Hinter der Tür
Volljährigkeit einen Bankwechsel und eine Buchprüfung auslöste? Wenn es nun jemand gäbe, der genau wußte, daß eine Prüfung Differenzen, den Mißbrauch von Geldern und sogar Unterschlagungen aufdecken würde? Das Taxi fuhr durch ein Schlagloch, und er knallte mit dem Kopf gegen das Wagendach. Er war fast dankbar für den Schmerz, der seine Gedanken unterbrach.
Als der Wagen in die West End Avenue einbog, erkundigte sich der Fahrer nach der Anschrift. Steve vermochte keine genauen Angaben zu machen, bis sein Wagenfenster eine Szene umrahmte, bei deren Anblick sich sein Herz zusammenzog. Eine Ambulanz der Polizei entfernte sich langsam und lautlos vom Bürgersteig vor einem Backsteinbau an der Ecke der Vierundachtzigsten Straße. Zwei Streifenwagen parkten dicht daneben in zweiter Spur. Blaue Uniformen mischten sich in die Menge der etwa fünfzig Zuschauer, die das Schauspiel genossen, doch es herrschte kein hektisches Treiben, es gab keine Krisenstimmung. Als er aus dem Taxi stieg, war Steve der einzige, der erregt zu sein schien. Er sah das säuerliche Gesicht Lieutenant Tom Baldridges, und es widerstrebte ihm, den Beamten anzusprechen und sich die Wahrheit erzählen zu lassen, die bereits auf der Hand lag – daß sich nämlich die Polizei nicht mehr beeilt und die Ambulanz ihre Sirene nicht mehr einschaltet, wenn es um einen Todesfall geht. Aber er hielt ihn doch am Ärmel fest, und Baldridge, der über seinen Anblick nicht sehr erfreut war, antwortete knapp und bestimmt. »Selbstmord«, sagte er. »Eine gewisse Helen Malmquist.«
11
B aldridge hatte ihn vor dem Kaffee gewarnt, aber Steve, der das bittere schwarze Gebräu aus einem halben Dutzend ausländischer Pressebüros gewohnt war, hatte nicht angenommen, daß es im 20. Revier noch schlechteren Kaffee geben konnte. Nach dem ersten Schluck wußte er es besser. Baldridge grinste, nahm ihm den Becher ab und sagte: »Keine Sorge, ich versuche Sie nicht zu vergiften. Jedenfalls nicht, bis Sie Ihre zweite Frage gestellt haben.«
»Ich bin noch gar nicht mit der ersten Antwort zufrieden.«
Der Lieutenant zuckte die Achseln. »Mit Selbstmordmotiven beschäftigen wir uns nicht so eingehend, Mr. Tyner. Besonders wenn wir Hinweise auf seelische Probleme haben. Sie wußten, daß Helen Malmquist in psychiatrischer Behandlung war?«
»Vanner ist kein einfacher Psychiater. Er ist auch Psychoanalytiker.«
»Wenn Sie sich wegen des Unterschieds mit mir anlegen wollen, wenden Sie sich lieber an die Mediziner.«
»Nein«, sagte Steve niedergeschlagen. »Ich möchte mich mit niemandem anlegen. Ich weiß, daß das Mädchen Depressionen hatte. Habe ich jedenfalls gehört.«
»Von unserer gemeinsamen Freundin Miss Gunnerson?«
»Ich bin nicht hier, um über sie zu sprechen.«
»O nein? Ich hatte mir gedacht, daß Sie vielleicht von der jungen Dame gebeten worden sind, Erkundigungen einzuziehen. Weil sie der Verstorbenen mal sehr nahe gestanden hat – habe ich recht?« Baldridge sah Steve ruhig an, griff nach dem verschmähten Kaffeebecher und trank daraus, ohne mit der Wimper zu zucken.
»Also gut, ich schnüffele hier wegen Gail Gunnerson herum. Aber auch in eigener Sache. Ich habe Helen Malmquist auch gekannt.«
»Gut. Dann wissen Sie wahrscheinlich auch, daß dies ihr zweiter Versuch war, sich die Pulsadern aufzuschneiden. Der erste lag fünf, sechs Jahre zurück und war weniger erfolgreich – liegt ja auf der Hand. Um die Sache abzurunden, haben wir eine freiwillige Aussage von einem gewissen Larry Rosenbaum. Kennen Sie den?«
»Nein«, sagte Steve.
»Er war Helen Malmquists Verflossener, der letzte Mann in ihrem Leben, und wir sehen die Sache so, daß sie das Verhältnis ein wenig ernster genommen hat als er. Und dann natürlich der Abschiedsbrief. Falls das Ihre zweite Frage sein sollte, Mr. Tyner – wir haben nicht die geringsten Zweifel, daß die Nachricht echt ist.«
»Das sollte aber nicht meine zweite Frage werden«, meinte Steve. »Ich behaupte gar nicht, daß Helen Malmquist nicht Selbstmord begangen hat. Ich möchte nur erfahren, ob Ihre Ermittlungen etwas Neues über die Frau ergeben haben, Dinge, die wir noch nicht wußten.«
»Na, und wenn? Warum sollte ich Ihnen davon erzählen?«
»Lieutenant, Sie wissen, daß ich lizenzierter Detektiv bin, und Sie haben schon einmal mit mir zusammengearbeitet.«
»Ja – in einer völlig anderen Angelegenheit. Nur weil die Malmquist eine Freundin von Gail Gunnerson war, muß ich nicht meine Zeit mit
Weitere Kostenlose Bücher