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Hinter deiner Tür - Aktionspreis (German Edition)

Hinter deiner Tür - Aktionspreis (German Edition)

Titel: Hinter deiner Tür - Aktionspreis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia M. Dölger
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wieder! Du bist wirklich eine Schande für die Familie!“,
schimpfte sie auch prompt.
    „Mama, schade, dass du nicht vorher angerufen hast, ich
muss los. Zur Nachtschicht“, log ich. „Und nenn mich nicht so.
Du weißt, wie sehr ich den Namen hasse.“
    In ihrer Gegenwart war ich wieder das kleine Mädchen.
Anna-Lena. So nannte mich heute niemand mehr. Ich wollte an
ihr vorbei, durch die Tür entwischen, doch sie hielt mich fest,
ließ mich kaum zu Wort kommen.
    „Arbeit? Na, das ist doch keine anständige Arbeit. Meine
Tochter in einer schmutzigen Fabrik! Du hättest dein Studium
nicht abbrechen sollen. Ich habe es dir gleich gesagt. Du endest
noch so armselig wie dein Vater, Anna-Lena!“
    Wann ließ sie sich mal etwas Neues einfallen?
    „Bist du gekommen, um mir das zu sagen, Mama?“
    „Ich bin noch nicht fertig mit dir! Damit eins klar ist: Du
machst mich noch nicht zur Oma. Noch nicht! Ich habe einen
Freund, der dir helfen wird!“
    Die Worte schwebten im Raum. Ausgesprochen aber noch
nicht bei mir angekommen. Schon sprach sie weiter: „Glaub mir,
das tut kaum weh und ist schnell vorbei. Hier ist seine Nummer.
Er schuldet mir noch einen Gefallen.“
    „Mama, woher weißt du überhaupt …? Es ist doch noch
gar nicht sicher“, flüsterte ich.
    Das hat eh keinen Zweck, Süße. Für sie ist das Thema
erledigt.
    „Dein Vater ist unmöglich. Er wird noch in seinem
Selbstmitleid ertrinken. Und du unterstützt ihn auch noch dabei,
Anna-Lena. Der Mann muss lernen, alleine zu leben.“ Sie sah
mich an, ihre Miene änderte sich, wurde beinahe freundlich.
„Komm doch lieber mal wieder bei mir vorbei. Sebastian würde
sich bestimmt auch freuen, dich zu sehen.“
    Sie strahlte. Zeit, dass sie wieder ging. Wenn sie wüsste!
Das heißt, wenn ich mehr wüsste, mehr in Erfahrung bringen
könnte - über ihren Sebastian. Mir war es ein Rätsel, was so ein
junger gutaussehender Mann von meiner Mutter wollte.
Wahrscheinlich das Naheliegenste. Ihr Geld, obwohl schlecht
sah sie wirklich nicht aus – für ihr Alter. Bei meiner Geburt war
sie blutjung gewesen. „Tschüssi, wollte dir nur kurz unter die
Arme greifen. Wenn du wieder eine finanzielle Unterstützung
brauchst, melde dich. Hast ja meine Telefonnummer“, sagte sie.
Als wäre nichts passiert. Und hauchte mir einen klebrigen Kuss
auf die Wange. Mit dem Handrücken rieb ich ihn energisch weg.
Doch das Gefühl blieb haften, auch als sie schon lange aus
meinem Blickfeld verschwunden war.
     
    Wie konnte sie nur so herzlos sein? Mit brennenden
Augen saß ich auf meinem bedruckten Klodeckel. Wartete.
Zuerst war alles nur ein Spiel gewesen. Wie früher. Wie oft hatte
Mutter gerufen: „Anna-Lena, halt still, ich flechte dir Zöpfe.“
„Anna-Lena, mach dies ...“ und „Anna-Lena, tu das nicht! Du
darfst das nicht! Du kannst das nicht! Was bist du nur für eine
Tochter!“
    Bis es nicht mehr ging. Ich hatte Anna mit meinen Zöpfen
einfach abgeschnitten und für immer verbannt. Seit der Pubertät
gab es nur noch Lena. Papas Prinzessin.
    Plötzlich fiel mir der Test wieder ein. Langsam drehte ich
das weiße Stäbchen um: In dem kleinen Display waren zwei
gerade Linien zu sehen! POSITIV - Zweifel ausgeschlossen.
    Schwanger! Also doch! Ich bekam ein Kind, würde
Mutter werden … alles um mich herum drehte sich … ich als
Mutter ... Dabei fiel mir der Schrei des Kindes wieder ein. Die
Worte aus der Gruppe schwirrten in meinem Kopf herum. Fühlte
es sich so an, wenn man verrückt wurde? Wenn man Traum und
Wirklichkeit nicht mehr unterscheiden konnte? Mutter hielt mich
doch eh schon immer für geisteskrank. War ich es jetzt? Wenn
ich nicht so viel Angst in mir hätte! Dabei dachte ich, mich im
Griff zu haben, meine Gefühle gut zu unterdrücken!
    Das hatte ich nun davon! Wer interessierte sich wirklich
für mich? Die Gedanken drehten Schleifen in meinem Kopf. Ich
schüttelte ihn heftig, um sie zu vertreiben. Immer versuchte ich
allen zu helfen und ihnen alles recht zu machen. Vor allem für
Papa war ich immer da gewesen. Und er? Er verriet mich!
Rannte zu meiner Mutter! Ausgerechnet zu
ihr
! Ich spürte, dass
etwas zwischen uns zerrissen worden war. Die Verbindung war
zerbrochen. Ich lief durch die Wohnung, auf und ab, ziellos.
Wollte irgendetwas zerschlagen, so wütend war ich! So
dermaßen wütend, dass ich nicht mehr wusste, auf wen ich
wütender war - auf mich oder auf ihn. Ich schrie, so laut ich
konnte!

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