer am Horizont und wischte mir ein paar Tränen von den Wangen.
    Mit mir stimmte was nicht. Ich hatte nur einen Tag lang neue Freunde gehabt. Jetzt hatten sie Angst vor mir. Ich war wie immer allein. Und nicht nur das. Jerome war extrem sauer auf mich, abgesehen von Leo. In nur einer Stunde hatte ich mir einen Haufen Feinde gemacht. Der Eindruck, ein Monster zu sein, wurde langsam zu einem vertrauten Gefühl.
    ***
    Im Haus war es still. Ich rief nach Neve. Es kam keine Antwort. Sie war nicht da. Ein Glück. Ich wollte allein sein, mit niemandem reden. Ich ging in mein Zimmer hoch, zog mir das Kleid über den Kopf, warf es in die Ecke. Die kurze Hose auch. In einem langärmeligen schwarzen T-Shirt und langen schwarzen Hosen fühlte ich mich schon besser.
    Ich suchte den Lageplan des Akademie-Geländes aus der Schublade meines Schreibtisches, den Neve mir gegeben hatte, ging wieder in die Küche und setzte mich damit an den Tisch. Gasse 5 lag hinter der Lichtung, auf der ich den Rat getroffen hatte. Es war ein größeres Haus, das etwas abseits der kleineren Häuser für die Studenten stand. Ich starrte auf den Plan und versuchte, irgendwas aus der Lage des Hauses von Jerome für meine eigene Lage herauszulesen, aber das war natürlich sinnlos. Ich nahm mir ein paar frische Erdbeeren aus der Schale auf dem Tisch, aber aß nur eine. Ich hatte keinen Hunger.
    Ich grübelte, was Jerome von mir wollte? Warum lud er mich zu sich nach Hause ein? Nur, um mir eine Standpauke zu halten? Oder war er bereit, zuzugeben, dass ich Feuer und Wasser war, aber wollte mich überreden, als Schülerin trotzdem bei ihm zu bleiben? Oder hielt er mir doch nur eine Standpauke?! Ich konnte es nicht vorher wissen. Ich musste unseren Termin abwarten. Erst daraus ließ sich schließen, wie ich mich weiter verhalten würde. Ob es angebracht war, Atropa aufzusuchen oder nicht. Oder ob ich doch Neve einweihen sollte.
    Eins war jedoch klar. Ich würde Leo um Verzeihung bitten müssen. Das war ich ihm schuldig. Während er sich „nur“ lustig über mich gemacht hatte, hatte ich ihn fast umgebracht.
    Die Uhr zeigte halb drei. Ich konnte nicht mehr stillsitzen. Ich machte mich auf den Weg, würde ein paar Umwege gehen, um nicht zu früh zu kommen. Ich musste mich bewegen.
     
    Ein paar Minuten vor drei stand ich vor Jeromes Haus. Es war beeindruckend, fast ein bisschen protzig. Es wirkte wie der Gewinner-Entwurf eines modernen Architekturwettbewerbs. Die Wände waren asymmetrisch, wie willkürliche geformte Trapeze, die am Ende auf wunderbare Weise doch irgendwie ineinander passten. Teilweise verliefen sie zu schroffen Spitzen, die in die Luft stachen. Große Glasflächen wechselten mit weiß verputzten Betonflächen. Eine flache und breite Treppe aus Holz führte zum Eingang, dessen Verglasung bis in die zweite Etage reichte. Links und rechts wuchs ein haushoher Bambuswald, durch den die Sonne schimmerte. Jerome hatte mich bereits entdeckt und öffnete die Tür.
    „Hallo Kira. Du bist pünktlich. Komm rein. Ich hab schon gewartet.“
    Sein Tonfall war freundlich. Das klang erst mal nicht nach Standpauke. Ich entspannte mich ein wenig, stieg die Stufen hinauf und betrat einen großen Raum. Ich sah mich um. Die Einrichtung war schlicht, fast ein bisschen kühl. Die Wände waren mit Bambus verkleidet. In der Mitte stand eine große schwarze Sofalandschaft aus Leder.
    „Setz dich. Möchtest du was trinken?“ Ich schüttelte den Kopf und fragte mich zum ersten Mal, ob Jerome allein lebte oder eine Frau hatte. Ich setzte mich auf die Ecke des einen Sofas. Jerome ließ sich in die Couch mir gegenüber fallen und zeigte mit dem Arm in die Gegend.
    „Gefällt es dir?“
    „Es ist sehr schick.“
    Ich war beklommen. Jerome kam mir in seinem persönlichen Umfeld mächtig vor. Er goss sich aus einer Karaffe irgendeine klare Flüssigkeit ein, die bestimmt nicht nur Wasser war. Ich musste irgendwas sagen, um mich von der Atmosphäre nicht völlig erschlagen zu lassen.
    „Ich wollte das nicht vorhin. Es kam so …“
    Jerome trank ein paar Schlucke, verzog etwas das Gesicht und beugte sich vor:
    „Kira,

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