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Hinter dem Blau: Ein kleines Mädchen verliert seinen Vater. Eine junge Frau findet zu sich. (German Edition)

Hinter dem Blau: Ein kleines Mädchen verliert seinen Vater. Eine junge Frau findet zu sich. (German Edition)

Titel: Hinter dem Blau: Ein kleines Mädchen verliert seinen Vater. Eine junge Frau findet zu sich. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa von Heyden
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war, der in der Sonne lag und am Strand Volleyball spielte. Jedes Mal, wenn einer der Jungs darin runter zum Frühstück kam, hielt meine Mutter die Luft an.
    Meine Schwester dagegen fand Gefallen an seinen Hemden. Früher hat Caro damit Verkleiden gespielt, war darin Oberkellner oder König. Heute trägt sie die Hemden, wenn sie in die Uni geht. Viele ihrer Freunde fragen, wo sie die Dinger her hat. Sie sind von besonders guter Qualität, so etwas Feines kann man heute nirgendwo mehr kaufen. Eines der Hemden hat die gleiche Farbe wie der Himmel im Frühling. Der Stoff ist ein zarter Baumwollbatist, die Säume und Biesen handgenäht. Mein Vater hat sich die Hemden in Thailand maßschneidern lassen, als er dort mal an der Grenze zu Kambodscha für zwei Monate in einem Flüchtlingslager gearbeitet hat.
    »Die Sachen hat seit Jahren keiner angerührt. Das lag alles lange auf dem Dachboden. Auch der Polizei- und Obduktionsbericht«, sagt meine Mutter, als wir endlich im Auto sitzen. In ihren Augen taucht wieder diese Traurigkeit auf, die mich so sauer macht. Aber meine Mutter ist Ärztin. Sie weiß, dass zu einem Todesfall auch Papierkram gehört. Wenn man will, kann man alle Details erfahren, inklusive der genauen Todesursache. Bei meinem Vater waren es Stich- und Schnittverletzungen, die er sich mit einem Skalpell zugefügt hat. Mein Vater war ebenfalls Arzt, ein Chirurg.
    »Caro hat mir vor ein paar Jahren erzählt, dass sie diese Unterlagen gelesen hat«, sage ich. Meine Mutter seufzt leise, es klingt vorwurfsvoll. Ihre Stirn liegt wie eine Ziehharmonika in Falten. Meine Schwester wurde nur ein Jahr nach mir geboren. Meine Mutter vergleicht uns immer mit Schneeweißchen und Rosenrot, den zwei Schwestern aus dem Märchen der Gebrüder Grimm. Äußerlich sind wir uns überhaupt nicht ähnlich, aber unsere Gehirne sind wie bei Zwillingen auf einer Wellenlänge. Oft sagt Caro das, was ich gerade denke, oder umgekehrt. Und obwohl ich die Ältere bin, ist Caro viel mutiger als ich. Während ich mir als kleines Mädchen Gedanken über die Kleiderwahl meiner Barbie zum Frühlingsball machte, hockte sich meine kleine Schwester auf den Dachboden und schmökerte sämtliche Unterlagen über den Tod unseres Vaters durch. Meine Mutter fand das nicht schlimm, weil das Nesthäkchen immer schon ein bisschen eigen war. Außerdem glaubte sie, dass man uns von Anfang an die Wahrheit erzählen müsse. Sie sagte immer, dass mein Vater uns sehr geliebt hatte, aber krank war. Ich hasste es, wenn Caro anfing zu erzählen: »Wusstest du, dass Papi …« Dann knallte ich ihr die Tür von meinem Zimmer vor der Nase zu, schloss ab und hörte Nena.
    »Ich weiß, wie er es gemacht hat …«, blubberte sie abends beim Zähneputzen durch den weißen Schaum in ihrem Mund. Mir lief ein Schauer über den Rücken. Als er es gemacht hat, war Caro vier und ich fünf Jahre alt.



 
    »Ich repariere gleich mal im Hobbykeller den Grill«, sagt mein Vater und streicht mir mit seiner großen Hand über den Kopf. Es ist Wochenende, Samstagvormittag und die Sonne scheint. Er nimmt eine meiner Haarsträhnen und zieht sie sanft zwischen seinen Fingern hindurch. Ich schaue zu ihm hoch und blinzle der Sonne entgegen. Mein Vater stellt sich vor mich. Er trägt eine Badehose, sein breiter Rücken spendet Schatten. Meine Mutter hat gesagt, dass heute der schönste Tag des Jahres sei. Der Himmel ist knallblau, so blau, dass die Farbe beinahe ins Lila kippt. Mein Vater nennt das »Himmellila«.
    Er nimmt mich hoch, setzt mich in das rote Plansch-becken, das neben unserem Klettergerüst im Garten steht, und lässt mit dem Schlauch noch ein bisschen Wasser hineinlaufen. Ich spiele mit meinen Puppen. Sie sind Meerjungfrauen, ich tauche ihre Köpfe unter und lasse die Plastikhaare durch das Wasser gleiten. Mein Vater geht ins Haus und dreht sich nicht mehr um. Die Sonne brennt auf meinen Schultern, Bienen und Käfer summen um mich herum. Ich höre den Motor eines Flugzeugs, aber kann es nicht sehen. Die Luft riecht nach Heu.
    Nach einer Weile muss ich auf die Toilette. Meine Mutter hat mir verboten, ins Wasser zu pinkeln. Weil man dann nicht mehr darin baden kann, sagt sie. »Du bist ja kein Baby mehr«, meinte sie streng. Meine Schwester Caro ist noch ein Baby, sie ist erst vier. Wenn sie ins Planschbecken pieselt, ist es nicht so schlimm, auch wenn mein Vater dann das Wasser über den Hagebuttenbüschen auskippen und neues einfüllen muss.
    Ich will artig ins Haus auf

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