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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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beobachtete Leo und Jerome. Sie waren augenblicklich in ein Gespräch vertieft und machten den Eindruck, als würden sie sich bereits sehr gut kennen. Zwischendrin schienen sie fast zu flüstern, als teilten sie ein paar Geheimnisse miteinander.
     
    Jerome führte uns auf die kahlen Felder, an deren Horizont der Feuerübergang loderte. Marie und ich bekamen die Aufgabe, unsere Erdkräfte zu konzentrieren. Jerome zeigte uns ein paar Übungen dazu. Immer wieder bebte das Feld, warfen sich Hügel auf, wo keine sein sollten oder befand ich mich plötzlich vor einem Riss in der Erde, der sich einen halben Meter tief vor mir auftat. Ich sah gelbe Augen zwischen den welken Grasbüscheln aufblitzen. Wenn die Erdgnome zu sehr das Gefühl hatten, uns in die Hand zu kriegen, griff Jerome ein, verwies sie in ihre Schranken und glättete das Feld wieder. Dann ging es von vorne los. Mir wurde zum ersten Mal bewusst, was das für Kräfte waren, die in mir schlummerten. Was hier auf dem Feld passierte, hätte Zuhause locker das ganze Haus verwüstet, wenn nicht gar zum Einsturz gebracht. Und es kam aus mir. Allerdings ziemlich unkontrolliert. Nach zwei Stunden Üben wurde es besser. Es hing von meiner mentalen Konzentration ab, ob die Erdgnome taten, was ich wollte, oder ob sie mir auf der Nase herumtanzten. Leo und Fabian nutzten die Zeit und kämpften gegeneinander. Es ging darum, wer die stärkere Konzentration aufbrachte, um das Element des anderen in Schach zu halten. Leo sollte den Boden zum Brennen bringen und Fabian sollte das Feuer verhindern. Allerdings war schnell klar, wer die Oberhand hatte. Leo musste immer mal eine Pause machen, damit nicht das ganze Feld brannte und Fabian mühte sich redlich ab, aus dem kleinen Graben am Rande des Feldes genügend aufgebrachtes Wasser zu mobilisieren. Einmal bekam er eine beeindruckende Welle hin. Allerdings spülte sie Fabian weg und nicht den Brandherd.
    Als Marie und ich soweit waren, unsere Kräfte ein wenig lenken zu können, sollten wir nacheinander gegen Leo und Fabian antreten. Schon jetzt war klar, dass meine Erdkräfte ungleich größer waren als die von Marie. Während sie nur ein kleines Zittern des Bodens hervorgebracht hatte, konnte sich bei meinem Erdbeben keiner mehr auf den Füßen halten. Jerome nickte mir anerkennend zu. Ich wusste nicht, ob ich Angst vor mir haben oder stolz auf mich sein sollte. Marie war froh über ihre bescheidenen Kräfte. Vor mir hatte sie eindeutig richtig Angst und wollte auf keinen Fall gegen mich antreten.
    Jerome stellte mich gegen Fabian auf. Ich sollte Erdwälle errichten und den Graben zu einem See stauen. Er sollte den Graben in Fluss halten. Ich ließ die Böschung von beiden Seiten aufeinander fallen. Fabian reagierte mit einer Welle. Dann geschah etwas Seltsames. Ich konzentrierte mich auf die Erde, um den Wall zu erhöhen. Doch meine Kraft übertrug sich nicht auf die Erde, sondern auf die Welle. Mit voller Wucht wechselte sie die Richtung, verdoppelte ihre Größe und riss Fabian von den Füßen, so dass er schrie. Jerome kam angelaufen und half ihm auf die Beine.
    „Alles in Ordnung? Du darfst Deine Kräfte nicht gegen dich selber richten. Das hatte doch alles schon sehr gut geklappt!“, beschimpfte er ihn.
    „Habe ich nicht!“, wehrte sich Fabian. „Sie war es!“ Er zeigte auf mich.
    „Das stimmt“, pflichtete ich bei. „Ich wollte den Erdwall vergrößern, aber das Wasser hat reagiert.“
    In Jeromes Gesicht arbeitete es. Sein Kiefer mahlte. Dann sagte er:
    „Blödsinn, Fabian. Für Wasser bist allein du verantwortlich! Und jetzt weiter. Noch einmal. Konzentrier dich!“
    Fabian wollte aufbegehren. Aber es hatte keinen Sinn. Jerome ließ ihn stehen und beschäftigte sich wieder mit Marie und Leo.
    „Ich weiß, dass ich das war“, versuchte ich ihn zu trösten.
    „Aber dann bist du Wasser, und nicht Erde.“
    „Keine Ahnung“, log ich. „Neve sagt, am Anfang gibt es manchmal Irritationen. Ich bin jetzt vorsichtiger, okay?!“
    Fabian nickte, auch wenn er nicht wirklich überzeugt wirkte. Er war klatschnass, schon von der ersten Welle, die er sich tatsächlich selbst zuzuschreiben hatte. Er zitterte, aber wohl mehr vor Angst als vor Kälte.
    Ich konzentrierte mich weniger. Es ging gar nicht anders. Mein Kopf befasste sich mit den Worten von Atropa, und dass ich den Verdacht hatte, dass Jerome ganz genau wusste, was vor sich ging. Warum gab er es nicht zu? Fabian schaffte es, meine Erdwälle immer wieder zu

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