Hinreißend untot
Kreis leer.
Wir blieben bei dem Vampir in der Toga stehen. »Ihre Augusta macht sich sehr beliebt«, bemerkte er.
Mircea verzog das Gesicht. »Sie ist nicht meine Augusta«, murmelte er, und der Vampir lachte. Zuvor war er mir schlicht erschienen, mit schwer zu bändigendem braunen Haar, das den Eindruck erweckte, als ginge er zu Pritkins Friseur, und spröder Haut. Doch das Lachen veränderte sein Gesicht, gab den whiskyfarbenen Augen Leben und der Mimik einen gewissen Reiz. Wenn dieser Vampir lachte, wurde er attraktiv. »Sie sagt etwas anderes.«
»Gerade Sie, Konsul, sollten wissen, dass manche Frauen zu Übertreibungen neigen … und zu Jähzorn.«
»Die leidenschaftlicheren unter ihnen«, bestätigte der Mann. »Aber sie sind oft die Mühe wert. Da wir gerade bei leidenschaftlichen Fuchteln sind … Wie geht es Ihrer Konsulin?«
»Gut. Es hat mich schon gewundert, dass Sie nicht gefragt haben.«
»Ihre Neuigkeiten haben alles andere aus meinem Kopf verdrängt.«
»Soll ich ihr das mitteilen?«
Der Mann in der Toga lachte erneut. »Nur wenn Sie einen Krieg auslösen wollen, mein Freund.« Bisher hatte er mich keines Blicks gewürdigt, was vermutlich an meinem Status als Partysnack lag. Doch jetzt glitt sein Blick in meine Richtung. »Und wer ist das? Haben Sie damit begonnen, appetitliche Blondinen zu sammeln, Mircea?«
Der Konsul sah mich an und lächelte, doch sein Lächeln sparte die Augen aus. Mirceas Griff wurde ein wenig fester. »Ist es uns nicht gestattet, Gäste mitzubringen, Konsul?«
»Gäste, ja. Solange sie zu uns gehören oder Menschen sind.« Er hob mein Kinn mit einem Finger. Etwas veränderte sich in seinen Augen – ein Killer schien hinter der jovialen Maske hervorzuspähen. »Sehr hübsch. Und sehr mächtig. Sie sind natürlich für ihr Handeln verantwortlich.«
Mircea deutete eine Verbeugung an, und der Konsul wandte sich ab, ging durch den Raum und plauderte mit den anderen Gästen. Von einem Augenblick zum anderen war er wieder zum Charmeur geworden. Ich unterdrückte ein Schaudern. »Anwender von Magie scheint man hier nicht zu mögen«, sagte ich schwach.
»Sie können die Dinge schwieriger machen. Unter bestimmten Umständen müssen zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen ergriffen werden.«
»Dann wundert es mich, dass ich hierbleiben darf.«
»Er hatte gute Laune. Augusta und ich haben vor kurzem ein Problem für ihn gelöst.«
»Ich habe nicht vor, irgendwelche Schwierigkeiten zu verursachen«, versicherte ich Mircea. Er sah mich nur mit einem schiefen Lächeln an. »Im Ernst!«
»Warum sollte ich daran zweifeln? Nur deshalb, weil ich bei unserer ersten Begegnung fast vergiftet worden wäre und bei der zweiten einem Duell nahe kam?« Sein Lächeln wuchs in die Breite. »Zum Glück machen mir Schwierigkeiten nichts aus. Wenn es die Mühe lohnt, wie der Konsul eben meinte.«
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, und so beobachteten wir eine Zeitlang die beiden Frauen. Ich wusste noch immer nicht, was sie machten, vielleicht deshalb, weil sie mit dem Rücken zu uns standen. Die Brünette trug helles Blau, und die eisige Farbe war mit zu viel Spitzenbesatz ausgeschmückt. Augustas Aufmachung bestand aus einem prächtigen schulterfreien Gewand aus champagnerfarbenem Satin mit einer Schleppe aus goldenem und cremefarbenem Brokat. Die Tellerröcke nahmen mir kurz die Sicht, und dann kam etwas zwischen ihnen durch und hielt genau auf mich zu.
»O nein! Er ist ausgerissen!« Augustas lachende Stimme hallte durch den Saal. Ein nacktes Geschöpf mit weit aufgerissenen Augen krabbelte auf allen vieren zum Rand des Kreises und hinterließ eine Spur aus Tropfen – sie waren schwarz und ölig auf dem dunkelgrünen Marmor. Bevor es mich erreichen konnte, riss etwas seinen Kopf zurück und warf es zuckend auf die Seite. Augusta hielt eine Peitsche in der Hand, als sie sich dem Wesen näherte, und das eine Ende war um den Hals des Nackten geschlungen. »Auf die Beine«, sagte sie ungeduldig und zog an der Peitsche.
Die Kreatur sah auf, und durch das verfilzte schwarze Haar bekam ich kurz ihr Gesicht zu sehen. Der Mund bebte vor Schmerz; dann presste das Geschöpf voller Zorn die Lippen zusammen, und sein Gesicht verwandelte sich in eine Grimasse. Die dunklen Knopfaugen kamen mir bekannt vor – ich hatte diesen kleinen Mann in mehr als nur einigen wenigen Albträumen gesehen.
»Jack«, flüsterte ich, und er starrte mich verwirrt an.
»Was ist los?«, rief die Brünette. »Ich
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