Hingabe
Angreifer die Waffe abgenommen, und er ist weggelaufen, aber der andere …« Er schaut einen langen Moment zur Decke, bevor er mir wieder in die Augen sieht. »Ich habe seine Augen gesehen, und ich wusste, dass er abdrücken würde. Ich habe ihn erschossen, aber vorher hat er Ambers Eltern erschossen. Er ist gestorben, und sie ebenfalls.« Seine Lippen werden schmal. »Er hat sich als ein Sechzehnjähriger entpuppt.«
Ich presse die Hand auf den Magen. Ich glaube, ich muss mich übergeben. »Chris, ich …«
»Ich fühle mich nicht schuldig, weil ich ihn getötet habe, Sara. Ich habe seine Augen gesehen. Ich habe gesehen, wie kaltherzig er war. Was mich seitdem jeden Tag peinigt, ist der Umstand, dass ich ihn nicht getötet habe, bevor er sie getötet hat.«
Ich bin über den Sitz gekrochen und schlinge die Arme um ihn, bevor er fertig ist, und Tränen strömen mir über die Wangen. »Es tut mir so leid, dass ich dir das angetan habe. Es tut mir so leid. Chris, ich …«
Er küsst mich. »Nicht. Sag nicht, dass es dir leidtut. Ich hätte es dir einfach erzählen sollen. Ich hätte …«
Ich küsse ihn und schmecke das Salz meiner Tränen auf unserer beider Lippen, und ich kann nicht aufhören, ihn zu berühren. Sein Gesicht. Sein Haar. Ich drücke meine Stirn gegen seine und presse ihm eine Hand auf die Wange. »Ich liebe dich. Ich liebe dich so sehr. Wie konntest du denken, ich würde dich dafür verurteilen?«
»Ich habe einen Sechzehnjährigen getötet, und ich fühle mich deswegen nicht schuldig, Sara.«
Ich lehne mich zurück, um ihn anzusehen. »Du hast es in eine Schublade gepackt, Chris, und sie verschlossen. Du hast nur eine begrenzte Leidensfähigkeit. Es ist die Art deines Verstands das zu überleben, was du nicht kontrollieren kannst. Du hast nichts anderes getan, als Ambers Leben zu retten und dein eigenes. Du bist ein Held. Du bist in so vielerlei Hinsicht ein Held, und du siehst es nie. Aber ich sehe es. Ich sehe es für uns beide.«
Ich muss dagegen anschlucken, dass sich mein Magen nicht umdreht. »Und ich hasse es, dass ich heute Abend getrunken habe, obwohl ich dir versprochen hatte, mich nicht wieder zu betrinken. Ich hasse es, dass ich meine Unsicherheit immer noch nicht abschütteln kann, dass ich nicht einfach die richtigen Dinge denke und so dumme Handlungen wie heute Abend vermeiden kann.«
Er umfasst mein Gesicht und schaut auf mich herab. »Du hast heute Nacht nichts falsch gemacht. Du hast versucht, Amber zu helfen, und sie hat ein Spiel mit dir und mit uns gespielt. Und ich habe das geschehen lassen, indem ich zu lange Stillschweigen bewahrt habe.«
»Ich habe heute
vieles
falsch gemacht, Chris, aber mehr als irgendetwas hätte ich dir erlauben sollen, mir alles nächste Woche zu erzählen, wie du es wolltest. Ich weiß jetzt, dass es nicht um Geheimnisse ging. Es ging darum, wie du mit Dingen fertigwirst, darum, wie du die Versuchung der Peitsche begrenzt, indem du wählst, wie, wann und wo du mir alles erzählst. Ich weiß nicht, wie ich das wiedergutmachen soll. Ich weiß nicht, wie das gehen soll.«
»Erzähl mir, dass du mit dem leben kannst, womit ich an manchen Tagen nicht leben kann. Sag mir, dass du mich kennst und dass du nicht länger an mir zweifeln wirst.«
»Ich kann nicht ohne dich leben, Chris, und ich werde nicht mehr zweifeln. Nie wieder.«
Er mustert mich einen Moment, dann lehnt er sich gegen den Sitz und zieht mich an sich. Ich bette den Kopf auf seiner Brust, lausche auf seinen Herzschlag und spüre, dass er noch mehr zu sagen hat, doch diesmal warte ich, bis er bereit ist.
»Ich war vor dem Überfall nicht in Amber verliebt«, sagt er leise nach einigen Sekunden. »Ich wusste, dass wir keine Zukunft hatten, aber nach dieser Nacht konnte ich sie nicht verlassen. Doch sie hat mir Vorwürfe gemacht, und ihr Groll und meine Schuldgefühle haben mich Scheiße bauen lassen. Das war der Punkt, an dem ich durchgedreht bin und Isabel ins Spiel kam. Ich wollte Schmerz, und Isabel hat ihn mir gegeben.«
Ich beuge mich vor, um ihn anzusehen. »Während du mit Amber zusammen warst?«
»Kein Sex. Nur Schmerz. Und Amber wusste es. Sie hat mir allerdings verübelt, dass ich ihr mit einer Peitsche in der Hand nicht vertraut habe. Sie hat mich gehasst. Und man will von niemandem bestraft werden, der einen hasst.«
»Sie liebt dich.«
»Ah ja. Ein schmaler Grat, nicht wahr? Sie ist sehr verwirrt, Sara. Und Tristan liebt sie abgöttisch.«
»Er peitscht sie
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