Hinter deiner Tür - Aktionspreis (German Edition)
entblößt?“
Hatte sie mich auf den Werbeplakaten erkannt? Trotz der
Verkleidung?
Zuerst musste sie sich beruhigen. Mutter ging kurz ins
Bad; das Blatt Papier nahm sie mit.
„Sebastian hat sich übrigens geoutet. Das war schon
schwer genug für seinen Vater. Hast du wirklich gedacht, dass
ich mit Sebastian ... Lena, du bist doch total verrückt! Du hast ja
schon immer gerne Geschichten erfunden. Aber das hier geht
entschieden zu weit. Du bist und bleibst ein böses Mädchen!“
Sebastian geoutet. Sein Vater … Herr Grimm ... der
Schlüssel … meine Mutter… der Groschen fiel. O je!
„Mama, ich ... bin kein Kind mehr. Sprich mit mir wie mit
einer Erwachsenen!“
„Wenn dein Vater das liest …, hast du mal daran gedacht,
was dann passiert?“
„Mama, was ...?“
„Erst wühlst du in Dingen herum, die dich nichts angehen
und Ewigkeiten zurückliegen, jetzt, wo alles gut ist. Und dann
gehst du damit an die Presse. Herbert ist außer sich. Er hat das in
einem bekannten Online-Magazin gefunden!“ Sie zeigte auf das
Papier.
„Jetzt beruhige dich doch erst einmal. Kannst du mir nicht
erst mal sagen, was ...“
Presse?
„Tu nicht so, als hättest du keine Ahnung! Du bist doch
auf den Bildern zu sehen. Und streite es nicht ab. Du bist nicht
mehr meine Tochter!“ Mit diesen Worten drückte sie mir zwei
Blätter in die Hand und knallte die Tür hinter sich zu.
Mein Puls raste.
Paul!
Ich musste zu ihm. Der konnte etwas erleben! Wütend
rannte ich ein Stockwerk tiefer und schlug ihm fast die Tür ein.
Nichts tat sich. Ich klopfte gegen die Tür, bis meine Knöchel
schmerzten. Erschöpft setzte ich mich vor seine Eingangstür und
wartete. Mein Blick streifte die Bilder. Die Hintergründe von der
Insel Mainau fehlten. Mein Gesicht lächelte mich an! Alles in
Farbe! Auf den Bildern erkannte man mich ganz deutlich! Die
Worte zogen meine Aufmerksamkeit magisch an. Ich begann zu
lesen.
Jetzt wusste es die ganze Welt.
Und Daniel!
Ich klopfte noch ein paar Mal gegen Pauls Tür. Für den
Moment gab ich auf, ging zurück in meine Wohnung. Die
Schleuse öffnete sich, die Tränen flossen. Ich legte mich ins Bett
und boxte meine Matratze. Alles hatte ich versucht, um mich zu
ändern, mein Leben in den Griff zu bekommen. Nichts hatte es
bewirkt.
Sachte streichelte ich über meinen Bauch.
Zu achtzig Prozent ein Mädchen, hatte Dr. Lange gestern
festgestellt. Lorena. Was sollte aus ihr werden? Dieser Paul! Er
hatte mich reingelegt, in Dingen rumgeschnüffelt, die ihn nichts
angingen. Mein Kartenhaus war eingestürzt. Was blieb mir jetzt?
Wie sollte ich meinen Freunden begegnen? Meine Mutter hatte
vollkommen recht. Ich war eine Schande für unsere Familie.
Und so allein. So müde. Wollte nur noch weinen und schlafen ...
schlafen und niemanden mehr sehen.
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39
Die Frage seiner Mutter ging ihm nicht mehr aus dem
Kopf. Ein Neuanfang? Sie wären eine nette Familie, hatte auch
Esther letztens gemeint, als sie Niklas abgeholt hatte. Scheinbar
war sie keine neue Beziehung eingegangen. Ob sie sich noch
Hoffnungen macht?, fragte er sich zum x-ten Mal, als er auf dem
Weg zu Lena war. Er parkte sein Auto an der Straße und
überquerte sie. Dann kehrte er noch einmal um, um zu
überprüfen, ob sein Auto abgesperrt war.
Ihr Geburtstag. Süße dreiunddreißig. Und er würde der
erste sein, der ihr gratulierte. Zu diesem Zweck jonglierte er
einen großen Strauß Blumen und einen Kuchen auf die andere
Straßenseite. Heute ließ Thilo es darauf ankommen. Er wollte
wissen, woran er bei Lena war. Sie hatte sich ihm in letzter Zeit
immer mehr geöffnet.
Das Haus war um neun Uhr in der Früh noch dunkel. Die
Haustür war bereits geöffnet, wie Thilo insgeheim gehofft hatte.
Als er dreimal geklingelt hatte, ließ ihn sein Enthusiasmus im
Stich. Vielleicht hätte er doch vorher anrufen sollen! Wenn er
nur Überraschungen nicht so sehr lieben würde!
Plötzlich fiel sein Blick auf einen kleinen Briefumschlag.
Er lag einsam auf der Fußmatte vor Lenas Tür. Thilo bückte sich
langsam und warf wie unbeabsichtigt einen Blick darauf. Lena
stand in sauberen Buchstaben auf dem weißen Papier. Thilo lief
die Stufen wieder hinunter und klopfte an Pauls Tür. Die beiden
schienen ein gutes Verhältnis zu haben. Nach häufigem Klingeln
blieb Thilo stehen, lehnte sich gegen die Wand und fasste sich
mit der Hand an seinen Bauch. In seiner Magengegend fühlte es
sich
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