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Himmlische Juwelen

Himmlische Juwelen

Titel: Himmlische Juwelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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sie nicht
glauben, dass jemand hier eingedrungen war, nur [39]  um in den Akten der
Fondazione Musicale Italo-Tedesca herumzuschnüffeln?
    »Was denn?«
    »Offenbar fehlt überhaupt nichts.«

[40]  4
    »Wie bitte?«, wunderte sich Caterina. Konnte tatsächlich
jemand hier eingedrungen sein und nichts mitgenommen haben? Das Ganze sah nicht
nach Vandalismus aus. Nichts war auf den Boden gefallen, nichts war zerstört
worden. Alles erweckte den Anschein einer hastigen Durchsuchung.
    Roseanna reichte ihr eine Mappe. Darauf stand sauber getippt
(jawohl: getippt): »Sartorio, Antonio, 1630–1680«.
    »Was ist da drin?«, fragte Caterina und gab Roseanna die Mappe
unbesehen zurück.
    »Briefe, die wir im Lauf der Jahre zu ihm bekommen haben«, sagte
Roseanna, die Mappe in der Hand wägend. »Es scheint alles da zu sein«, fügte
sie hinzu. »Und in dieser auch.« Sie reichte Caterina eine andere. »Aber ich
kann das überprüfen.«
    Caterina schlug die Mappe auf und überflog den ersten Brief; er war
auf Deutsch geschrieben und ohne direkte Anrede an den Direktor der Stiftung
adressiert. Bei seinem letzten Besuch in Venedig, schrieb der Verfasser, habe
er Hasses Grab in der Kirche San Marcuola nicht finden können, und jetzt
verlange er zu wissen, warum die Stiftung es unterlassen habe, in der Kirche
eine Gedenktafel anzubringen. Er sei Mitglied der Hasse-Gesellschaft in…
    Caterina riss sich von dem Brief los und fragte: »Was hast du eben
gesagt?«
    »Dass ich überprüfen will, ob in der Porpora-Akte etwas fehlt.«
    [41]  »Wie denn das?« Caterinas Interesse war erwacht.
    Wortlos langte Roseanna in den Schrank und griff nach einem
Zierknauf an der Rückwand. Eine kleine Drehung, und ein Holztäfelchen kippte
nach vorn: Dahinter erschien ein senkrechtes Geheimfach, passgenau etwa zehn
Zentimeter breit. Roseanna zog daraus ein Schulheft hervor mit einer Abbildung
der bronzenen Reiterstatue Marc Aurels auf dem Umschlag.
    Sie legte das Heft auf den Tisch, schlug es auf und strich es glatt.
Dann legte sie die Mappe daneben, nahm die Briefe heraus und suchte sie einen
nach dem anderen mit dem Zeigefinger unter den Einträgen im Heft. Caterina
stand zu weit weg und konnte nicht mitlesen. Als Roseanna fertig war, drehte
sie sich zu ihr um. »Alles da«, sagte sie.
    »Darf ich?«, fragte Caterina und griff nach dem Heft.
    »Porpora«, stand links oben auf der aufgeschlagenen Seite, darunter
waren Spalten für das Eingangsdatum der Briefe, Name und Anschrift der Absender
und das Datum, wann sie beantwortet worden waren.
    »Warum notierst du das alles?«, fragte Caterina so unbefangen wie
möglich.
    Roseanna wich ihrem Blick aus und schürzte verlegen die Lippen. »Ich
führe schon immer über alles Buch, sogar meine Gasrechnungen. Das ist so eine
Angewohnheit von mir.« Sie zeigte auf das Schulheft. »Falls ein Brief
abhandenkommt, falsch abgelegt wird, kann ich hier feststellen, dass wir ihn
wirklich bekommen haben. Das mache ich schon, seit ich hier angefangen habe.«
Und mit gesenktem Kopf fügte sie hinzu: »Zuerst habe ich alle bereits
vorhandenen Briefe eingetragen und dann über die Jahre die Neuzugänge
nachgeführt.«
    [42]  Caterina verkniff sich die Frage, ob es irgendetwas gab, woran
man erkennen könne, dass die Stiftung im einundzwanzigsten Jahrhundert
beheimatet sei.
    Sie dachte wieder an den Beschwerdebrief wegen Hasses Grab: Dafür
brach niemand ein. »Hat hier jemals jemand seltsame Fragen gestellt oder
Drohungen ausgestoßen?«
    »Manche der Briefe sind schon seltsam«, sagte Roseanna und schlug
die Hand vor den Mund, als sei ihr das herausgerutscht.
    Auch Caterina hielt sich nicht zurück und lachte freiheraus. »Du
hättest mal einige meiner Kommilitonen erleben sollen.« Dann setzte sie noch
eins drauf: »Oder die Professoren.« Wieder lachte sie.
    Nach kurzem Zögern stimmte Roseanna in das Lachen ein. »Wenn du die
schon für seltsam hältst, dann solltest du mal die Leute sehen, die
hierherkommen. Nicht die, die nur vor sich hin dämmern: sondern die, die Fragen
stellen.«
    Immer noch lachend, winkte Caterina ab. O ja, sie wusste Bescheid.
Sie hatte ein ganzes Jahrzehnt mit Besserwissern verbracht.
    »Oder die Briefschreiber. Da ist zum Beispiel ein älterer Herr in
Pavia, der bis zum heutigen Tag Schellackplatten hört. Er bittet uns
schriftlich um Vorschläge, welche er anschaffen soll. Ist das die Möglichkeit?«
Roseanna schüttelte den Kopf.
    Und das von einer Frau, die selbst noch eine

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