Hingabe
versuchte, professionell zu wirken und zu überspielen, was sie gerade überlegt hatte. Dr. von Hagen war nicht anzumerken, ob er den Hauch einer Ahnung hatte, was eben geschehen war. Hatte er ihr angesehen, dass es alles andere als Arbeit war, was sie eben beschäftigt hatte? Warum war er just in diesem Moment aufgetaucht? Hatte er sie abgepasst?
„Dann ist ja alles gut. Ich möchte mir keine Sorgen machen. Wir haben doch Besonderes mit Ihnen vor!“
Lena versuchte, zu lächeln. Das klang in diesem Moment ziemlich doppeldeutig. Sie wusste, sie musste es jemandem erzählen, sonst platzte sie. Marie würde bald wieder da sein.
Als Marie wieder im Büro war, stand ausnahmsweise Lena an ihrem Schreibtisch.
„Komm mit.“
Marie erkannte, dass es ernst sein musste.
Sie sagte schnell Herrn Dr. von Hagen Bescheid, dass sie kurz nicht am Platz sein würde, und ging mit Lena nach unten.
Auf dem Weg durch das Treppenhaus brachte Lena kaum etwas zur Unterhaltung zustande. Marie merkte das wohl, und so unterhielt sie beide über Belanglosigkeiten, konnte insgeheim aber kaum erwarten, zu erfahren, was mit ihrer Freundin los war. Sie verhielt sich merkwürdig. Unkonzentriert, abwesend, ja, als wäre sie nicht sie selbst, zumindest nicht die Lena, die alle kannten, die Marie kannte.
Als sie draußen angekommen waren, schaute Marie die Freundin an.
„So, meine Süße, hast du Lust, mir etwas zu erzählen? Oder lässt du mich vor Neugierde platzen?“
Lena lächelte.
„Du musst mir zwei Dinge versprechen, Marie. Du weißt, ich habe vor dir praktisch keine Geheimnisse. Also lass mich bitte erzählen, ohne dass du mich unterbrichst, und glaube nicht, das ich dich zum Narren halte.“
Ihre Freundin nickte stumm und schaute sie fragend an.
‚Warum so geheimnisvoll?‘, dachte Marie.
Und Lena fing an, zu erzählen. In aller Ausführlichkeit. Gestern von der U-Bahn, von der E-Mail, von dem Telefonanruf. Von dem Päckchen heute Morgen und was dort drin war, dass sie die Liebeskugeln benutzt hatte, was sie mit ihr machtenund dass sie bereit war, alles zu tun.
„Und weißt du was? ICH habe die Kugeln noch in mir. Ich fühle, wie feucht ich bin. Und es macht mich total an.“
Marie saß fasziniert vor ihrer Freundin und konnte ihren Ohren kaum trauen. Sie wusste nicht, ob sie begeistert oder entsetzt war. Fasziniert in jedem Fall. Das konnte doch kaum sein, dass ihre Lena das erlebte.
„Sag mal, warum tust du das alles? Du kennst IHN doch gar nicht. Weißt nicht wer ER ist, was ER will und warum?“
Lena blickte ihrer Freundin ernst in die Augen.
„Wenn ich dir jetzt sage, es ist mir egal…“
„Egal?“
Marie wurde kurz etwas lauter und senkte ihre Stimme direkt wieder.
„Was ist mit Marcus?“
Lena schloss kurz die Augen. Als sie diese wieder öffnete, blickte sie Marie mit einer Ernsthaftigkeit an, die sie sonst in ihrer Position im Job öfter an den Tag legen musste:
„Schatz, es ist, als bin ich befreit, als laufe ich der Sonne entgegen, als ist meine persönliche Büchse der Pandora geöffnet worden! Und ich will es. Ich weiß nicht, was ist und was kommt. Aber ich habe so etwas noch niemals in meinem ganzen Leben gespürt.“
Lena hörte sich selber. Ja, sie war es, die diese Sätze sprach, sie, Lena, und das aus freien Stücken.
Tat sie es, wollte sie es? Ja, sie wollte es.‘
Die beiden Freundinnen schauten sich in die Augen.
Als sie wieder reingehen wollten, nahm Marie Lenas Hand und zog die Freundin an sich.
„Ich bin immer für dich da. Immer. Das weißt du und das ändert sich nie.“
Lena drückte Marie fester an sich.
„Danke.“
Und sie fügte in Gedanken hinzu, ‚Vielleicht brauche ich dich ja wirklich. Irgendwann.‘
Lena konnte es kaum erwarten, wieder hinter ihren Schreibtisch zu kommen. Vielleicht gab es eine Mail. Sie hatte während des Essens die ganze Zeit die Liebeskugeln gespürt. Und sie verursachten beinahe unerträgliche Lust, auch wenn sie sich nicht darauf konzentrierte. Pausenlos!
ER musste doch ein Einsehen haben und ihr gestatten, sie wieder herausnehmen zu dürfen. Es war nicht nur Lust, es war auch Schmerz. Nicht NUR angenehm, sondern auch anstrengend.
‚Bitte‘, dachte Lena. ‚Habe ein Einsehen mit mir.‘
Sie öffnete ihr E-Mail-Postfach. Und sie war da, die Mail, vielleicht genau die, auf die sie gewartet hatte.
„Du darfst sie heute um genau 15 Uhr herausnehmen, keine Sekunde früher, aber auch nicht später. Ich möchte, dass du unbedingt das
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