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Hingabe

Hingabe

Titel: Hingabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Postert
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Schon bald war Lena wieder in ihre Arbeit vertieft.
    Gegen 10 Uhr kam sie dazu, ihre Mails zu checken: Wie üblich sortierte sie zunächst die Spam-Mails und die unwichtigen weg, die von ihr zu bearbeitenden und die wichtigen und dringenden.
    Just in diesem Moment poppten drei neue ungelesene Mails auf. Eine von Marcus, eine von Dr. von Hagen und eine, deren Absender sie nicht kannte.
    Pflichtbewusst – sie war ja bei der Arbeit – schaute sie sich zunächst die von ihrem Chef an. Die Einladung zum Essen am Mittwoch um 13 Uhr. Reserviert für zwei Stunden. So lange! Nur zum Essen und Besprechen, was sie zu Berlin zu sagen hatte? Okay, er war ihr Boss, eine bezahlte ausgedehnte Mittagspause. Sie sagte sofort zu.
    Marcus‘ Mail hatte im Anhang direkt eine Kopie seines Antrags auf Versetzung nach Berlin bei seiner Firma. Was war er großartig. Lena jubilierte. Er verstand sie blind und unterstützte sie, wo er nur konnte. Mit einem Lächeln auf den Lippen schrieb sie ihm ein paar liebe Zeilen zurück mit dem Versprechen, ihn abends von zuhause anzurufen, und klickte auf „Senden“.
    Die dritte Mail roch sehr nach Spam, ein offensichtlicher Phantasiename als Absender, kein Anhang. Die Mail war durch das Virenabfangnetz der Firma gekommen, sollte alsoungefährlich sein. Dennoch landeten solche Mails bei Lena normalerweise in Sekundenschnelle im Papierkorb.
    Doch diesmal, entgegen ihrer Gewohnheit, öffnete Lena nach einem kurzen Zögern die Mail.
    Eine Zeile. Zwei Worte:
    „Sei bereit.“
    Lena hörte sich flach atmen, saß bewegungsunfähig an ihrem Platz und fühlte, wie ein Schweißtropfen austrat und zwischen ihren Brüsten hinunterfloss, um in ihrem Bauchnabel zu landen.
    Die Mail roch nicht nach Spam – die Mail roch nach IHM.
    ‚Was zur Hölle war das? Und wer war ER? Was wollte ER? Woher kannte ER sie? Woher wusste ER, dass ER sie in der U-Bahn treffen konnte?‘
    Die Fragen schossen Lena durch den Kopf. ‚ER kannte also ihren Firmen-E-Mail-Account.‘ Sie schauderte und fror plötzlich, zumindest zeichnete sich auf ihren Armen eine Gänsehaut ab…
    ‚Erlaubte sich jemand aus der Firma einen Scherz? Versuchte sie zu verwirren oder ihr Angst zu machen?’ Sie ging im Kopf alle potentiellen Kollegen durch und dann alle die, die sie ansatzweise kannte und die eigentlich nicht für so etwas in Frage kommen konnten.
    ‚Wollte sie irgendjemand aus der Firma drängen?‘
    Es gab noch eine Möglichkeit: Es war einfach ein guter Beobachter, ein Stalker vielleicht. Wobei, seit sie mit Marcus zusammen war, gab es keinen anderen mehr.
    Lena stand auf und trat ans Fenster, sah zum Parkplatz, schaute auf die Straße, als könne sie von hier oben ausmachen, wie sich jemand eiligen Schrittes – weil beobachtet – mit dunkler Sonnenbrille getarnt vom Gebäude entfernte, um ihren Blicken zu entgehen.
    Natürlich war dort nichts Auffälliges oder Verdächtiges, das auch nur ansatzweise einen derartigen Verdacht erhärten könnte. Nicht einmal ein Falschparker war von oben zu sehen.
    Der weitere Arbeitstag verlief ohne nennenswerte Vorkommnisse. Der Job nahm sie ganz ein. Das Mittagessen mit Marie war auch dieses Mal ein wunderbares Intermezzo, ein energetisches Luftholen zwischen Terminen und Telefonaten. Marie erzählte hauptsächlich und ausschweifend von ihrem Wochenende mit Jean. Dieses fand meist im Bett statt, die übrige Zeit genossen die beiden in Bars mit Cocktails und Musik, Cafés und allem, was sich für frisch Verliebte gehört.
    Lena lauschte ihren Ausführungen gern, traute sich zwischenzeitlich kaum, zu fragen, und freute sich mit ihrer Freundin, dass Marie ihre Liebe so genoss.
    Zwischendurch – in kurzen Atempausen – warf Marie Lena prüfende Blicke zu. Doch alles schien wieder normal zu sein. Lena lachte und strahlte – kein Schatten war zu sehen.
    Angelos Chefsalat hielt mal wieder, was er versprach. Frisch, lecker und knackig, die gegrillte Hähnchenbrust ein Traum, von seiner unnachahmlichen Vinaigrette ganz zu schweigen. Dieses Rezept hatten sie ihm vom ersten Mal an, seit sie die entzückende Trattoria entdeckt hatten, zu entlocken versucht, doch Angelo blieb auch ihnen gegenüber charmant standhaft.
    Nach der Mittagspause verflog der Tag. Lena bearbeitete die Post wie immer nach dem Essen. Diese Angewohnheit hatte sie auf Time-Management-Seminaren gelernt und in ihren Zeitplan integriert: Unvermeidliche Büroarbeit erledigte sie dann, wenn ihr Biorhythmus konzentriertes Arbeiten nicht so

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