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Hinreißend untot

Hinreißend untot

Titel: Hinreißend untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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sicheren Themen. Ich drehte den Adler-Zauber hin und her, den ich unbewusst genommen hatte. Ich konnte Tomas nicht anbieten, in die Vergangenheit zu springen und seine Mutter aus der Gefahrenzone zu bringen, bevor sie sich mit den Pocken ansteckte. Nicht einmal meine eigene Mutter konnte ich retten, ohne dass es zu drastischen Veränderungen in der Zeit gekommen wäre. So groß meine Macht angeblich auch war, ich konnte kaum etwas mit ihr ausrichten.
    Tomas gab mir einen sanften Kuss. Seine Lippen waren weich und warm, und ich erwiderte den Kuss, noch bevor ich mir dessen bewusst wurde. Ich hätte ihn gern ganz lange geküsst – es erschien mir so normal und natürlich wie das Atmen. Ihn zu berühren … Es genügte, um die Erinnerungen an den Angriff wegzuschieben und einen Teil von mir zu säubern, den das Eimerwasser nicht erreicht hatte. Tomas’ Kuss wurde intensiver, und ich spürte ihn bis in die Zehenspitzen – es fühlte sich an, als breitete sich Sonnenschein in mir aus. Er schmeckte wie Wein, dunkel, süß und glühend, und ich hatte den Eindruck, nie genug bekommen zu können.
    Doch nach einem Moment wich ich zurück. Es war nicht leicht –
Geis
und Pythia-Macht kamen überein, dass sich Tomas gut für die Vervollständigung des Rituals eignete. Ihr Bedürfnis setzte sich gegen meine Abneigung durch, in der gegenwärtigen Situation auch nur an Intimität zu denken. Ich wollte mein Selbst mit Gedanken und Gefühlen füllen, die nicht mit Entsetzen und Schmerz zu tun hatten. Ich wollte, dass mich Tomas mit seinen langen, eleganten Händen berührte, wollte seinen Mund heiß und leidenschaftlich auf meinem spüren. Allein sein Blick war wie eine Liebkosung und Einladung. Doch die Konsequenzen von einigen Momenten Leidenschaft wären sehr ernst gewesen. Tomas ließ mich los, und durch sein Gesicht huschte etwas, das ich nicht deuten konnte. »Es tut mir leid, Cassie. Ich weiß, dass ich nicht der bin, den du dir wünschst.«
    Was konnte Tomas darüber wissen, was ich mir wünschte? Die meiste Zeit über wusste ich es selbst nicht. »Es geht nicht darum, was ich mir wünsche«, sagte ich und versuchte, nicht darauf zu achten, wie mir seine Hand langsam über die Seite strich, von der Brust zur Hüfte und zurück. Sie ließ mein Herz schneller klopfen, und das Atmen fiel mir schwerer, als hätte jemand allen Sauerstoff aus der Zelle gesaugt. O ja, der
Geis
mochte Tomas, kein Zweifel. »Wie meinst du das?« Tomas’ Hand verharrte an meiner Hüfte, was kaum gegen meinen erhöhten Blutdruck half. Zwar war ich zurückgewichen, aber uns trennten weniger als dreißig Zentimeter. Ich bemühte mich, nicht nach unten zu sehen – vergeblich. Die Decke war teilweise von Tomas’ Körper gerutscht. Lange Beine bewegten sich in den Schatten, und zwischen ihnen zeigte sich, wie gut er sich erholt hatte.
    »Ich kann nicht«, sagte ich und versuchte, mich an den genauen Grund dafür zu erinnern. Meine Finger wanderten über Tomas’ Stirn, erreichten die Lider, die unter ihrer Berührung zuckten, dann die stolze Nase und warmen Lippen. Es war ein perfektes Profil: polierte Bronze im Schein der Lampe, wie der Kopf auf einer alten Münze. Aber es war nicht sein Erscheinungsbild, das ihn für mich so attraktiv machte. Ich hatte seine Liebenswürdigkeit gemocht, seine Kraft und das, was ich zu jener Zeit für Ehrlichkeit gehalten hatte. Jetzt sehnte ich mich nur nach einem warmen Körper und weicher Haut an meiner, und nach einem vertrauten, mitfühlenden Gesicht.
    »Du hast mir das Leben gerettet, Cassie, obwohl ich deins einmal in Gefahr gebracht habe. Lass mich etwas für dich tun.« Das war Tomas’ Stimme in Bestform, rauchig, wie goldener Whisky, den jemand mit Magie in ein Geräusch verwandelt hatte. Sie war immer eins seiner attraktivsten Merkmale gewesen, zum Teil deshalb, weil sie im Gegensatz zu seiner Aufmachung und den unverhüllten Verführungsversuchen unbewusst war. Sie entsprach mehr dem wahren Tomas und übte einen solchen Reiz auf mich aus, dass ich mich fragte, warum er solche Mühe an all das andere verschwendete. Aber ich kannte natürlich den Grund. Louis-Cesar hatte es angeordnet, nachdem Mircea zu dem Schluss gelangt war, dass er sich für die Vervollständigung des Rituals eignete. Vielleicht hatten sie befürchtet, dass ich nach so vielen Jahren bei Tony einen von Mirceas Leuten erkennen würde – schließlich waren sie bei ihm ein und aus gegangen. Aber es war Tomas gegenüber nicht fair gewesen,

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