Hinter deiner Tür - Aktionspreis (German Edition)
komisch an. Hier stimmte etwas nicht. Dieser merkwürdige
Umschlag. Kurzentschlossen ging er die Stufen zu Lenas
Wohnung wieder hoch und öffnete den Umschlag. Vorsichtig.
Ein kleiner, silberner Schlüssel fiel ihm in die Hand.
Daran klebte ein Zettel von Paul. Was hatte das zu bedeuten?
Der Schlüssel! Er passte ins Schloss der Eingangstür. Das
musste ein Zeichen sein! Er ließ sich tatsächlich umdrehen. Wie
gut, aber auch unachtsam, dass von innen kein Schlüssel steckte!
Aber nun war er nicht mehr aufzuhalten. Vorsichtig sperrte Thilo
Lenas Haustür auf. Er verhielt sich besonders leise und knipste
auch das Licht nicht an. Er wollte nur nachschauen, ob alles in
Ordnung war, beruhigte er sein pochendes Herz. Seine
Therapeutin hatte ihm damals geraten, beständig auf sein
Bauchgefühl zu hören. Es wäre für ihn besser, als auf seine
Kontroll-Befehle im Kopf zu reagieren. Und dieses ;al kam der
Kontrollwunsch aus dem Bauch!
Die Schlafzimmertür stand offen. Er fand Lena in ihrem
Bett. Eine Weile beobachtete er sie. Sie lag auf der Seite und
hatte ihm ihr Gesicht zugewandt, den Kopf auf ihren Unterarm
gestützt. Wie friedlich sie aussah, wenn sie schlief! Er strich über
ihre Wange. Seine Finger spürten ihre sanfte Haut.
„Happy birthday, süße Lena!“
Seine Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit.
Gerade wollte er wieder gehen, als ihm die Blumen
einfielen. Auf dem Tisch im Esszimmer fand er eine Vase. Er
ging kurz ins Bad, um Wasser zu holen. Mit den Füßen trat er
auf eine Pappschachtel, und hob sie auf. Beruhigungsmittel.
Leer!
Thilos Alarmglocken schrillten. Neben dem Bett fand er
einen ausgedruckten Zeitungsartikel mit der Überschrift
Diagnose: Leben – Heute: Junge Frau mit zwei Gesichtern
Auf den großen Bildern konnte er Gesichtszüge von
Frauen erkennen. Unter der Überschrift stand von Paul Görtz.
Das war doch Lenas Nachbar! Und auf den Bildern - das war
Lena!
Thilo wurde vor Angst ganz bleich. Er sah die wildesten
Szenarien! So schlimm stand es also um Lena. Wenn er das
geahnt hätte! Sie schlief noch immer. Auch als er versuchte, sie
sachte wach zu rütteln, bewegte sie sich nicht.
„Lena, nein!“
Er schrie ihren Namen heraus. Als sie nicht reagierte,
wählte er mit zitternden Fingern die Nummer des Notrufs.
***
Ich war wieder fünf Jahre alt und ging in den Keller.
Kartoffeln holen. Lief die Treppe hinunter, nahm zwei Stufen
auf einmal. Die Treppen kamen mir heute nicht so endlos vor.
Ich rannte in die nächste Etage und in die nächste ...
„Lena, nicht, bleib hier, du darfst da nicht rein.“
Die Stimme meiner Mutter rief mich zurück. Ich zitterte
vor Angst. Die Dunkelheit schnürte mir die Kehle zu. Ich konnte
nicht schlucken. Schweiß floss über meinen Rücken. Plötzlich
stand ich wieder vor der Tür. Verschlossen! Alles drehte sich.
Die Tür wurde immer größer. Ich konnte sie nur noch
verschwommen sehen. Dann der Schrei. Unheimlich. Ein Kind.
Tobias. Er schrie. Hinter der Tür. Ich nahm all meinen Mut
zusammen und öffnete sie. Grelles Licht! Was verbarg sich
dahinter? Ich musste es wissen!
„Lena, tu es nicht!“, rief eine Stimme. Sie wurde immer
lauter, wiederholte meinen Namen, wollte mich aufhalten …
Diesmal ließ ich mich nicht stoppen. Ich hielt eine Hand
vor meine Augen, atmete tief durch hielt meine Augen zu… und
ging in das Licht ...
„Lena, Lena.“ Ich öffnete meine Augen. Tobias? Mein
kleiner Bruder saß im Keller auf dem Boden und sah mich an. Er
lächelte. Hatte er auf mich gewartet? „…hab dich lieb, Lena.“
„Lena.“
„Lena.“
Die Stimme wurde lauter! Irgendjemand schrie mir ins
Ohr. Ich konnte niemanden sehen. Tobias streckte mir seine
Hand entgegen. Ich griff nach ihr, wollte ihn in den Arm
nehmen. Doch sein Gesicht … löste sich … langsam … auf. Es
wurde durchsichtig und verschwand … ganz.
„Nein!“
„Hallo?“
Wer rief mich? Langsam öffnete ich die Augen. Alles war
verschwommen. Ein fremdes Gesicht blickte mich an. Schnell
saß ich senkrecht im Bett!
„Wer sind Sie? Und was machen Sie da?“, fragte ich mit
trockenem Hals und rauer Stimme, schluckte erst einmal hart.
Dann sah ich Thilo, der neben mir hockte und ganz leise
immer wieder meinen Namen sagte. Träumte ich noch? Was
wollte der denn hier? Ich rieb mir den Schlaf aus den Augen und
wurde schlagartig wach.
„Frau Anders, Gott sei Dank, Sie leben. Wie geht es
Ihnen?“, fragte
Weitere Kostenlose Bücher