Hinter der Tür
Gail.
»Ich liebe dich«, erwiderte Steve. »Deshalb!«
7
S ie trug ein pfirsichfarbenes Baumwoll-Voilekleid, das hinten und vorn tief ausgeschnitten war. Auf Dr. Vanners dunkelbrauner Ledercouch machte es sich besonders gut, und Gail betrachtete den langen Rock und die dazu passenden Sandalen mit der befriedigenden Gewißheit, daß sie sehr gut aussah. Dann fiel ihr ein, daß der Arzt sicher wissen wollte, worüber sie nachdachte, und versuchte ihre Gedanken hastig in eine andere Richtung zu lenken. Aber es war schon ein wenig zu spät.
»Sie haben gelächelt«, sagte Vanner.
»Wirklich?«
»Ganz eindeutig. Sehr hübsch hat das ausgesehen. Um ganz ehrlich zu sein, Sie sehen heute besonders hübsch aus. Sehr sommerlich und so.«
»Wir haben doch Sommer, oder?«
»Ja. Aber Sie hatten sich bisher nicht entsprechend angezogen, jedenfalls nicht bei Ihren Besuchen hier.«
»Das schien mir nicht zu der nüchternen Umgebung zu passen.«
»Und plötzlich – paßt es?«
Gail errötete und wußte, daß er aus diesem Umstand sofort psychologisches Kapital schlagen würde. »Ich hatte einfach Lust, mir ein paar neue Sachen zu kaufen«, sagte sie. »Ich habe Ihnen doch von meiner Kleider-
Macke erzählt. Oder Nicht-Macke, wenn man bedenkt, wie leer meine Schränke sind.« Vanner lachte leise. »Na bitte, der große Augenblick ist da!« sagte Gail. »Ich habe Sie zum Lachen gebracht.«
»Nun beglückwünschen Sie sich bitte nicht gleich. Patienten, die ihre Psychoanalytiker zu unterhalten versuchen, tun das gewöhnlich, um sich nicht mit ernsten Dingen auseinandersetzen zu müssen.«
»Ich wollte Sie nicht unterhalten. Ich habe Ihnen nur berichtet, wie mir zumute ist. Daß es an der Zeit ist, mich für mein Äußeres zu interessieren.«
»Und Sie wissen sicher, wie heilsam das ist.«
»Dann müßten Sie sich ja über mich freuen.«
»O ja«, sagte Vanner. »Sehr sogar. Allerdings bin ich auch ein wenig verwirrt. Aber das ist nicht Ihr Problem, sondern meins.«
Ihr Hals schmerzte, als sie sich dem Impuls widersetzte, den Kopf zu wenden und ihn anzusehen.
»Schon gut«, sagte er. »Sie können ruhig eine Bemerkung darüber machen, wenn Sie wollen. Ich habe Ihnen zu Anfang mal gesagt, Sie sollten nicht überrascht sein, wenn Sie feststellen, daß ich auch nur ein Mensch bin. Ein Mann, alleinstehend, heterosexuell und Einflüssen ausgesetzt.« Er legte ein Lächeln in seine Stimme. »Zum Glück kann ich dieser Liste ein weiteres Adjektiv hinzufügen. ›Meinem Beruf verschriebene Jedenfalls versuche ich das zu sein.«
»Wissen Sie was? Ich glaube, Sie machen mir ein Kompliment – aber ich bin mir meiner Sache nicht ganz sicher.«
»Ich meine es, wie ich es sage. Sie gefallen mir, Gail und nicht nur wegen Ihres Aussehens.«
»Sie meinen – wegen meiner Träume.«
»Ja. Wie lange ist der letzte dicke Brummer her?«
»Gut eine Woche. Ich habe in den letzten drei Nächten überhaupt nicht mehr geträumt, sondern geschlafen wie ein Kind. Nein«, fügte sie lächelnd hinzu, »sogar weniger wie ein Kind.«
»Wie meinen Sie?«
»Ach, das ist eine dumme Sache. Ich meine, ich habe meinen Puh-Bär nicht mehr mit ins Bett genommen.« Und fügte hastig hinzu: »Und auch sonst niemanden.«
Diesmal dauerte Dr. Vanners Lachen noch etwas länger. »Willkommen beim Gail-Gunnerson-Humorpro- gramm!«
»Tut mir leid. Ich will wirklich nichts verbergen. Ich weiß, daß ich ganz offen über mein Liebesleben sprechen soll, aber das ist ein Thema, bei dem ich die größten Schwierigkeiten habe, mich klar zu äußern.«
»Ich glaube, das ist klar genug. Sie wollen mir doch sagen, daß Sie nicht mit Steve Tyner geschlafen haben, jedenfalls noch nicht. Ist das zutreffend?«
»Da wir nun schon davon sprechen. Nein, ich habe nicht mit ihm geschlafen. Und er drängt mich auch nicht.«
»Was halten Sie davon?«
»Ich glaube, er versteht mich. Er versteht, daß ich dazu neige, meine Beziehungen zu verkomplizieren, daß ich nicht bereit bin zu Bindungen, mit denen ich nicht fertig werde.«
»Für Sie ist Sex gleich Bindung?«
»Natürlich. Für Sie nicht?«
»Vergessen wir nicht, wer hier auf der Couch liegt, ja?«
»Tut mir leid.«
Das Telefon klingelte.
»Ich dachte, ich hätte das verdammte Ding abgestellt«, sagte Vanner.
Er ging mit mürrisch verzogenem Gesicht an ihr vorbei zum Tisch und riß den Hörer von der Gabel. »Hallo?« Als der Anrufer sich meldete, hob er den Blick zur Decke. »Ja«, sagte er mit unterdrücktem
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