Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hinreißend untot

Hinreißend untot

Titel: Hinreißend untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
Vom Netzwerk:
Sie sah ihn aus ihren leeren Augen an, und er blieb so abrupt stehen, als wäre er gegen eine unsichtbare Wand gelaufen. Er ließ die Waffe fallen, die er gezogen hatte – vermutlich mit der Absicht, sie gegen mich einzusetzen –, und starrte einfach nur durch den Raum. Verletzungen irgendeiner Art konnte ich nicht erkennen. Er schien einfach nicht mehr zu wissen, wer er war und wo er sich befand. Hinter ihm stürzte das brennende Klavier mit lautem Geklimper in sich zusammen, aber er zuckte nicht einmal mit der Wimper. Deino trat die glühenden Trümmer beiseite und kam zu mir. Aus dem nahen Kampfgetümmel warf ein Magier einen Feuerball nach ihr, und sie schickte ihn mit einer nicht besonders freundlichen Geste zurück. Dann klopfte sie Pritkin auf die Schulter und schickte ihn zu Boden, als er sich zu ihr umdrehte. Aus der Nähe sah ich, dass die leeren Hautfalten in den Augenhöhlen gar nicht leer waren. Sie enthielten einen dunklen, wogenden Dunst, der nicht die geringste Ähnlichkeit mit Augen aufwies, Deino aber die Möglichkeit zu geben schien, ihre Umgebung zu sehen.
    »Das ist bei einem Kampf sicher sehr nützlich«, sagte ich beeindruckt. Es musste schwer sein, einen Zauber zu werfen, wenn man sich nicht an ihn erinnerte und außerdem vergessen hatte, warum man kämpfte. Deino hob stolz den Kopf.
    »Lässt die Wirkung irgendwann nach?«
    Sie zuckte unverbindlich mit den Schultern, gab mir einen Kuss auf die Wange und murmelte mir »Burtstag« ins Ohr, bevor sie zu ihren Schwestern ging. Die Magier hatten die Zombies zerfetzt – ihre zuckenden Körperteile zierten den Boden vor der Tür – und trotzten den Vamps. Aber ich hatte so eine Ahnung, dass sich das bald ändern würde.
    Ich wollte Marlowes Beispiel folgen, doch plötzlich kehrte das Leben in Pritkin zurück. Ich sah von seinen eisgrünen Augen zu der Waffe, die er aufgehoben hatte. »Mein Blut hat einen Vorteil«, knurrte er. »Geistige Tricks funktionieren nicht lange.«
    Ich verlor keine Zeit mit dem Versuch, ein Gespräch mit ihm zu beginnen. Entschlossen trat ich zu, und mein Fuß traf ihn am Knie. Unter normalen Umständen hätte ich ihn damit vermutlich nur verärgert, mehr nicht, aber zur Überraschung kamen Blut und Eingeweide, die den Boden sehr schlüpfrig machten. Pritkin fiel, rutschte und stieß wie eine Bowlingkugel gegen die umgestürzten Tische. Überall lösten sich schwere Tischplatten aus Glas. Manche rollten zur Seite; andere begruben Pritkin unter sich. Weitere orangefarbene Feuerkugeln flogen, und die letzte von ihnen traf den oberen Teil der Bühne, setzte dort das ausladende Dach aus Seidenblättern in Brand. Das gab dem Bambusgerüst der Bühne den Rest – der ganze Kram fiel wie ein Haufen großer Mikado-Stäbe in sich zusammen. Ich wurde nur deshalb nicht erschlagen oder zerquetscht, weil ich unter einem anderen Tisch in Deckung ging. Die größeren Stücke trafen ihn zum Glück nicht, denn sonst wäre das Glas vielleicht zerbrochen, und die kleineren prallten ab. Als ich zurücksah, war Pritkin verschwunden. Für einen Moment glaubte ich, Françoises grünes Gewand beim Haupteingang zu sehen, aber es verlor sich sofort in den dichten Rauchschwaden, die durch den verheerten Nachtclub zogen. Dafür bemerkte ich ein anderes vertrautes Gesicht. »Billy!« Die durchscheinende Gestalt eines Cowboys war bei der Haupttür erschienen. Er sah mich im gleichen Moment, und sein Gesicht zeigte tiefe Erleichterung, als er sofort auf mich zukam. Ich wollte ihn fragen, wo er gewesen war, aber er schlüpfte einfach in meine Haut, ohne auch nur Hallo zu sagen, und eine Sekunde später hörte ich hysterisches Geschnatter von ihm. Dann erhaschte ich einen Blick auf den Hauptkampf und vergaß Billy. Casanova warf den Magier, den er gewürgt hatte, gegen zwei andere, bemerkte mich und rief etwas. In dem Lärm verstand ich ihn nicht, aber das brauchte ich auch gar nicht – das Problem war offensichtlich. Die Graien hatten das Gebäude verlassen.
    Ich ließ die jüngsten Ereignisse noch einmal Revue passieren und begriff: Bis vor einigen Minuten war Deino die Einzige gewesen, die mir nicht das Leben gerettet hatte. Enyo hatte die Magier in Casanovas Laden aufgehalten. Pemphredo hatte mir anschließend in der Küche geholfen, und eben war die Reihe an Deino gewesen. Sie hatten ihre Schuld beglichen, und jetzt war ich auf mich allein gestellt. Casanova rief erneut etwas und versuchte, gleich drei Magier zurückzuhalten. Ich hörte ihn noch

Weitere Kostenlose Bücher