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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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auseinander.“
    „Hat der Rat ihn … getötet?“ Mir lief ein Schauer über den Rücken. Das würde heißen, in der magischen Welt wurden Todesurteile ausgesprochen.
    „Nein, der Rat hatte nur das Übliche vor: Gedächtnislöschung und die bekannten Folgen. Aber das wollten sie nicht …“
    „Er und seine Anhänger?“
    „Nein, er und Clarissa. Sie waren ein Paar, hatten sich auf der Akademie kennengelernt und nach ihrem Abschluss diese Bewegung aufgebaut. Sie wollten den Rest ihres Lebens nicht als gedächtnislose und malariakranke Zombies fristen.“ Jerome räusperte sich. „Als sie wussten, dass es keinen Ausweg mehr gab, haben sie sich selbst getötet.“
    Jerome Stimme brach, als würden alte Wunden aufreißen. In seinen Augen loderte es. Ich war schockiert. Er trank einige Schlucke. Dann sprach er wieder ruhiger.
    „Seitdem ist der Rat auf Doppelbegabungen nicht mehr gut zu sprechen. Zumal es fünfzig Jahre früher eine andere Geschichte gegeben hat. Jemand mit Feuer und Wasser, der sich in der realen Welt zu einem Mörder entwickelt hatte. Er bekam die beiden Elemente nicht in den Griff. Sie zerrissen ihn.“
    Mir lief noch ein Schauer über den Rücken. Was Jerome mir offenbarte, stellte all meine Spekulationen in den tiefsten Schatten. Jerome vermutete eine Doppelbegabung bei mir beziehungsweise sie war inzwischen wohl nicht mehr von der Hand zu weisen und er wollte mich damit irgendwie vor dem Rat schützen.
    „Du hast diesen Alexander gut gekannt …“, stellte ich vorsichtig fest.
    Jerome nickte.
    „Ich war achtzehn, gerade frisch an die Akademie gekommen. Ich merkte schnell, dass Ansichten und Methoden des Rates lange überholt waren. Alexander wollte in den Rat gewählt werden, aber er hatte natürlich keine Chance. Er war so charismatisch, auch seine Freundin. Manche vermuten, dass sie auch eine Doppelbegabung besaß, aber sie hatte vielleicht keine Zeit mehr, die auszubilden. Sie brachten Bewegung hinein. Mich nahmen sie natürlich nicht ernst. Ich war neu, unerfahren und auch noch schüchtern. Aber ich bewunderte sie. Ich bewundere sie noch heute und habe viel gelernt von ihnen, auch nachdem sie schon tot waren. Pio hat ihre Geschichte, ihre Ideen, alle Details damals aufgeschrieben.“
    „Pio? Aber er …“
    Jerome winkte ab.
    „Ach so, das weißt du vielleicht noch nicht. In der magischen Welt altert man nicht. Die Uhr hält an, sozusagen. Wenn du die reale Welt besuchst, läuft sie dagegen weiter… Pio verlässt die magische Welt nie. Ich weiß nicht mal, seit wann es ihn gibt. Jedenfalls ist er älter als Ranja. Bei Ranja sind es, glaube ich, um die 500 Jahre. Sie steht nicht umsonst auf den Mittelalter-Look. Jolly verlässt die magische Welt nicht mehr, seit er siebzig geworden ist. Das war vor hundert Jahren. Sulannia ist seit 200 Jahren hier. Kim ist noch nicht so alt. Sie gehört erst seit dreißig Jahren zum Rat. Naja, und ich … ich bin wohl zu oft Draußen, zu sehr Lebemensch, seit fünfzehn Jahren im Rat, aber werde nicht nur bald vierzig, sondern sehe auch so aus.“
    Er grinste sein Surflehrer-Lächeln. Ich verschwieg, dass ich ihn sogar ein bisschen älter geschätzt hatte. Ich goss mir einfach selber noch ein Glas ein. Der Rat, das waren also fast alles Leute, die mehrere hundert Jahre alt waren! Und man konnte Mithilfe der magischen Welt sein Alter regulieren. Oh Gott, wie sollte ich das alles verdauen? Ich trank das Glas in einem Zug leer.
    „Aber, warum war der Rat gegen sie? Was haben sie getan?“
    „Nun ja, es ist komplex. Sei eine Weile hier und beobachte die Abläufe, lies ein bisschen in der Geschichte der Akademie, mach dir ein Bild. Es ist wie mit allen, die Macht haben, mit Königen, Regierungen oder auch Räten: Sie wollen keine wirklichen Neuerung, weil sie ihre Macht nicht verlieren wollen.“
    Das klang plausibel.
    „Aber du bist doch selbst im Rat!“
    „Ja, das bin ich. Und ich hoffe, dass irgendwann der richtige Tag kommt, um etwas zu verändern.“ Jerome sah mich lange an. Ich spürte eine Gänsehaut. Meinte er etwa, ich könnte mit meinen Sonderkräften die nächste Anführerin sein?
    Ich schüttelte heftig den Kopf.
    „Aber nicht, dass du denkst … Nein, nein, ich bin keine Kämpferin … noch nie gewesen … Ich … Ich möchte das hier nur so schnell wie möglich abschließen und dann wieder nach Hause …“ Es platzte einfach so aus mir heraus und ich sah Jerome mit flatternden Augenlidern an.
    Jerome schüttelte nachsichtig den

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